Glosse: Nicht der Bürger, das Amt ist verunsichert

Altkleiderentsorgung im März in der Straße ’Am Jugendborn’ in Königshufen Foto: Till Scholtz-Knobloch
Görlitz. „Durch die Stadtverwaltung Görlitz wurden in letzter Zeit verstärkt Ablagerungen von Alttextilien neben den dafür vorgesehenen Altkleidercontainern festgestellt. Die dadurch entstehende Verunreinigung der Containerstandorte beeinträchtigt das Stadtbild enorm“, wurde der offensichtlicher Missstand sich häufender Altkleiderberge in einer Pressemitteilung nun verlautbart.
Davon abgesehen seien Alttextilien, die vor Containern abgelegt und somit jeder Witterung ausgesetzt werden nicht mehr verwertbar. Die Stadt weist darauf hin, „dass das Ablegen von Wertstoffen neben den Containern gemäß der Polizeiverordnung der Stadt Görlitz untersagt ist.“
Ursächlich für das Dilemma sind naheliegend die seit dem 1. Januar gültige neue EU-Richtlinie und das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), denn danach dürfen Textilien wie Kleidung, Schuhe und Bettwäsche nicht mehr im Hausmüll entsorgt werden. Die postulierte „Nachhaltigkeit“ und Erhöhung der Recyclingquote hat sich natürlich gleich als politisches Eigentor erwiesen. Im PR-Sprech aus dem Rathaus heißt es hingegen, die neuen Vorgaben hätten „möglicherweise (...) viele Einwohner verunsichert.“
Schaut man in die Übersicht des Regiebetriebes Abfallwirtschaft zu zulässigen Restabfällen, findet man dort eine detaillierte Liste, in der nur eben – den Vorgaben aus Brüssel gemäß – Kleidung nicht enthalten ist. Gleichzeitig heißt es aber an anderer Stelle „Was ändert sich für die (...) Bürger? Nichts.“ Weil gut erhaltene, tragbare Kleidung weiterhin „in haushaltsüblichen Mengen“ in die Altkleidercontainer gegeben werden dürfe und kaputte, verschmutzte oder nasse Textilien über den Restmüll entsorgt werden können. Aha...
Ergo: Das, was gängelnd aus Brüssel Nachhaltigkeit vorgaukelt, aber eher das Gegenteil bewirkt, wird von Amts wegen immerhin scheinbar als Unsinn erkannt und in der Umsetzung ignoriert. Nur läuft man natürlich nicht in die Falle, das im klaren Deutsch auch so zuzugeben – das könnte ja juristisch zurückschlagen. In der Folge ist nicht die Behörde verunsichert, sondern – weil als Müllhalde des Amtsschimmels eben besser tauglich – der Bürger. Oder mit Heinz Erhardt