Görlitzer fahren mit gutem Gefühl ins nepalesische Pelmang
Am 9. April geht es los in Richtung Nepal. Ab 16. April wird ein von dem Görlitzer Pelmang-Verein organisiertes Medizincamp in dem gleichnamigen Ort stattfinden, an dem auch Dr. Ralph Rautenbach, Simone Niedrig und Katrin Götz (von links) beteiligt sind.
Zwischen Nepal und der Stadt Görlitz gibt es seit einiger Zeit eine besondere Beziehung. Neißestädter engagieren sich mit Hilfsaktionen für das Dorf Pelmang. Und seit 2016 werden Medizincamps durchgeführt, in Kürze startet die zweite Auflage.
Görlitz. Der lange Flug schreckt Katrin Götz und Simone Niedrig nicht. 22 Stunden in der Luft – was ist das schon? Am Ziel, in Nepal, werden sie gebraucht. Nicht in der Hauptstadt Kathmandu, wo der Flieger landet, sondern im drei Tage Fußmarsch entfernten Pelmang im Himalaya-Gebirge. In Kathmandu wird lediglich Zwischenstopp gemacht, um einzukaufen, was mit in die Berge muss: hauptsächlich Medikamente und medizinisches Verbrauchsmaterial. Am anderen „Ende der Welt“ wird die vierköpfige Abordnung aus Görlitz, zu der auch der Dresdener Andreas Gruhl und in diesem Jahr erstmals der Arzt Dr. Ralph Rautenbach gehören, zusammen mit den sechs vor Ort engagierten nepalesischen Ärzten und weiteren Arzthelfern schon sehnsüchtig erwartet. Vom 16. April an werden in einem dreitägigen Medizincamp rund 1.500 Patienten aus dem Himalaya-Gebiet rund um Pelmang behandelt. Mit diesem Andrang rechnen die Görlitzer jedenfalls. 500 Kranke an einem Tag. Das ist Schwerstarbeit, Urlaubsgefühle kommen da keine auf. Vielmehr das gute Gefühl, bedürftigen Menschen Hilfe zu geben. Rund 26.000 Euro kostet die ganze Aktion. Dafür hat der Görlitzer Verein ein Jahr lang gesammelt, Kalender verkauft, in den Schulen für das Projekt geworben, Vorträge gehalten und jede andere Möglichkeit genutzt, um die notwendigen Finanzen einzuspielen.
Die Erfahrungen aus dem Vorjahr haben gezeigt, was notwendig ist und auf was man sich auch dieses Mal einstellen muss. „2016 hatten wir in vier Tagen 1.073 Patienten. Als sich herum gesprochen hatte, dass den Menschen bei uns geholfen wird, kamen immer mehr. Deshalb vermuten wir, dass der Zulauf in diesem Jahr von Beginn an größer sein wird“, sagt Katrin Götz. Hauptsächlich kommen die Patienten, die sonst über keine regelmäßige medizinische Betreuung verfügen, mit Haut- und Infektionskrankheiten, mit extremen Hörschäden, Augenproblemen und Atemwegserkrankungen. Aber auch die Situation der Zähne ist hoch problematisch. Vieles davon ist hausgemacht. So werden die Probleme mit Augen und Atmung zum Beispiel durch offene, qualmende Feuerstellen verursacht. Hörschäden sind oft auf explodierende Gaskocher zurückzuführen. „Außerdem gibt es starke Verbrennungen und durch herum hängende Leitungen hervorgerufene Stromunfälle“, erläutert Dr. Rautenbach, der mehr als 20 Jahre als Anästhesist im Görlitzer Klinikum gearbeitet hat, wegen starker gesundheitlicher Probleme seinen Beruf aber inzwischen nicht mehr ausüben kann. „Im Moment bin ich aber so stabil, dass ich das Medizincamp mit meiner Erfahrung unterstützen möchte – nicht als behandelnder Arzt, sondern als Helfer mit medizinischem Verstand, der dadurch manche Dinge von einer speziellen fachlichen Seite beurteilen kann.“
Dr. Rautenbach weiß, wovon er spricht, immerhin war er ab 2008 selbst schon einmal für eineinhalb Jahre in Nepal und hat als Anästhesist geholfen, mit mobilem Equipment in entfernten Regionen Operationen durchzuführen. „Mir liegen Hilfsprojekte wahrscheinlich ein bisschen im Blut. Deshalb freue ich mich, wenn mein Rat und meine Unterstützung hier gebraucht werden.“ Einen Ansatzpunkt sieht der Arzt in der Schaffung einer Gesundheitsstation in Pelmang – eines Stützpunktes, der ständig besetzt ist und die Durchführung von Medizincamps leichter möglich macht. Allerdings muss hierfür erst die finanzielle Basis geschaffen werden – viel Arbeit für den elf Mitglieder umfassenden Görlitzer Verein, der seine Aufgabe übrigens nicht nur in der medizinischen Hilfe sieht, sondern auch in der Bildung von Kindern und Jugendlichen. So soll beim diesjährigen Besuch der Startschuss für einen Schulgarten gegeben werden, in dem mit der Pflanzung von Äpfel-, Birnen- und anderen Bäumen das Bewusstsein der Bevölkerung geschärft wird, für den Schutz der Umwelt selbst mit verantwortlich zu sein. „In der Gegend um Pelmang hat man in der Vergangenheit ganze Wälder abgeholzt, deshalb gibt es immer wieder Rutschungen, weil der Boden keinen Halt mehr hat“, erklärt Katrin Götz die Zusammenhänge. Bei allem Engagement der Görlitzer ist Prophylaxe für sie am wichtigsten, Hilfe zur Selbsthilfe. „Wir können nur Hinweise und einen Anschub geben. Auf â¨Dauer durchführen müssen es die Nepalesen selbst“, sind die Neißestädter überzeugt. Zumal die Einheimischem allem, von außen eingebrachtem Neuen sehr skeptisch gegenüber stehen.
In der Neißestadt ist die Begeisterung für das Pelmang-Projekt in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Vor allem in den Schulen ist man mit Begeisterung dabei. Diesem Umstand will man 2018 Rechnung tragen und erstmals Schüler mit nach Nepal nehmen.