„Goldene Zwanziger“ wurden in Bautzen erforscht
Ob und inwieweit die „Goldenen Zwanziger“ in Bautzen golden waren, erforschten die Schüler des Schillergymnasium im Rahmen des aktuellen Stadtkurses. Foto: Benjamin Vogt
Bei der Präsentation im Steinhaus werden die Schüler in historischer Kleidung die zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts zum Leben erwecken. Foto: Lucas Thiel
Die goldenen Zwanziger faszinieren bis heute die Menschen. Das wird nicht nur durch zahlreiche opulente Serienproduktionen der letzten Jahre, wie etwa „Babylon Berlin“ oder „Krieg der Träume“ ersichtlich. Ein Schülerprojekt des Schillergymnasiums ist dabei mit ganz eigenen Fragen an dieses Thema herangetreten und will nun die Erkenntnisse präsentieren.
Bautzen. An was denken Sie bei dem Begriff der „Goldenen Zwanziger“? An Wirtschaftsaufschwung, die erste Demokratie in Deutschland, Bubikopf und Party ohne Ende? Oder an die Kriegsfolgen des Ersten Weltkrieges, die Ruhrkrise, Inflation und Umsturzversuche? Wohl wenige Zeiträume waren hinsichtlich der langfristigen Folgen so dicht und so komplex wie diese Jahre. Dabei wollten die Schüler des Schillergymnasiums nicht nur erkunden, wie die einzelnen Wirkungskreise dieser Epoche sich gegenseitig beeinflussen, sondern auch, wie die „großen“ Ereignisse sich im Lokalen, hier im konkreten Fall in Bautzen, niederschlugen.
Diese Fragen wurden durch eine Sache sicher noch ein Stück weit interessanter. Stellte doch beim Gespräch ein Schüler selber fest: „Wir sind jetzt wieder in den Zwanzigern“. Und tatsächlich ergibt sich beim genaueren Hinsehen die eine oder andere Parallele.
Den Rahmen, in dem dieses Thema behandelt wurde, war der „Stadtkurs“. Dieses Format wird am Schillergymnasium seit 2002 fächerübergreifend praktiziert und bildet in den Oberstufen über den Zeitraum von zwei Jahren einen Kurs von je zwei Wochenstunden, der interdisziplinär Fragestellungen zu einem städtischen Thema behandelt.
Der nun auslaufende Stadtkurs stellt dabei in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit dar. Nicht nur, weil er sich wegen gewisser Einschränkungen in den vergangenen zwei Jahren über einen besonders langen Zeitraum zieht, sondern auch, weil er sich, wohl auch aufgrund der Komplexität des Themas, in zwei Teile gliedert. Im vorliegendem Fall wird nun der zweite Teil präsentiert, es handelt sich quasi um den Abschlussbericht zu diesem Thema. Aber auch die Schüler können jetzt dieses Projekt abschliessen, nach dem sie es über einen langen Zeitraum intensiv „beackert“ haben.
Ein wesentlicher Bestandteil bei der Erarbeitung der einzelnen Projektarbeiten stellt dabei die Zusammenarbeit mit dem Bautzener Archivverbund dar. Gemeinsam mit den geduldigen Mitarbeitern durchforsteten die Schüler Akten, Protokolle, Polizeiberichte und Dokumente, um zu verstehen, wie das Leben während der „Goldenen Zwanziger“ in Bautzen aussah und ob sie tatsächlich so golden waren. Neben dem Archiv gaben aber auch andere Quellen Auskunft.
Entstanden ist nun eine Sammlung von Themenvertiefungen, die jeweils zu einer Präsentation ausgearbeitet wurden. Die Schüler haben einzeln oder in Gruppen Themen herausgegriffen, um dann anhand von spezifischen Fragestellungen ein Schlaglicht auf die Zeit werfen zu können.
Dabei hat jede Gruppe ganz eigene Erkenntnisse aus ihrer Arbeit gezogen. Stellten die Einen bei dem Thema „Kirche“ fest, wie interessant die Kirchenpolitik in der damaligen Bischofsstadt Bautzen war, so konnten sich die Bearbeiter des Themas „Wanderjugend“ erstmal nicht ganz so in diese Begeisterung einfühlen, die ihre Gleichaltrigen vor hundert Jahren für dieses Thema aufbringen konnten. Diejenigen, die das Schicksal der Kriegsheimkehrer beleuchteten, fanden währenddessen nicht nur interessante Einzelschicksale, sondern beschäftigten sich auch mit den gesellschaftlichen Auffangmechanismen, wie etwa den Kriegersiedlungen. Besonders stark von Gegenwartsbezügen geprägt war sicherlich die Auseinandersetzung mit der Reichsimpfpflicht. Als sehr spannend beschrieben die Schüler auch die Erforschung von Kriminalfällen. Die Erforschung der Tanzkultur stellte aufgrund der geringen Quellendichte dann wieder ganz eigene Herausforderungen dar und die Betrachtung der Fotografie förderte eine besondere Bautzener Persönlichkeit in den Fokus der jungen Forscher.
Die Schüler selber zeigten sich erstaunt, wie konfliktbeladen die „Goldenen“ Zwanziger waren und wie aktuell viele Themen auch heute (wieder) sind. Gemein war ihnen wohl die Erkenntnis, dass es keine Versicherung dagegen gibt, dass die Geschichte sich – im Guten wie im Schlechten – wiederholt und dass die genaue Betrachtung einer Epoche deren Vielschichtigkeit erst offenbart. Wer erfahren will, ob und inwiefern die Goldenen Zwanziger in Bautzen „Golden“ waren, hat dazu am Dienstag, 17. Januar, um 19.00 Uhr im Steinhaus die Gelegenheit. Dann werden die Schüler ihre Ergebnisse präsentieren. Dies wird, dank der Unterstützung des Deutsch – Sorbischen Volkstheaters, in historischer Gewandung geschehen, um auch ein optisches Eintauchen in diese Zeit zu ermöglichen.
Bereits um 18.00 Uhr beginnt dabei der Einlass, verbunden mit der Einladung, sich an dem von den Abiturklassen vorbereitetem Catering gütlich zu tun, um so den Abiball finanziell zu unterstützen. Auch am Tag der offenen Tür am 27. Januar werden Teile der Projektarbeiten zu begutachten sein.