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Grabstätten für sich retten

Grabstätten für sich retten

Die Grabstätte der Famile Weigang gehört zu den bedeutendsten Anlagen auf dem Bautzener Taucherfriedhof. Allerdings nagt auch an ihr der Zahn der Zeit. ⋌Foto: René Hoffmann-Schiertz

Zum 500. Jubiläum des Taucherfriedhofs in diesem Jahr lädt die Friedhofsverwaltung zum Spazieren und Entdecken ein (der Oberlausitzer Kurier berichtete). Führungen sollen Interessierten den unvergleichlichen Charme, die lange Geschichte und auch dort liegende Bautzener Persönlichkeiten näherbringen.

Bautzen. Wer schon einmal auf diesem schönen Gelände war und dessen Ruhe und Entschleunigung genießen konnte oder es auch nur als Abkürzung genutzt hat, kommt nicht umhin, die teils kunstvoll hergerichteten letzten Ruhestätten aus Marmor, Granit und Sandstein zu bestaunen. In den vergangenen Jahren sind viele dieser Grabmale in Vergessenheit geraten und fristen nun ihr trauriges Dasein mit abgeplatzten Gedenktafeln oder wucherndem Unkraut. Dazu gehört auch die letzte Ruhestätte eines der bekanntesten Mäzene Bautzens. 

Unweit des Eingangs Ziegelwall findet man das schwarze Grabmal von Carl Ernst Otto Weigang, dem ehemaligen Druckereifabrikanten und seiner Familie. Die Anlage wirkt trist und ist von Farnen überwuchert. Der interessierte Besucher stellt sich die Frage, warum dieser Grabanlage nicht mehr Liebe und Aufmerksamkeit zukommt? Immerhin war Weigang zur damaligen Zeit ein Vorzeigeunternehmer, der für die Stadt, seine Angestellten und die Kunst viel Gutes getan hat.
Gerade im Jubiläumsjahr des Friedhofes könnte man sich dieses wiederkehrenden Themas annehmen. Warum engagiert sich die Stadt Bautzen, als Nutznießerin des maßgeblich von Weigang gestifteten Museums, nicht dauerhaft für diese Grabstätte? 

Vor allem vor dem Hintergrund der dort für September dieses Jahres geplanten Ausstellung über den Taucherfriedhof wäre doch ein gepflegtes Erscheinungsbild des Grabmals zumindest wünschenswert. 

Der Friedhofsverwalter Robert Eckhardt weiß, dass sich zurzeit niemand um die Pflege dieses Grabes kümmert und man bereits aus präventiven Gründen die sonst dort stehende Statue habe einlagern müssen, da sich diese gelockert hatte. 
Vor mehreren Jahren habe es Bemühungen gegeben, das Grabmal mit Spenden und ehrenamtlichen Helfern zu verschönern. Leider sind diese Aktivitäten zum Erliegen gekommen. Er würde sich wünschen, dass diesem Thema mehr Aufmerksamkeit von Seiten der Stadt entgegengebracht würde.
 
Das Schicksal der Vernachlässigung und des Verfalls fristet aber nicht nur die Ruhestätte des bekannten Bautzeners. Zahlreiche kunstvolle Grabstätten liegen leer und warten auf Pflege. Dabei ist es laut Robert Eckhardt möglich, Patenschaften für bestehende Grabmale zu übernehmen oder diese gleich zu Lebzeiten als eigene Ruhestätte herzurichten und für kommende Generationen zu sichern. Einige kunstvolle Gräber und Grüfte konnten so bereits gerettet werden. Ein Buchbinder zum Beispiel, richtet sich zurzeit auf dem ältesten Teil des Friedhofes ein verfallenes Grab wieder neu her. Er hatte sich bevorzugt für diese Ruhestätte entschieden, da vor ihm nur Buchbinder dort gelegen haben. Es ist ihm eine Herzensangelegenheit geworden, dieses Grab zu erhalten.

Hier und da kann man auch an anderen Gräbern gelungene Ausbesserungen erkennen. Seien es neu hergestellte dekorative und verschnörkelte Vasen aus Sandstein, die in ein Grab eingearbeitet wurden, oder die bereits vorgefertigten Gedenktafeln der neuen, noch lebenden Besitzer. „Jeder ist ausdrücklich eingeladen, sich bereits zu Lebzeiten seine eigene, kunstvoll hergerichtete, wenn auch etwas pflegebedürftige, letzte Ruhestätte auszuwählen oder sich einfach nur als Pate für eines dieser Gräber zu engagieren.“, resümiert der Friedhofsverwalter.

Am 12. August findet die nächste Führung auf dem Taucherfriedhof statt. Bei einem Besuch kann man sich mit dem Tabuthema Tod, der Geschichte des Geländes und seiner eigenen Bestattung näher befassen. 

René Hoffmann-Schiertz

Info: Die Brüder Otto und Eduard Weigang waren Druckereifabrikanten und ihrer Zeit voraus. Sie gründeten zum Beispiel schon 1892 eine Pensionskasse für ihre Angestellten, welche sie mit einem Einbehalt von 1 % der Lohnsumme aufstockten. Die Spezialität des Werkes waren Druckartikel rund um die Zigarrenkiste, welche in alle Welt exportiert wurden. Die Belegschaft zählte in Spitzenzeiten 1.000 Angestellte. Quelle: Villa Weigang Bautzen

Redaktion / 08.08.2023

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