Greift die Kampagne der Kirche in einigen Wochen?
Antje Pech wird am Sonntag, 3. September, in der Zittauer Johanniskirche als Superintendentin aus ihrem Dienst im Evangelisch-Lutherischen Kirchenbezirk Löbau-Zittau verabschiedet. Foto: EVLKS
Der Evangelisch-Lutherische Kirchenbezirk Löbau-Zittau hat am 17. Juli eine Kampagne gestartet, um Mitarbeiter für die Lausitz zu begeistern. Unser Redakteur Steffen Linke befragte dazu die scheidende Superintendentin Antje Pech.
Aus welchem konkreten Grund und aus welcher Motivation heraus ist diese Kampagne #ueberraschendLausitz gestartet worden?
Antje Pech: Wir merken seit knapp fünf Jahren, dass sich freie Stellen nicht schnell oder gar nicht mehr besetzen lassen. Wir wollen Menschen für die Mitarbeit in unserem Kirchenbezirk gewinnen. Deshalb machen wir auf die Kirche in der Lausitz aufmerksam und zeigen, dass es hier einfach gut ist mit Kultur, mit Natur, mit Zusammenhalt und mit der Kirche.
Mit dieser Kampagne würdigen wir zugleich unsere Mitarbeiter, denn ohne ihr großes Engagement wären die vielfältigen Angebote in unserer Region gar nicht machbar.
Wie stellt sich denn die aktuelle Situation im Kirchenbezirk Löbau-Zittau dar? Inwieweit macht auch der Fachkräftemangel vor der Kirche nicht halt?
Antje Pech: Der Fachkräftemangel trifft die Kirche ebenso wie alle anderen Einrichtungen und Organisationen in der Gesellschaft. Aktuell gibt es im Kirchenbezirk fünf freie Pfarrstellen. Zudem suchen wir Unterstützung in der Ev. Freizeit- und Bildungsstätte Lückendorf. Hier brauchen wir eine Assistenz für die Hausleiterin. Und für den Modellkirchenbezirk Inklusion suchen wir einen Inklusionscoach. Alle Stellenangebote gibt es auf der Website der Kampagne unter www.ueberraschend-lausitz.de und auf der Website des Kirchenbezirkes unter www.kirchenbezirk-loebau-zittau.de.
Wie kompensiert der Evangelisch-Lutherische Kirchenbezirk Löbau-Zittau diese Ausfälle in der täglichen Arbeit?
Antje Pech: In den letzten Jahren haben wir die Aufgaben in den unbesetzten Bereichen auf andere Mitarbeiter übertragen. Es zeigt sich immer öfter, dass sie diese zusätzlichen Aufgaben nicht mehr nur für einen überschaubaren Zeitraum zum eigenen Bereich dazu bekommen, sondern letztlich für immer. Das macht müde und unzufrieden und lässt haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gelangen. Und auch junge Menschen, die sich in einer kirchlichen Ausbildung befinden oder sich dafür interessieren, sehen die gegenwärtige Arbeitssituation sehr kritisch. Die Arbeitgeberin Kirche büßt hier gerade viel an Attraktivität ein. Dem kann nur so begegnet werden, dass Schwerpunkte in der Arbeit festgelegt werden.
Wie war denn bisher die Resonanz auf die Kampagne des Evangelisch-Lutherischen Kirchenbezirkes Löbau-Zittau?
Antje Pech: Wir haben die Kampagne in den Sommerferien gestartet. Manchmal merkt man abseits vom Alltag, dass es Zeit für eine berufliche Veränderung ist. Aber auch solche Überlegungen brauchen Zeit. Es gab bis vor kurzem eine Anfrage zu einer Stelle. Und die meisten Mitarbeiter sind zum Schuljahresanfang von Rüstzeiten, Fortbildungen oder aus dem Urlaub zurückgekommen. Insofern gehe ich davon aus, dass die Kampagne in einigen Wochen konkret greift. Wir wollen ja nicht nur in Sachsen Menschen für die Arbeit in der Organisation Kirche finden und begeistern, sondern im gesamten Bundesgebiet. Insofern bin ich zuversichtlich, dass Anfragen kommen und Stellen besetzt werden.
Was sind denn die wichtigsten Gründe, warum es sich lohnt, als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter im Kirchenbezirk Löbau-Zittau tätig zu sein?
Antje Pech: Zuallererst haben wir eine wundervolle Aufgabe: Wir erzählen anderen weiter, wie der Glauben seit Generationen Segen und Frieden in das Miteinander der Menschen bringt, und dass er hilft, gut durch das Leben zu kommen. Der Glauben prägt natürlich auch unsere Zusammenarbeit in den Kirchgemeinden, im Kirchenbezirk, in der Landeskirche. Ich sehe, dass es eine große Wertschätzung in den Kirchgemeinden und im Kirchenbezirk für die Arbeit der Mitarbeiter gibt. Wenn Mitarbeiter von anderen hören, dass es richtig schön ist, dass sie hier sind, tut das gut. Und immer wieder erlebe ich, dass es neue Ideen gibt – und dann auch die Kraft und Bereitschaft, diese umzusetzen.
Zudem erlebe ich hier in der Oberlausitz eine gute Zusammenarbeit mit regionalen Partnern. Für Mitarbeiter im Kirchenbezirk bieten wir im Rahmen unserer Zertifizierung mit dem Evangelischen Gütesiegel Familienorientierung umfangreiche Unterstützung an. So gibt es zum Beispiel finanzielle Hilfe für die Freizeitteilnahme der Kinder, sitzungsfreie Zeiten sowie Fortbildungen oder Auszeiten für das spirituelle Kraftholen. Wer sich auf eine freie Stelle bewirbt, bekommt zur Begrüßung ein Paar Langlaufski.
Sie selbst sind seit 1. August als Referentin für Personalentwicklung für alle kirchlichen Berufe im Landeskirchenamt in Dresden tätig und werden am Sonntag, 3. September, in der Zittauer Johanniskirche als Superintendentin aus Ihrem Dienst im Evangelisch-Lutherischen Kirchenbezirk Löbau-Zittau verabschiedet. Wie blicken Sie auf Ihre Zeit als Superintendentin hier zurück?
Antje Pech: Als ich vor fast acht Jahren die Ausschreibung für das Amt der Superintendentin gelesen habe, dachte ich sofort: Das ist es. Da würde ich gern arbeiten. Dabei kannte ich die Oberlausitz nur von kurzen Ausflügen am Wochenende, meist im Regen, oder aus Erzählungen meines Mannes, der in den 80er Jahren in Zittau studiert und im Katharinenhof in Großhennersdorf gearbeitet hat. Das denke ich übrigens noch heute: Das ist es. Wir fühlen uns als Familie hier wohl. Und die Arbeit in den zurückliegenden Jahren war spannend, hatte große Herausforderungen und ist überwiegend mit Respekt und in Gemeinschaft erfolgt. In vielen Situationen hat mich der Pragmatismus der Menschen beeindruckt. Wenn etwas schlecht läuft, gibt es die kritische Rückmeldung sofort, da wird auch mal gestritten. Dann ist aber alles gesagt und die Zusammenarbeit kann weitergehen. Dadurch bleibt das Miteinander-Unterwegs-Sein selbstverständlich. Man schafft die Dinge nur zusammen.In den zurückliegenden sieben Jahren ist wirklich viel geworden. Wir haben eine weitreichende Strukturreform geschafft. Zwei Kirchentage wurden gefeiert – in Zittau 2017 und in Görlitz 2022. Das Evangelische Gütesiegel Familienorientierung können wir seit 2019 tragen. Wir haben zusätzliche Pfarrstellen für die Begleitung des Strukturwandels, für Tourismusseelsorge oder für Evangelisation und Kommunikation einrichten können.
Im Zittauer Gymnasium gibt es den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht. Der Kirchenbezirk ist Modellkirchenbezirk für Digitalisierung und für Inklusion. Und wir haben „Applaudino“, unseren Kinder- und Jugendzirkus.
Inwieweit hat sich durch Ihren beruflichen Wechsel Ihr Leben und auch Ihr Privatleben verändert?
Antje Pech: Der Arbeitsort hat sich verändert. Ich arbeite nicht mehr in Löbau, sondern im Landeskirchenamt in Dresden. Verändert hat sich auch, dass ich zu einem Schwerpunkt arbeite. In den nächsten drei Jahren erstelle ich unter Einbeziehung von Mitarbeitern, der Kirchenleitung, der Landessynode und der Kollegen im Landeskirchenamt ein Personalentwicklungskonzept für alle kirchlichen Berufe, also für Friedhofsgärtner, Verwaltungsmitarbeiter, Erzieher, Kirchenmusiker, Gemeinde- und Sozialpädagogen, Diakone, Pfarrer und viele mehr.
Wie ist es für Sie selbst an Ihrem neuen Arbeitsplatz in Dresden angelaufen?
Antje Pech: Ich bin herzlich in die Dienstgemeinschaft im Landeskirchenamt aufgenommen worden. Manches ist mir an den Arbeitsabläufen schon vertraut, manches muss ich erfragen oder ganz neu lernen. Das ist spannend. Ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe und auf alle Begegnungen und Impulse. Ich weiß, dass mich auch Kollegen und Gemeindemitglieder im Kirchenbezirk mit Gebeten in der neuen Aufgabe unterstützen. Das ist schön und hilft mir. Die enge Verbindung zueinander und zur Region und im Glauben bleibt auf jeden Fall.
Anmerkung: Der Evangelisch-Lutherische Kirchenbezirk Löbau-Zittau lädt am Sonntag, 3. September, um 14.00 Uhr, zu einem Gottesdienst zur Verabschiedung von Superintendentin Antje Pech in die Zittauer Johanniskirche ein.
Die Verabschiedung übernimmt Oberlandeskirchenrat Dr. Tilo Daniel. Die Predigt hält die bisherige Superintendentin Antje Pech. Nach der Verabschiedung wird der Gottesdienst von dem jetzigen stellvertretenden Superintendenten Dr. Christian Mai liturgisch geleitet. Kirchenmusikalisch wirken Kantor Johannes Dette, das Collegium Canorum Lobaviense sowie Kirchenmusikdirektor Christian Kühne mit. Anschließend sind alle zu Kaffeetrinken, Grüßen, Musik sowie Angeboten für Kinder in den Gemeindesaal eingeladen.