Großes Aufräumen im Bautzener Oberland
Bei Heike Pohl in Neukirch/Lausitz hat das Unwetter am Samstag deutliche Spuren hinterlassen. In der Garage abgestellte Habseligkeiten wurden in Mitleidenschaft gezogen. Foto: Radio Lausitz
Region. Einen Tag nach den heftigen Regenfällen im Bautzener Oberland hat das große Aufräumen begonnen. Am Samstag waren in kürzester Zeit mancherorts Keller vollgelaufen oder Garagen geflutet worden, wie die einer 63-jährigen Frau aus Neukirch. Heike Pohl sagte dem Lokalsender Radio Lausitz, dass sie, seitdem sie inzwischen in der Gemeinde wohnt, so etwas noch nicht erlebt habe. Das Wasser sei so schnell gekommen, dass man gar nicht richtig reagieren konnte.
„Wir hatten einiges hochgestellt, doch dann kam so ein Schwung, da ist alles umgefallen“, erinnerte sie sich an den Moment, in dem die braune Brühe auf ihr Grundstück strömte. „Das Wasser stand drin, Schlamm, die Kinder helfen. Waschmaschine, Trockner, Gefrierschrank sind hinüber, die Wände nass. Zum Glück sind wir ordentlich versichert.“ Allerdings sei bislang für sie niemand von der Versicherung erreichbar gewesen. Doch nicht nur sie wurde von den Wassermassen heimgesucht. Der Hund der Neukircherin hat seine Hütte opfern müssen. „Den mussten wir reinholen, der hat bei uns oben mit geschlafen. Er wusste gar nicht wohin.“ Und das alles am Vortag ihres Geburtstages. Dennoch schaut Heike Pohl nach vorn. „Wir sind froh, dass niemand zu Schaden gekommen ist.“
Die Neukircher Kameraden hatten infolge des jüngsten Unwetters alle Hände voll zu tun. Foto: Radio Lausitz
Der Neukircher Feuerwehrchef Hans-Georg Zenker führte gegenüber dem Radiosender aus, dass auch Keller vollliefen und Straßen zeitweise gesperrt werden mussten. Sandsäcke waren zu füllen und an besonders betroffenen Stellen auszubringen. „Ein großes Dankeschön an die Einwohner, dass sie uns so tatkräftig beim Befüllen der Sandsäcke geholfen haben“, meinte er. Zuletzt hatte im Juni 2013 Dauerregen die Wesenitz anschwellen lassen. Auch damals schauten die Menschen mit Sorge auf den Fluss. Seitdem wurde an dessen Verlauf der Hochwasserschutz abschnittsweise verbessert.
Anderenorts bahnte sich Schlamm von Feldern seinen Weg auf angrenzende Grundstücke. Ein Betroffener erzählte, dass auch er gar nicht recht reagieren konnte. „Das Haus habe ich verlassen, der Strom war weg, pumpen konnte ich nicht mehr.“ Zudem erwiesen sich Brücken als Nadelöhre. „Die Brücken waren zugemüllt“, meinte ein Augenzeuge. Das bestätigte ein Vertreter der Einsatzkräfte. „Dadurch hatten wir einen massiven Rückstau. Deshalb mussten wir die Bauwerke und auch Straßen sperren, um zu verhindern, dass durch die Wassermassen Schlimmeres passiert.“ Und weiter: „Das ist eine großflächige Einsatzlage mit extremen Wassermassen gewesen, wo wir einfach hilflos waren und nur punktuell Schlimmeres verhindern konnten.“
Inzwischen sind die Pegel der meisten Fließgewässer, die von den starken Regenfällen betroffen waren, wieder auf ein Normalmaß gesunken. Allein am Hoyerswerdaer Schwarzwasser in Zescha herrschte am Sonntagnachmittag noch Alarmstufe 3. Für Görlitz an der Neiße wurde die Alarmstufe 1 ausgegeben.
„Die Unwetter am Samstag wecken böse Erinnerungen an die sächsischen Hochwasserlagen vergangener Jahre“, legte Sachsens Umweltminister Wolfram Günther in einer ersten Stellungnahme dar. „Vor allem in der Sächsischen Schweiz, aber auch anderswo sind Anwohnerinnen und Anwohner wieder einmal von Überflutungsschäden, von Erdrutschen, Geröll und Schlamm betroffen. Jeder einzelne Schaden ist schmerzlich. Der Freistaat arbeitet gemeinsam mit allen anderen Zuständigen an der raschen Beseitigung der Schäden.“
Am Montagnachmittag wollte die Präsidentin der Landesdirektion Sachsen, Regina Kraushaar, gemeinsam mit Landrat Michael Harig vom Hochwasser betroffene Gemeinden besuchen, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Laut einer Sprecherin der Kreisverwaltzung war unmittelbar im Zuge des jüngsten Unwetters eine Koordinierungsgruppe „Hochwasser“ einberufen worden, in der Mitarbeiter von Ordnungsamt, Wasserbehörde und Innerem Service die Lage bewerteten.
„Unter anderem wurden Berechnungen zur weiteren Hochwassersituation in einzelnen Gemeinden durchgeführt und diese entsprechend vorgewarnt“, sagte sie. „Ein Katastrophenvoralarm musste nicht ausgerufen werden, da die Ereignisse vor Ort beherrscht werden konnten.“ Das Landratsamt habe den betroffenen Gemeinden jedoch Hilfe angeboten. So seien unter anderem mehrere tausend Sandsäcke nach Neukirch/Lausitz geliefert, die B 98 ab Neukirch/Lausitz gesperrt und entsprechende Umleitungen eingerichtet worden.
Neben Neukirch/Lausitz und Wilthen waren auch die Stadt Schirgiswalde-Kirschau sowie die Gemeinden Sohland/Spree, Königswartha, Doberschau-Gaußig und Steinigtwolmsdorf betroffen. „Die Leitstelle disponierte insgesamt 207 Einsätze“, fasste die Landratsamtsmitarbeiterin das Geschehen in Zahlen. „Personen kamen nicht zu Schaden. Ein Überblick über die Sachschäden liegt dem Landkreis nicht vor, da diese in den Gemeinden lokal bearbeitet werden.“ Zudem sei die Bevölkerung in der Ortschaft Wehrsdorf über eine Eintrübung des Trinkwassers informiert worden. In dem Fall habe das Modulare Warnsystem (MoWaS) eine entsprechende Nachricht verbreitet. Das System werde unter anderem durch die Warn-Apps „Nina“ und „Katwarn“ genutzt, hieß es.