Großes Theater an den Kälbersteinen in Sohland
Christine Herold freut sich über die gelungene Saison und findet vielleicht auch mal Zeit, selber mitzuspielen. Foto: B.Vogt
„Die Listigen Weiber von Sohland“ wurde dieses Jahr gegeben und konnte sich über großen Zuspruch freuen. Foto: IG WSS
Sohland. Seit 1991 wird auf der Waldbühne Sohland wieder Theater gespielt. Dabei reicht die Geschichte des Areals viel weiter zurück. Wie sieht die Gegenwart des Areals aus, auf dem am letzten Augustwochenende die diesjährige Spielzeit zu Ende gegangen ist und wie kam es überhaupt dazu, dass heute im Wald über Sohland ein kleines Stück Oberlausitzer Theatergeschichte geschrieben wird?
Wer oben an der Waldbühne ankommt, stellt zunächst fest, dass der erste Teil des Titels schwer gefährdet ist. Denn echten lebendigen Wald gibt es am Fuße der Kälbersteine nicht mehr so viel. „Wir sind froh, dass hier viele Laubbäume stehen“ sagt Christine Herold, die Vorsitzende der Interessengemeinschaft Waldbühne Sohland-Schirgiswalde e.V.. Und tatsächlich macht sich die Waldbühne als grüne Insel inmitten der toten Fichten ganz passabel. Dass das ganze Areal heute in einem guten Zustand ist, die Felsen gesichert, die Bühne mit ihren Mauern erneuert und es mehrere Häuschen für Requisiten, Kasse und Imbiss gibt, ist nicht selbstverständlich. Denn vor nicht allzulanger Zeit lag das Gelände in einem jahrzehntelangem Dornröschenschlaf.
Die Geschichte beginnt 1920, als auf der „Felsenbühne an der Teufelskanzel“, so der damalige Titel, das erste Mal ein Puppenspiel und das Märchen vom tapferen Schneiderlein aufgeführt wurden. Die offizielle Einweihung fand allerdings erst 1921 statt. Im Jahre 1924 übernahm Wally Senff-Georgi vom Dresdener Staatstheater die Spielleitung und bestritt den Spielbetrieb mit jungen Dresdener Berufsschauspielern. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise kam 1930 der Spielbetrieb zum Erliegen und wurde bis 1990 auch nicht mehr in Gang gebracht.
Zur Wendezeit gab es dann in Schirgiswalde das Kabarett „Die Optimisten“, bestehend aus Karl-Heinz Stolle und Andreas Trepke. Die kamen eines Tages auf einige Sohlander zu und fragten: „Wisst ihr eigentlich, dass ihr eine Waldbühne habt?“ Man erkundete das verwilderte Areal und beschloss, es aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken. Zusammen mit Heinz Vetter, der damals die Kinderbühne Sohland leitete, wurde die erste neue Spielzeit geplant und 1991 durchgeführt. Präsentiert wurden von der Spielgemeinschaft das Stück „Die Räuberfalle“ und von der Kinderbühne das Märchen „Die Prinzessin und der Schweinehirt“. Die neugegründete „Interessengemeinschaft Waldbühne Sohland-Schirgiswalde e.V.“ verbindet seitdem die künstlerischen Akteure, zu denen später auch die Mundartgruppe Sohland gehörte, die aktuell leider nicht spielfähig ist, mit ihren Stücken im Oberlausitzer Dialekt aber stets großen Zuspruch beim Publikum zu verzeichnen hatte.
Seit dieser Zeit brachte man auch das Bühnengelände immer mehr auf Vordermann. Die zwei festen Hütten wurden in den 90er Jahren durch ABM-Kräfte errichtet. Die Stützmauern wurden durch die Gemeinde Sohland erneuert, die heute Besitzerin des Areals ist. Alle anderen Investitionen werden durch die Interessengemeinschaft, auch mithilfe von Sponsoren, getätigt. Zuletzt ist dem Ensemble ein kleines Kassenhäuschen hinzugefügt worden.
Und wie sieht es heute aus? Der aktuelle Spielbetrieb wird inzwischen hauptsächlich von der Spielgemeinschaft Schirgiswalde betrieben . Deren Leiter Andreas Trepke schreibt die Stücke und „schreibt die Rollen den Leuten auf den Leib“, wie Christine Herold lobt. Herauskommt dabei Jahr für Jahr „geballter, herrlicher Unfug“, der beim Publikum sehr beliebt ist, was auch die Besucherzahlen zeigen. 3.000 bis 4.000 Gäste verzeichnet die Waldbühne inzwischen pro Jahr, was für eine Bühne in ehrenamtlicher Verantwortung mehr als ordentlich ist. Denn darauf muss hingewiesen werden: allein der Probe-und Spielbetrieb bedeutet einen enormen Zeitaufwand. Dazu kommt noch das ganze Hintergrundgeschehen, von den Leuten an der Kasse über die Technik bis hin zu den Kulissenbauern.Die Aussage der Chefin von der Interessengemeinschaft: „Wir brauchen immer Leute“ verwundert deswegen nicht. Aber auch dank der klugen Nachwuchsarbeit der Spielgemeinschaft kann man jedes Jahr die Spielzeit bestreiten, trotz so manch traurigen Begleiterscheinungen, die das Leben bereit hält: Die zwei Gründer, Karl-Heinz Stolle und Heinz Vetter wurden inzwischen in die Ewigkeit abberufen und die Mundartgruppe kann wegen Mangel an Mitstreitern zur Zeit auch nicht auftreten. Doch davon lässt man sich nicht entmutigen. Und so darf man sich bereits jetzt auf die Spielzeit im nächsten Jahr freuen.