Grüße an die Saatreiter von der Haustür aus
Matthias Schwarzbach begrüßt als waschechter Ostritzer die Saatreiter zur Prozession quasi von der Haustür aus. Foto: privat
Ostritz. Der Leiter der IHK-Geschäftsstelle Zittau sitzt aber ganz sicher zur 393. Prozession am Ostersonntag, 17. April, wieder nicht als Reiter im Sattel. Nach Corona und einer Notvariante im vergangenen Jahr ist seine Vorfreude besonders groß, dass es endlich wieder losgeht.
„Ich bin wirklich noch im Landambulatorium der Stadt geboren, hier in den Kindergarten und in die Schule gegangen und habe rege am Vereins- und Kirchenleben teilgenommen“, schildert er seine langjährige Verbundenheit zur Stadt Ostritz. Nach dem Studium der Architektur kehrte Matthias Schwarzbach 1983 wieder ins elterliche Haus zurück. „Ab Juli 1990 war ich Bauamtsleiter der Stadt Ostritz und habe gemeinsam mit Günter Vallentin als Bürgermeister, Hubertus Ebermann als Hauptamtsleiter und vielen Unterstützern, wie zum Beispiel der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, wesentlich bis 2002 die Stadt mitentwickeln dürfen“, berichtet er.
Matthias Schwarzbach ist quasi von klein auf mit dem Saatreiten in Ostritz aufgewachsen: „Ich bin praktisch auf dem Bauernhof unseres Nachbarns groß geworden. Ostern war und ist für uns ein Hochfest. Für uns Kinder gab es nichts Schöneres, als beim Schmücken der Pferde dabei sein zu dürfen. Die Krönung war allerdings, wenn wir nach der Schlussrunde der Reiter um den Marktplatz gezogen sind und auf dem Pferderücken bis in den Bauernhof mitreiten durften.“ Im christlichen Jahreskreis ist Ostern nach Ansicht von Matthias Schwarzbach das höchste Kirchenfest in Ostritz. Das Leidensgedächtnis in der Karwoche gipfelt in der Auferstehungsfeier der Osternacht. Die Saat- oder auch Osterreiterprozession verkündet diese Osterbotschaft. In einer nun schon 393-jährigen Tradition sind 50 bis 100 geschmückte Pferde mit Reitern in Gehrock und Zylinder auf einem knapp dreistündigen Prozessionsweg im und um den Ort unterwegs. Das zieht jährlich tausende von Besuchern in den kleinen Ort. „Das hat schon was für sich“, meint er. Somit sei das Osterreiten seit langer Zeit ein großer Tag mit Außenwirkung für Ostritz.
Osterreiten ist ein altes, religiöses Ritual in Form einer Prozession, bei dem die Auferstehung Jesu Christi verkündigt wird. Die Reiter starten 13.00 Uhr mit dem Segen des örtlichen Pfarrers von der katholischen Kirche aus.
Die frohe Botschaft wird in Form von traditionellen Kirchenliedern und der Verkündigung des Osterevangeliums ins Land getragen. Die Reiterprozession ist auch mit der Bitte um eine gute Saat und Ernte auf den Feldern verbunden und kennzeichnet aus seiner Sicht Demut und Stolz der Menschen in ihrer Glaubenserfahrung zum Osterfest. „Die abendländische Tradition wird von Festen im christlichen Jahreskreis geprägt. Dieser Lebensrhythmus, der hieraus erwächst, ist auch für Nichtchristen von Bedeutung“, meint er. Und er fährt fort: „So wie wir in den Christmetten zu Weihnachten einen Zulauf in den Kirchen verzeichnen, ist es auch beim Osterfest und der damit verbundenen Tradition des Osterreitens. Wir als Bürger der Stadt sind jedenfalls dankbar für die vielen Besucher aus nah und fern.“ In der heutigen Zeit sei die positive Wahrnehmung einer Stadt für deren Entwicklung von großer Bedeutung. Das Osterreiten vermittelt laut Matthias Schwarzbach ein Stück Tradition und Wertesystem im Ort, „zu dem übrigens auch die Friedensfeste in der Stadt beitragen. Wir verzeichnen mit großer Freude ein zunehmendes Interesse junger Menschen an unserem Ort.“ Und natürlich sei das Osterfest auch eine gute Gelegenheit für „Ehemalige“, ihre Familien und die alte Heimat zu besuchen – nach Corona umso intensiver. Matthias Schwarzbach selbst ist sehr vielfältig gesellschaftlich aktiv: „Beim Osterreiten stehe ich aber wirklich außen vor. Ich bin sehr dankbar, dass sich hier viele andere Menschen in Ostritz seit Jahren ehrenamtlich und mit Leidenschaft dafür engagieren.“
Die katholische Pfarrkirche in Ostritz ist seine Tauf-, Erstkommunions-, Firm- und Hochzeitskirche und wird sicher auch einmal seine Beerdigungskirche sein: „Ich war hier Ministrant, spielte in einer Kirchenband und war in der Jugendarbeit aktiv. Derzeit arbeite ich ehrenamtlich als Mitglied des Kirchenrats der Großpfarrei ,St. Marien’ von Zittau-Ostritz-Löbau, dem höchsten wirtschaftlichen Gremium einer Pfarrgemeinde. In dieser Funktion tragen wir zum Beispiel Verantwortung für die Sicherheitsfragen beim Osterreiten. Unsere Aufgabe ist es, die Osterreitertradition als riesengroßen Schatz zu bewahren und die damit verbundenen Risiken umfassend in der heutigen Zeit abzusichern.“
Matthias Schwarzbach war viele Jahre Mitglied der Winzergemeinschaft in Ostritz und somit immer ab den Mittagsstunden im klösterlichen Weinkeller eingebunden: „Ich habe leider meistens keinen Reiter gesehen. Jetzt trifft sich aber auch bei uns am Ostersonntag die ganze Familie aus nah und fern. Da ich in unmittelbarer Nähe zu Kirche und Marktplatz wohne, begrüßen wir zu Beginn quasi die Reiter von der Haustür aus. Danach laufen wir in das Kloster St. Marienthal, um den Umritt im Klosterhof, die Begrüßung der Äbtissin und die Verkündigung des Osterevangeliums mitzuerleben. So man nicht allzu viele Bekannte trifft und sich ,verquatscht’, trinken wir zu Hause alle gemeinsam eine Tasse Kaffee und gehen danach auf den Marktplatz, um Reiter und ,Ehemalige’ zu begrüßen.“ Dann klingt der Ostersonntag ganz in Familie aus.
Matthias Schwarzbach durfte mal bei Ludwig Ebermann in Dittersbach in den 1980er Jahren eigenständig auf dem Pferdehof reiten: „Da spürte ich schnell, dass das nicht ganz so mein Ding ist. Ich empfinde Pferde als unheimlich schöne und ästhetische Tiere und ärgere mich ein wenig, dass ich das Reiten nie richtig gelernt habe. Das erklärt vielleicht, warum ich auch nie in Erwägung gezogen habe, bei der Osterprozession mitzureiten.“
Matthias Schwarzbach wünscht sich, „dass diese sehr schöne Tradition lange erhalten bleiben möge. Dass sich immer wieder junge Menschen finden, die sich dafür begeistern und auch bereit sind, die finanzielle Last für Ausstattung, Pferdenutzung, Transport und Versicherung zu tragen. Und dass Menschen bereit sind, die Organisation und Verantwortung für die Prozession zu übernehmen.“
Der Ablauf des 393. Saatreitens in Ostritz im Überblick: 13.00 Uhr – Start an der katholischen Kirche, Glockengeläut und Segen der Reiter durch den Ostritzer Pfarrer, Ritt über den Marktplatz zum Kloster St. Marienthal
circa 13.45 Uhr – Ankunft im Kloster, Begrüßung durch die Äbtissin, drei Umritte im Klosterhof mit Verkündigung des Osterevangeliums, Ritt über die Schäfereistraße und B 99 auf die Felder am Bergfrieden, über die „Hohe Straße“ bis zur Kreuzigungsgruppe am Hutberg, Gebet und Gesang über „Hohe Straße“ und den Galgenberg wieder in die Stadt, über den Untermarkt auf den Marktplatz
gegen 15.30 Uhr – Ankunft auf dem Marktplatz, drei Runden um den Markt mit dem Kirchenlied „Großer Gott, wir loben dich“
16.00 Uhr – Dankesandacht in der Kirche und Abritt der Reiter
Kommentare zum Artikel "Grüße an die Saatreiter von der Haustür aus"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Ich glaube wir sind zusammen zur Schule gegangen Mathias. Christine Schuster war ist meine Freundin