Gutsherr kontra Garagenbesitzer?
Werden die Bautzener Garagen zum Euro-Grab? Das Foto entstand 2013, als die jährliche Pacht auf 120 Euro angehoben wurde.
Kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns die Mitteilung von Clemens Mildner, dass die Antwort des OB-Kandidaten Karsten Vogt bei ihm eingegangen sei. Darin heißt es: „Der rechtliche Umbruchprozess, der sich durch das Auslaufen des Einigungsvertrages und der Grundsteuerreform ergibt, ist nicht hinreichend gegenüber den Garagenpächtern kommuniziert worden.
Sicherlich ist es von städtischer Seite aus nicht möglich, sich mit den 1.800 betroffenen Personen aller Garagengemeinschaften direkt zu besprechen. Auf der Ebene der Vorstände sehe ich diese Möglichkeit jedoch uneingeschränkt gegeben.“
Weiterhin sichert der Kandidat zu, dass im Falle seiner Wahl „die rechtliche Situation im Zusammenhang mit dem Auslaufen des Einigungsvertrages und der Grundsteuerreform innerhalb der Stadtverwaltung und in Absprache mit dem Finanzamt neuerlich geprüft wird.“ Die seitens der Stadt angekündigte Mieterhöhung werde ebenfalls einer Prüfung unterzogen. Die Zielstellung bestehe darin, die geringstmögliche Mietbelastung für die Garagengemeinschaften zu erzielen, die rechtlich haltbar ist. Auch die Möglichkeit einer Entschädigung der Pächter solle geprüft werden.
Bautzen. Die von der Stadt Bautzen angekündigten Änderungen hinsichtlich der auf städtischem Grund und Boden stehenden Garagen (der Oberlausitzer Kurier berichtete) sorgen bei den Betroffenen für Aufruhr. So hat der Spreebadgaragen e.V. eine Anfrage mit Bitte um Stellungnahme an die Oberbürgermeister-Kandidaten gestellt.
Deren Resonanz, so Vorstandsmitglied Clemens Mildner, ist bislang jedoch wenig befriedigend. Amtsinhaber Alexander Ahrens (SPD) hat in einer recht umfangreichen Antwort das Vorgehen der Stadt verteidigt. In einer detaillierten Rechnung stellt er die „Ersparnis“ von 480 Euro, die durch die schrittweise Annäherung an die „ortsübliche“ Miete über drei Jahre zustande kommt, in den Mittelpunkt seiner Argumentation. Dies, so Ahrens, sei ein „Entgegenkommen“ der Stadt gegenüber den bisherigen Garageneigentümern und künftigen Mietern, das er in Absprache mit dem Finanzbürgermeister und der Kämmerei festgelegt habe. Der OB macht weiterhin darauf aufmerksam, dass die Stadt zudem verpflichtet sei, ab dem 1. Januar 2023 Umsatzsteuer von 19 Prozent auf die Garagenmiete zu erheben. Bei einer Jahresmiete von 360 Euro, wie sie laut den Plänen der Stadtverwaltung ab 2026 zu entrichten ist, beläuft sich diese auf 68,40 Euro. Damit erhöhen sich die Kosten im Vergleich zu 2022 nicht nur, wie von der Stadt kommuniziert, um den Faktor 3, sondern 3,57.
Der Spreebadgaragen e.V. kommentiert das auf seiner Website wie folgt: „Es sei angemerkt, dass zu DDR-Zeiten die Grundstücke keinen Wert darstellten. Wertvoll war die Bebauung und die war im Eigentum der Garagenbauer. Durch bundesdeutsches Recht wurden diese Verhältnisse auf den Kopf gestellt. Der Stadt fällt jetzt Eigentum zu, für welches sie nichts getan hat und für dessen Erhaltung sie bisher auch nichts getan hat. Sollte sie nicht alles tun, um diesem Unrecht zum Wohle ihrer Bürger abzuhelfen? Es stünde in ihrer Macht. Aber ganz im Gegenteil, aus Herrn Ahrens Worten wird deutlich: Die Stadt Bautzen will sich gezielt an den Bautzener Garagenbesitzern bereichern!“
Für eine Lösung des Problems empfiehlt der Verein einen Blick in das etwa 80 Kilometer entfernte Großenhain: „Großenhain hat den Garagengemeinschaften ihre Grundstücke zu fairen Konditionen zum Kauf angeboten. Als Spreebadgaragen e.V. würden wir ebenfalls gern unser Garagen-Grundstück im Ganzen erwerben.“
Geantwortet hat auch der Einzelkandidat Andreas Thronicker, der darauf verweist, dass ihm als „Nicht-Bautzener“ (er wohnt in der Gemeinde Kubschütz) die benötigten Informationen verweigert worden seien. Von den OB-Kandidaten Andrea Kubank (Die Linke) und Karsten Vogt (CDU) erhielt der Spreebadgaragen e.V. nach eigenem Bekunden (bislang) keine Antwort. An dessen Wahlkampfstand, so Clemens Mildner, sei er aber mit Karsten Vogt ins Gespräch gekommen.
Dem „Oberlausitzer Kurier“ liegt eine Stellungnahme von Karsten Vogt vor, die er gemeinsam mit dem Vorsitzenden der FDP-Stadtratsfraktion, Mike Hauschild, und der Vorsitzenden der CDU-Stadtratsfraktion, Katja Gerhardi, verfasst hat.
Darin heißt es: „Die FDP- und die CDU- Fraktion können nur verwundert über das willkürlich erscheinende Hickhack aus dem Rathaus die Köpfe schütteln. Dass die Übergangsregelungen zum Thema ’alte Ostgaragennutzung’ auslaufen, ist ein lange bekannter Fakt. Die Kommunen als Grundstückseigentümer haben nun die Möglichkeit aber deshalb noch lange nicht den Zwang, die bisherigen Pachten zu erhöhen.“
Weiter verweisen die Verfasser auf die Haushaltskonsolidierung, die 2021 beraten und beschlossen wurde: „Die nun verkündete Erhöhung der Kosten für 1.800 Garagennutzer war der Stadtverwaltung bisher keine Erwähnung wert.“ Eine Diskussion wäre zwingend erforderlich gewesen. Dazu Karsten Vogt: „Solche einschneidenden Entscheidungen, ohne Einbindung der Betroffenen und ohne Beteiligung des Stadtrates, ist Regieren nach Gutsherrenart. Diese Zeiten sollten endgültig vorbei sein!“
Die CDU-Fraktion hat zwischenzeitlich auch einen Antrag zur Behandlung im Stadtrat eingereicht. Darin soll die Stadtverwaltung beauftragt werden, bis Ende September ein „Garagen-Konzept“ vorzulegen, in dem auch „die Übertragung der Bewirtschaftung an Dritte“ geprüft werden soll.
Der Spreebadgaragen e.V. strebt unterdessen die Vernetzung mit anderen betroffenen (Noch)Eigentümern an: „Die Bautzener Garagenbesitzer stellen einen nicht unerheblichen Teil der Bautzner Bürger dar. Wenn wir gemeinsam für unsere Interessen eintreten, haben wir eine starke Stimme gegenüber der Stadt.“ Entsprechendes Interesse kann unter spreebadgaragen@web.de oder über das Kontaktformular auf der Website www.spreebadgaragen.de bekundet werden.