Herrnhuts reizvolle „Zimmer im Grünen“
Das Gartenhaus im Garten des Heimatmuseums der Stadt Herrnhut erinnert mit seinem pagodenartigen Dach an einen fernöstlichen Pavillon. Foto: Rainer Schmidt
Das Gartenhaus „Morgen“ liegt reizvoll im Herrschaftsgarten hinter dem Zinzendorfhaus. Foto: Konrad Fischer
Herrnhut. In allererster Linie ist es natürlich vom Wetter abhängig, wann die Kleinode im Grünen saubergemacht, eingeräumt und damit für das Sommerhalbjahr vorbereitet werden. Neben dem Frühjahrsputz seien manchmal auch kleinere Reparaturen nötig, sagt Konrad Fischer, Leiter des Kultur- und Fremdenverkehrsamtes und des Heimatmuseums der Stadt Herrnhut.
Insgesamt befinden sich in Herrnhut rund 30 historische Gartenhäuser – für die recht kleine Stadt ist das eine bemerkenswert hohe Dichte. Die ältesten davon sind rund 250 Jahre alt. Prägend und typisch sind zum Beispiel die verschiedenen Gartenhäuser jeweils am Ende der Gärten der August-Bebel-Straße. Reizvoll gelegen im Herrschaftsgarten hinter dem Zinzendorfhaus befinden sich die baugleichen Gartenhäuser „Morgen“ und „Abend“. Das architektonisch wohl ungewöhnlichste Gartenhaus wiederum steht im Garten des Heimatmuseums. Dieses um 1770 errichtete und passenderweise mit historischen Möbeln ausgestattete Haus erinnert mit seinem pagodenartigen Dach an einen fernöstlichen Pavillon. Bemerkenswert ist schließlich auch das massive Gartenhaus im ehemaligen Krankenhausgarten, das einzige zweigeschossige Gartenhaus in Herrnhut. Die Größe der Bauwerke ist durchweg bescheiden – die Grundfläche bleibt bei den allermeisten unter 16 Quadratmeter.
Die Gartenhäuser sind einmal als „Zimmer im Grünen“ bezeichnet worden, berichtet Konrad Fischer. Deren Nutzung war schon immer vielfältig – beispielsweise als Orte der Gastlichkeit oder auch private, stille Rückzugsorte. Die meisten Gartenhäuser stehen ganz am Ende des jeweiligen Gartengrundstücks, manchmal auch etwas erhöht und bilden damit eine Art Brückenkopf hinaus in die freie Landschaft mit offenem Blick in die Ferne.
Die jeweiligen Eigentümer pflegen und unterhalten ihre Gartenhäuser sehr liebevoll, egal ob sie sich in öffentlicher oder privater Hand befinden. „Am meist guten bis sehr guten Pflegezustand der Häuser wird deutlich, dass man den Wert und die Bedeutung dieser Kleinode sehr zu schätzen weiß“, betont Konrad Fischer.
Die äußere Wirkung Herrnhuts wird städtebaulich durch die planmäßige Anlage und die vielen Häuser im Stile des Herrnhuter Barock geprägt.
Daneben verleihen dem Ort aber sowohl die öffentlichen Gärten und Parkanlagen als auch die gepflegten privaten Gärten seine besondere Atmosphäre. Die Gartenhäuser schließlich verleihen dem Ganzen noch einmal einen besonderen Reiz, schwärmt er. Der Stadt Herrnhut ist sich laut Konrad Fischer der kulturellen Bedeutung der Gartenhäuser sehr bewusst. Deutlich wird die Wertschätzung auch in einer Buchveröffentlichung von Enno Kayser („Gartenhäuser in Herrnhut“). Darin ist die Geschichte und Bedeutung der Gartenhäuser detailliert beschrieben. Die meisten der Herrnhuter Gartenhäuser entstanden zwischen 1750 und 1840. Dahinter stand oftmals der Wunsch nach Naturnähe und stillen Rückzugsorten. Sie dienten außerdem als Raum für Konversation und Begegnung. „Gleichzeitig kann man viele Gartenhäuser auch als Ausdruck wachsenden bürgerlichen Selbstbewusstseins und einer guten wirtschaftlichen Entwicklung der damaligen Zeit interpretieren“, betont er.
Viele Gäste sind jedenfalls von der Vielfalt der Herrnhuter Gartenhauskultur überrascht und vom teilweise hohen Alter der Anlagen, aber auch vom meist recht guten Zustand beeindruckt. Immer wieder verblüfft sind die Museumsbesucher, wenn sie im Garten des Museums ein Gartenhaus im asiatischen Stil entdecken. Denn dies erwartet in der tiefsten Oberlausitz wohl niemand, meint Konrad Fischer. Und welche Rolle spielen die Kleinode im Grünen bei der touristischen Vermarktung der Stadt Herrnhut? „Zumindest die öffentlichen Gartenhäuser, wie zum Beispiel im Museumsgarten, bewerben wir als Herrnhuter Besonderheit natürlich sehr gern“, antwortet er.