Hier sollte schon vor 200 Jahren der Wald gerettet werden
Mit dem Rechen mussten die Zapfen auf der Horde ständig bewegt werden, so wie es Wolfgang Keilig hier demonstriert.
Die Ausstellung in der Samendarre widmet sich auch dem 1847 abgerissenen Jagdschloss, das hier als Modell dargestellt ist.
Die Laußnitzer Samendarre feiert in diesem Jahr ihr 200-jähriges Bestehen. Das technische Denkmal bildet ein frühes Zeugnis für nachhaltiges Wirtschaften, von dem man noch heute viel lernen kann.
Laußnitz. Andere Zeiten, ähnliche Sorgen: Wer glaubt, dass der Zustand des Waldes erst in jüngerer Zeit Kummer bereitet, der irrt. Bereits vor 200 Jahren beklagten Forstleute, dass „die einst stattlichen Wälder kümmerlichem Kieferngesträuch“ Platz gemacht hätten. Allerdings lagen die Ursachen für die damalige Waldmisere weniger in klimatischen Veränderungen, sondern in einer intensiven – und wenig nachhaltigen – Waldnutzung.
Nachhaltigkeit – dieser Begriff stammt im Übrigen aus der sächsischen Forstwirtschaft: Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz verwendete ihn 1713 erstmals im Zusammenhang mit der Frage, wie man dauerhaft genügend Holz für den Bau und Betrieb von Silberminen gewinnen könne. Die einfache Idee: Nur so viele Bäume schlagen, wie nachwachsen können.
Doch der Bedarf war nun einmal da, also musste die Lösung darin bestehen, mehr Bäume aufzuziehen. Und so begann man in Sachsen um 1820 mit einer großangelegten Aufforstung hauptsächlich mit Kiefern und Fichten. Das benötigte Saatgut – es wuchs zwar sprichwörtlich „auf den Bäumen“, doch davon waren nicht mehr allzu viele da, und außerdem war die Keimung der herabgefallenen Samen stark dem Zufall unterworfen.
„Um ausreichend Samen zu gewinnen, errichtete man 1822 in Laußnitz eine Horden-Samendarre“, erklärt Wolfgang Keilig. Er ist Vorsitzender der Interessengemeinschaft Samendarre Laußnitz und kann als solcher vieles über die nahezu einzigartige Einrichtung, deren Gründung sich in diesem Jahr zum 200. Male jährt, berichten. Doch vor allem: Er kann noch immer demonstrieren, wie die Gewinnung der Samen mehr als 135 Jahre lang, nämlich bis zur Stilllegung 1956, funktionierte: „Die Kiefern- und Fichtenzapfen wurden auf der Horde, also auf einer mehrgeschossigen Holzkonstruktion, auf 35 bis 40 Grad erwärmt. Dadurch öffneten sie sich und gaben die Samen frei, die durch Rillen im Boden in ein Auffangbecken fielen“, erklärt er.
Dass die technische Anlage der Samendarre noch heute besteht, wenngleich sie auch nicht mehr in Betrieb genommen werden darf, kann man ebenso als Ausdruck von Nachhaltigkeit verstehen – in dem Sinne, hergebrachtes und ortstypisches zu bewahren. Doch vor allem steht sie für das ehrenamtliche Engagement einer Gruppe von Bürgern, die sich seit 1999 um die Instandhaltung und Präsentation des technischen Denkmals kümmern.
So wie Wolfgang Keilig arbeiteten die meisten von ihnen im Forst und haben daher eine ganz persönliche Beziehung zur Samendarre. „Nach dem Betriebsende diente die Samendarre der Oberförsterei noch eine Zeitlang als Lager. Eine der beiden Hordenanlagen verfiel komplett, die andere blieb erhalten und kann noch heute gezeigt werden“, so der Vorsitzende. Möglich wurde dies zunächst durch das Engagement der Gemeinde Laußnitz, welche die Darre 1997 erwarb und in der Folge grundlegend sanierte. 1999 begann eine „kleine Gruppe Interessierter“, das Gebäude zu einem Museum umzugestalten, das sich unter anderem auch dem früheren Laußnitzer Jagdschloss, der Harzgewinnung, forstwirtschaftlichen Arbeitsmethoden und der Ortsgeschichte widmet. „Diese Arbeitsteilung besteht bis heute“, betont Wolfgang Keilig: „Die Gemeinde kümmert sich um die bauliche Instandhaltung, die Interessengemeinschaft um die museale Arbeit.“ Und so kann die Laußnitzer Samendarre sonntags und an Feiertagen von 14 bis 17 Uhr öffnen und interessante Einblicke in die Arbeit der Forstleute früherer Tage bieten.
Das 200-jährige Jubiläum bildet freilich einen willkommenen Anlass, noch etwas mehr zu zeigen, und so findet das 15. Heidefest des Staatsbetriebs Sachsenforst am Sonntag, dem 4. September, ab 10 Uhr, im Pflanzgarten unmittelbar an der Samendarre statt – hier, wo früher aus den gewonnenen Samen junge Bäume gezogen und an Forstbetriebe in ganz Sachsen verteilt wurden. Dann werden die Besucher unter anderem erfahren können, dass die Samendarre mit ihrer Raumtemperatur von 35 Grad und mehr den Laußnitzer Kindern nach dem Eislaufen im Winter als „Wärmstube“ diente, welch harte Arbeit das Zapfen pflücken darstellte oder auch, dass die benötigte Wärme durch Verbrennen der „entsamten“ Zapfen erzeugt wurde: ein geschlossener Kreislauf, der wie so vieles an der Anlage für Nachhaltigkeit steht.