Historischer Webstuhl ist wieder funktionsfähig
Der kürzlich neu in Betrieb genommene Webstuhl wurde einst von der Firma C. H. Schäfer in Ohorn gebaut. Foto: Stadt Großröhrsdorf
Großröhrsdorf. Kaum einer glaubte daran, doch die Mitglieder des Vereins Großröhrsdorfer Industrie- und Bandmuseum schafften das fast Unmögliche. Sie haben einen etwa 100 Jahre alten Gurtwebstuhl in der ehemaligen Weberei Johann Gottfried Schöne demontiert, aufwendig aufgearbeitet und schließlich im Technischen Museum der Bandweberei funktionsfähig aufgestellt.
Nun kann Vollzug gemeldet werden. Die letzten Kettfäden sind eingezogen, die zur Steuerung notwendigen Stiftleisten gesteckt und die Beleuchtung ausgerichtet worden. Zum ersten Mal ging der Webstuhl wieder in Betrieb. Vereinsvorsitzender Bernd Hartmann rückte ihn ein, der Motor lief an und die Webschützen wurden durch das Webfach geschlagen. Zahnräder drehten sich, Hebel wurden gedrückt und Schäfte gehoben. Und tatsächlich funktionierte alles sprichwörtlich wie geschmiert.
Der Webstuhl erwachte aus seinem Dornröschenschlaf und webte im Rhythmus der tanzenden Webschützen den gewünschten olivgrünen Gurt. Der 77-jährige Webermeister Bernd Hartmann strahlte und war sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis. Bürgermeister Stefan Schneider beglückwünschte den Verein zur gelungenen Inbetriebnahme und freute sich darüber, dass im Technischen Museum der Bandweberei ein weiteres einmaliges Zeitzeugnis bewahrt und vorgeführt werden kann.
Schon seit 340 Jahren gibt es in Großröhrsdorf die Bandweberei. Begonnen hat alles mit dem Heimweber George Hans, der schon 1680 Bänder webte. Aus den Heimwebereien entwickelten sich Fabriken und diese prägten die industrielle Entwicklung des Ortes. Die Region Großröhrsdorf wurde der Hauptsitz der Bandindustrie im Osten Deutschlands. Das Kombinat Bandtex galt als größte Bandweberei Europas. Diese Geschichte wird im Technischen Museum der Bandweberei eindrucksvoll vermittelt, auch an über fünfzehn unterschiedlichen und voll funktionsfähigen Bandwebstühlen und Webautomaten.
Der neu in Betrieb genommene Webstuhl wurde einst von der Firma C. H. Schäfer in Ohorn gebaut und lief in der Band- und Gurtweberei Johann Gottfried Schöne Großröhrsdorf. Dort hatte er seinen letzten Standort im 1936 gebauten Gebäude B im Weberei-Saal 3 und war noch bis zur Jahrtausendwende in Betrieb. Dann begann sein Dornröschenschlaf, aus dem er nur einmal kurz geweckt wurde. Zum Tag des offenen Denkmals des Jahres 2014 initiierten die letzte Inhaberin Annegret Schöne und der Museumsverein eine Öffnung des historischen Websaales mit Vorführung dieses Gurtwebstuhles. Danach zog dort wieder Stille ein. Als 2020, nach dem Tod von Annegret Schöne, der Gebäudekomplex geräumt wurde, konnte der Verein zahlreiche Exponate und historische Unterlagen erhalten. Im letzten Jahr wurde dazu schon eine Sonderausstellung im Museum präsentiert, die jetzt noch einmal umgestaltet wurde, mit dem neu aufgebauten historischen Webstuhl als Glanzpunkt.
Museumsmitarbeiter Patrick Zöllner hat schon Ideen zur weiteren Nutzung. So soll der Webstuhl im Rahmen von Veranstaltungen und Museumsführungen den Besuchern zugänglich gemacht und vorgeführt werden. Außerdem werden pädagogische Angebote mit Schülern des Landkreises Bautzen in den Räumen des Museums stattfinden, wobei der Webstuhl die Kulisse bildet und als technisches Anschauungsstück dient.