Historisches Gemälde schmückt die Aula des Zittauer Gymnasiums
Das historische Leinwandspann-Gemälde „Paulus Predigt in Athen“ oder „Die Predigt des Apostels Paulus in Athen“ ist das Prunkstück in der Aula des Christian-Weise-Gymnasiums Zittau. Foto: privat
Das historische, acht mal sechs Meter große Leinwandspann-Gemälde „Paulus predigt in Athen“ oder „Die Predigt des Apostels Paulus in Athen“ ist das Prunkstück in der Aula des Christian-Weise-Gymnasiums Zittau.
Zittau. Schulleitung, Lehrer und Schüler haben das prächtige historische Kunstwerk sicher nicht immer vor Augen, „da wir uns nicht täglich in der Aula aufhalten. Und sicher gibt es auch einen Gewöhnungseffekt. Andererseits ist es für uns immer noch etwas ganz Besonderes.“
Zu „Tagen der offenen Tür“ oder bei öffentlichen Veranstaltungen sind fast alle Besucher überrascht und erfreut, so ein bewundernswertes, prunkvolles Kunstwerk des Historismus in der Aula zu sehen. Jeder Gast der Partnerschulen bestaunt dieses Wandgemälde. Es „umrahmt“ auch dienstliche Beratungen, Elternabende und Konzerte sowie Theateraufführungen in der Aula.
Der Historienmaler Anton Dietrich (1833 bis 1904) hat das Gemälde einst als Auftragswerk der Stadt Zittau mit Geldern des Akademischen Rates des Kultusministeriums des Königreiches Sachsen gemalt. Dietrich ist auch der Maler der Fresken der Albrechtsburg Meißen.
1872 begann der Maler Anton Dietrich mit dem Gemälde – fertig war es 1878. Seit der Einweihung am 22. März 1879 ziert es die Aula. Wann es ganz genau aufgehangen wurde, ist nicht überliefert. Das Leinwand-Gemälde wurde jedenfalls im Atelier in Dresden gemalt. Auf dem Hauptbild ist links der Vorplatz eines Tempels mit tanzenden Gestalten und rechts der Ausblick auf die Akropolis zu sehen. Beherrschende Figur ist Paulus in der Bildmitte. Auf der linken Seite sind eine Gruppe von fünf Gestalten, die sich von Paulus abwenden und ein jugendliches ausgelassen-trunkenes Paar. Darüber befinden sich ein alter sinnlicher Athener und ein höhnischer Satiriker, hinter diesen beiden ein trotziger heidnischer Priester, weiter im Vordergrund der mühselige Krüppel. Weiterhin sind ehrbare Frauen mit ihren Kindern zu sehen. Dahinter sind zwei Greise und ein Jüngling, die durch die Predigt bekehrt wurden, dahinter wiederum ein Sklave.
Direkt hinter Paulus stehen ein Mann und zwei Frauen, die als Judenchristen gedacht sind – und dahinter ein römischer Hauptmann, womit angedeutet wird, dass Athen unter römischer Herrschaft stand. Vor Paulus sind die Männer der Wissenschaft und Kunst gruppiert, zu denen er sich wendet: Auf den Stufen sitzend ein Dichter, ein Sänger, ein Architekt, dahinter stehend ein Stoiker, dann zwei Akademiker und ein junger Grieche in Kriegertracht, hinter dem Stoiker ein Epikureer, ein begeistert zuhörender Jüngling, ein Assyrer und ein Ägypter. Im Hintergrund befinden sich weitere Philosophengestalten – neben Paulus Dionysius, einer aus dem Rat, der bekehrt wurde, dann streitbare Philosophen, darunter ein dicker Epikureer, zwei leidenschaftliche auf Paulus zeigende Akademiker, diesen gegenüber zwei Sophisten, die mit den Fingern Gegenargumente erzählen. Im Vordergrund rechts ist eine arme Witwe mit ihren kranken Kindern, müde niedergesunken und Trost findend. Zum Abschluss befindet sich rechts eine vornehme reuige Sünderin.
Das Leinwandspann-Gemälde hat ein zentrales Motiv: Es handelt sich um die Szene aus der Bibel Apostelgeschichte 17, 16-34. Apostel Paulus hält allein eine Rede auf Jesus Christus, der den Griechen und Heiden als bisher „unbekannter Gott“ vorgestellt wird. Die Griechen verehrten vorsorglich neben den olympischen Göttern immer einen unbekannten Gott.
Links vom Hauptgemälde prägen allegorische Darstellungen des antiken Griechenlands (links oben) und des alten Ägyptens (links unten), rechts sind Allegorien auf die nordische Kultur mit der Germania und die südliche Kultur Italiens mit der Italia und dem Buch Dantes „Göttlicher Komödie“ zu finden. Die Weitergabe des Wissens aus diesen Kulturkreisen in der Schule soll damit gezeigt werden.
Darunter befindet sich eine Grisaillemalerei in Grautönen auf Putz aus drei Teilen, die einer zeitlichen Einteilung folgen. Es sind Bildnisse von berühmten Dichtern, Denkern und Wissenschaftlern von der Antike bis ins 19. Jahrhundert: Persönlichkeiten von Homer über Aristoteles, Luther und Melanchthon, Leibnitz, Kant und Goethe bis zu Alexander von Humboldt werden sichtbar.
Das Leinwandspann-Gemälde soll die Verknüpfung von Antike (Wissenschaft und Kultur) mit dem humanistischen Weltbild über das Christentum zeigen. Das Motiv gibt es nur noch im Strachov-Kloster Prag. Das christliche Motiv zeigt die damalige religiöse Sicht der Menschen. Denn eigentlich war die Schule ein Realgymnasium für Jungen und keine religiöse Einrichtung.
Das künstlerische Prunkstück hat einst 24.800 Reichsmark gekostet. „Für uns ist es heute unbezahlbar“, betont Adrian Dautz, Lehrer für Geschichte, Deutsch, katholische Religion und künstlerisches Profil .
Das geschichtsträchtige Leinwandspann-Gemälde muss restauriert und geschützt werden. Dessen Erhaltungszustand sei hervorragend, so Adrian Dautz . Und er fügt abschließend hinzu: „Wir sind alle sehr, sehr stolz darauf.“