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Hoch zu Ross und im Beruf fürs Seelenheil

Hoch zu Ross und im  Beruf fürs Seelenheil

Marko Bulang-Paschke hoch zu Ross am Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau. Foto: privat

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In Marko Bulang-Paschkes Büro in Elstra ist das Sorbische (im Hintergrund) gleichberechtigt. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Am Ostersonntag lockt das Osterreiten wieder überregional Christen sowie rein Schaulustige in die Oberlausitz. Der Niederschlesische Kurier stellt Ihnen einen der Osterreiter vor.

Ostritz / Crostwitz / Elstra
. Am Ostersonntag, dem 20. April, beginnt mit dem traditionellen Ostersaatreiten von Ostritz die Reiterprozession, die von Görlitz oder Niesky aus am nächsten zu erreichen ist. Die mit dem sorbischen Osterreiten verwandte Tradition mit rund 70 Reitern startet um 13.00 Uhr an der katholischen Kirche mit Stationen auf dem Marktplatz, im Kloster St. Marienthal – Ankunft dort ist gegen 13.45 Uhr – und auf den umliegenden Feldern, bevor die Reiter gegen 16.00 Uhr zum Marktplatz zurückkehren. Diese Tradition hat der Niederschlesische Kurier in den Vorjahren schon häufiger vorgestellt, so dass wir uns in diesem Jahr einmal für einen Blick auf das bekanntere sonntägliche Osterreiten in den sorbischen Gebieten des Landkreises Bautzen konzentriert und den Osterreiter Marko Bulang-Paschke besucht haben. Er hat sich mit der Teilnahme als Reiter quasi einen Kindheitstraum erfüllt und lebt das Sorbentum in besonderer Weise auch im Alltag.

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Seit letztem Jahr geht es mit dem Neffen gemeinsam zum Osterreiten. Foto: privat

Marko Bulang-Paschke ist gelernter Krankenpfleger. „Ich hatte als Krankenpfleger viel Kontakt zu Sterbenden und fand mich in der Rolle, dass ich immer wieder der war, der letzte Wünsche erfüllen sollte“, erzählt er. Nun sitzt er am Schreibtisch, hinter ihm der Sinnspruch: „In jedem Ende steht ein Anfang“ – zunächst auf Sorbisch sowie auf Deutsch. Ein Praktikum beim Bautzner Bestattungsinstitut Jürgen Schilder ebnete dem gläubigen Katholiken die Chance, fast pastoral umzusatteln. Seither ist er nun als Bestatter tätig.

„Man ist immer in Bereitschaft, 365 Tage im Jahr, jeweils 24 Stunden“, charakterisiert er das Wesen seines Berufsstandes und ist glücklich, vor zehn Jahren im Dezember 2014 einen Neuanfang in Elstra gestartet zu haben. In der kleinsten Stadt Sachsens rufe man ihn auch schon mal daheim an, wenn im Laden nachts das Licht brennt. Viele Jahre ohne Pfarrer im stärker protestantisch geprägten Ort ist Bulang-Paschke hier mittlerweile die Instanz für die Seele.

Auch als weltlicher Trauerredner reicht sein Radius bis über Radeberg hinaus, während er nach Osten hin als einziger muttersprachlich sorbischer Bestatter der Region ein echtes Alleinstellungsmerkmal aufweist – seit drei Jahren ist dieses Profil durch die Filiale in Neschwitz auch noch sichtbarer.

„Meine Großmütter sind noch täglich in Tracht gegangen“, leitet er seine tiefe sorbische Verwurzelung ein. Daheim in Storcha würden neben einer Ziegenzucht auch zwei Pferde auf ihn warten und sie alle verstünden bestens, in welcher Gemütslage sie ihn aufzufangen haben, sagt Marko Bulang-Paschke, der mit 14 Jahren all seinen Mut zusammennahm, um in seinem Heimatort Ostro einen Pferdebesitzer zu fragen, ob er denn auch Osterreiter werden dürfe.

„Zu Hause gab es damals keine Möglichkeit ein Pferd zu halten, deswegen bin ich zu einem Bauern gegangen und habe ganz höflich allen Mut zusammengenommen“, erinnert er sich. „Mein Vater war kein Osterreiter, der war für Ordnung und Sicherheit sowie die Straßenabsperrung als Bürgermeister verantwortlich. Mütterlicherseits war mein Großvater Osterreiter und mein verstorbener Onkel war es auch. Die Mutti war also ganz stolz, dass der eine Bub nun auch Osterreiter wurde. Natürlich war sie aufgeregt, dass ich nicht vom Pferd falle und sie ist es auch heute noch. Und das ist auch gut so. Natürlich ist man selbst auch hibbelig, wenn es endlich losgeht“, berichtet er.

In vergangenen Jahr ritt erstmals nun auch Marko BulangPaschkes Neffe an seiner Seite mit und machte diesen – und natürlich sich selbst, wie er betont – damit stolz.

Die Berufung, die er spüre, habe ihn vor vier Jahren beruflich zur stärksten Probe geführt. Ein 29-jähriger Freund war damals in der Adventszeit bei einem Unfall auf der Autobahn verstorben und Marko Bulang-Paschke sprach nun zu den Angehörigen und letztlich vor ganz Elstra. Doch weil es ihm auch hier gelang, zu vermitteln, dass die Seele eben nicht bestattet wird, war er nun spätestens in Elstra angekommen, das schon knapp außerhalb des sorbischen Sprachgebietes liegt.

In diesem Jahr nun sitzt Marko Bulang-Paschke bereits zum 20. Mal im Sattel und nähert sich damit in anderer Weise der Seele. „Man muss nicht unbedingt Sorbe, aber man muss katholisch sein um mitzureiten“, stellt er klar, erläutert aber, dass es etwa in Wittichenau zwei Prozessionen eng nebeneinander gebe. Die Besonderheit dort sei die Aufteilung in einen sorbischen und eine deutschen Abschnitt. 

Bulang-Paschke ist hingegen in Crostwitz Osterreiter. Dort müsse ein deutscher Mitreiter natürlich bemüht sein, dem Ritus zu folgen. „Er kann nicht das Halleluja auf Deutsch verkünden“, stellt er klar.

Die Osterreiter dieser Prozession beginnen ihren aufwendig vorbereiteten Ritt um 12.15 Uhr in Crostwitz. Über Schweinerden, wo eine Pause von 45 Minuten eingelegt wird, reiten sie zum Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau. Von dort geht es gegen 15.30 Uhr weiter, um über Höflein, Räckelwitz und Caseritz, Crostwitz wieder zu erreichen. Hier werden die Reiter um 17.00 Uhr empfangen.

Das Kreuzreiten zwischen Wittichenau und Ralbitz beruht auf gegenseitigen Besuchen, die zeitlich parallel verlaufen. Die Osterreiter beider Orte begegnen sich in der Mitte der Route, wobei die Wittichenauer Prozession um 9.20 Uhr am Marktplatz startet. Die Ralbitzer Reiter erreichen Wittichenau gegen 12.00 Uhr, verabschieden sich um 15.15 Uhr und kehren gegen 18.00 Uhr zurück.

Zwischen Radibor und Storcha beginnt die Reiterprozession in Radibor um 11.30 Uhr und erreicht Storcha um 13.45 Uhr. Der Rückweg startet um 15.30 Uhr, mit Ankunft in Radibor um 17.15 Uhr. In entgegengesetzter Richtung reiten die Storchaer Osterreiter um 12.00 Uhr los.

In Bautzen nehmen die Osterreiter um 10.30 Uhr vom Dom St. Petri ihren Weg auf und ziehen über Temritz und Cölln nach Radibor – Ankunft dort ist gegen 12.15 Uhr. Der Rückweg beginnt um 14.45 Uhr mit geplanter Ankunft in Bautzen um 16.45 Uhr. Ein Gegenbesuch findet hier nicht statt.

Till Scholtz-Knobloch / 20.04.2025

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