Hotelier überlegt Gewerbeabmeldung
Im renovierten Restaurant erledigte Burkhard Kämmerer diese Woche noch einige Renovierungsarbeiten – aber für wann und für wen überhaupt? Foto: Till Scholtz-Knobloch
In der Ausgabe vom 21. März 2020 stellte der Niederschlesische Kurier Ihnen Hotelier Burkhard Kämmerer mit dem Aufmacher „Tägliche Verluste in tausenden Euro“ vor. Nachdem Ministerpräsident Kretschmer nun bereits sogar Osterurlaub 2021 in das Reich der Fabel verwiesen hatte ist Zeit für ein Update im 2. Lockdown.
Görlitz. „Ganz ehrlich: Die Gewerbeabmeldung rückt für mich immer näher“, sagt Burkhard Kämmerer, Chef vom Hotel Silesia in der Görlitzer Südstadt. Er hatte, um sich selbst ein Ziel zu setzen, eigentlich auf eine schleichende Rückkehr ins Geschäft ab 1. März gebaut und die erzwungene Auszeit für die Renovierung mehrerer Zimmer und des Restaurants genutzt. Er zeigt die gerade eingetroffenen Glasplatten für die Tische. „Damit sind wir viel besser auf hohe Hygienestandards eingestellt.“ Aber der Elan werde wohl nicht richtig gewürdigt.
Eigentlich habe die Politik erst gut reagiert – nicht so wie etwa bei Freunden in der Gastronomie in Spanien oder Italien, die man bislang staatlicherseits mit „Peanuts“ abgespeist habe. Mittlerweile zeige sich jedoch, wie Deutschland sich selbst im Bürokratismus ein Bein nach dem anderen stelle. Die endlosen Antragsprozeduren auf Überbrückungshilfen über Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwälte würden ihn zermürben. Den Dezember-Kurzarbeiterlohn seiner Angestellten habe er über sechs Wochen vorgestreckt, bis endlich die Zusage kam. „Und da hatte ich mittlerweile schon den Januar bezahlen müssen.“ Und das ganze auch bei geförderten, schwer vermittelbare Mitarbeitern, für die er immer wieder Arbeitsverträge zusammenstellen musste, „obwohl die schon zigfach in den Unterlagen schlummern.“ Umgekehrt greife die öffentliche Hand über die Finanzämter sonst schnell zu Kontopfändungen. „Wie so ein kleiner Bittsteller-Depp muss man sich immer wieder fühlen“, ist der 61-jährige Hotelier frustriert und sieht seine Energie schwinden.
„Nachdem Michael Kretschmer sich von seinem Freund Markus Söder wohl den Tipp abgeholt hat, auch Ostern Reisen noch auszuschließen, hagelt es doch überall neuerlich Stornos im Hotelgewerbe. Ich hatte über die Ostertage eine 45-köpfige Gruppe für fünf Tage, die verunsichert bereits abgesagt hat“, stellt er fest.
Er würde doch besser fahren, wenn er als Gastronom auf den Kanaren Thüringer Bratwurst verkaufe und die Bude dann um 18.00 Uhr dichtmache. Abgehalten habe ihn davon bislang eher die Verantwortung für seine Mitarbeiter, auch wenn er sich seinen Sohn oder ein energisches jungen Pärchen aus der Branche durchaus als Pächter vorstellen könne. „Soll ich etwa warten, bis wir Systemaffen alle durchgeimpft sind, ehe ich mich doch noch einmal selbst wieder als Gewerbetreibender anmelde?“, fragt er frustriert und findet doch keine gute Zukunftsprognose. „Wenn die Grünen bei der Bundestagswahl weiter zulegen, sehe ich schon die Zwangsenteignungen über die Besteuerung privaten Eigentums als neuen Lastenausgleich. Muss ich mir das dann auch noch antun?, fragt Kämmerer, der dieser Tage erst eine fiebrige Covid-19-Infektion auskuriert hat, lakonisch.