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Im Erzählcafè am Puls der Stadt!

Im Erzählcafè am Puls der Stadt!

Im Erzählcafè Neugersdorf locken in familiärer Atmosphäre nicht mehr nur aller 14 Tage montags lockere Erzählrunden, sondern auch thematische Veranstaltungen die Besucher an. Foto: privat

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Angelika Dornich (stehend Bildmitte) hat das Erzählcafè  im Kultur- und Bildungszentrum des Vereins Lebens(T)räume e.V. quasi aus der Taufe gehoben. Foto: privat

Das Erzählcafè im Kultur- und Bildungszentrum des Vereins Lebens(T)räume e.V., Ernst-Thälmann-Straße 38, im ehemaligen Lautex-Gelände in Neugersdorf hat sich zu einer festen Institution im Oberland entwickelt. Längst locken hier in familiärer Atmosphäre nicht mehr nur aller 14 Tage montags lockere Erzählrunden, sondern auch thematische Veranstaltungen die Besucher an.

Ebersbach-Neugersdorf. Im Erzählcafè gibt es keine 4er- oder 6er-Tische, sondern eine große Tafel. „Bei besonderen Themen stellen wir diese in U-Form auf. Die Tische werden jahreszeitlich von unseren ehrenamtlichen Helferinnen liebevoll dekoriert und eingedeckt     – und die Patchworkfrauen haben uns vor Jahren farbenfrohe Deckchen mit den einzelnen Erzählcafé-Buchstaben beschert“, sagt Angelika Dornich. Die Leiterin des Kultur- und Bildungszentrums „Am Wasserturm“ und stellvertretende Vorsitzende des Vereins Lebens(T)räume e.V. erinnert sich noch gut an einen Besuch eines Radiosenders im vergangenen Sommer, als sich die beiden Moderatoren auf Sendung unterhielten, was denn unter einem Erzählcafé zu verstehen sei. Und für die zwei war klar     – dahinter kann nur Kaffeeklatsch stecken.

„ Ich erzählte dazu kurz die Entstehungsgeschichte und sagte zusammengefasst: Bei uns wird nicht getratscht. Wir reden über das, was die Leute gerade bewegt“, berichtet sie. Ungläubig habe sich der Moderator einigen Besucherinnen zugewandt. Aber auch sie ließen ihn mit seiner Ansicht abblitzen. „Wir tratschen nicht. Wir sind am Puls der Stadt!“, brachte es eine der Frauen auf den Punkt.

Am 21. und 22. Juni 2013 war das Kultur- und Bildungszentrum des Vereins Lebens(T)räume e.V. eröffnet worden, um es mit Leben und mit Veranstaltungen zu füllen. Die Stadt Ebersbach-Neugersdorf ließ das Gebäude 2012/13 mit Hilfe von Fördermitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) denkmalgerecht sanieren. „Wir hatten nun die räumliche Voraussetzung, unsere inhaltliche und generationsübergreifende Vereinsarbeit auszubauen und soziale Kompetenzen zu fördern“, erklärt sie.
Und sie fährt fort: „Am Eröffnungswochenende sind wir von Neugersdorfer Seniorinnen angesprochen worden, ob es nicht möglich wäre, hier ein Cafè einzurichten.“

„Das war aber nicht Sinn und Zweck unseres gemeinnützigen Vereins, der damals voll – und heute noch hauptsächlich – auf ehrenamtlicher Arbeit basiert“, sagt sie. Deshalb entwickelten die Macherinnen die Idee mit dem Erzählcafé. „Wir wollten damit interessierten Senioren und (Un-)Ruheständlern die Möglichkeit zur Begegnung, zum Erfahrungsaustausch, zu gemeinsamen Erinnerungen bzw. ehemaligen Textilarbeiterinnen und -arbeitern von Lautex und anderen Betrieben quasi so etwas wie eine Heimstatt, einen Erinnerungsort an ein erfülltes Arbeitsleben, geben“, sagt sie. Dieses Konzept sei damals sofort aufgegangen.
Die Besucherinnen tauschten unter anderem Erinnerungen aus ihrem Arbeitsleben aus, brachten Fotos mit und blätterten in alten Betriebszeitungen. Seither öffnet das Erzählcafé regelmäßig aller 14 Tage montags um 14.00 Uhr – außer an Feiertagen – seine Pforten.

Im Laufe der Zeit hat sich das Erzählcafé zu einer Gemeinschaft entwickelt, wie sie betont. „Von September bis März bzw. April bieten wir mindestens einmal im Monat Vorträge, nicht so übliche, also keine professionellen Reiseberichte in Wort und Bild, musikalische Programme sowie Buchlesungen von nicht so bekannten Autoren aus der Region an. Oder wir lesen einzelne Geschichten bzw. aus interessanten Büchern vor“, sagt sie. Durch die Vereinsvorsitzende Franziska Schubert, Mitglied des Sächsischen Landtages, hatten Besucherinnen und Besucher des Erzählcafés auch schon die Gelegenheit, den Landtag in Dresden zu besuchen, den Bundestag in Berlin kennenzulernen, ja sogar zum Europa-Parlament nach Brüssel zu reisen.

„Generell lachen und reden wir gern gemeinsam, tauschen Erfahrungen und Erlebnisse aus Gegenwart und Vergangenheit aus. Das sind wichtige soziale Elemente in unserer heutigen Zeit“, sagt sie. Und so manche lustige Anekdote hat Angelika Dornich im Erzählcafè auch schon erlebt. „Ich weiß jetzt nicht mehr genau wann und worum es damals genau ging. Auf jeden Fall kam einmal etwas auf, worauf niemand sofort eine Antwort wusste. Eine damalige, Mitte 30 Jahre alte Mitarbeiterin zückte ihr Smartphone, um im Internet nachzuschauen. Doch ehe sie soweit war, las eine zu jener Zeit fast 80-jährige Besucherin schon von ihrem eigenen Handy die Antwort vor“, erzählt sie. Mittlerweile haben sich auch Freundschaften entwickelt. „Das Erzählcafè fördert ohne Frage den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, betont sie. Und sie ergänzt: „Es stimmt uns selbst froh, wenn wir spüren, wie glücklich wir in rund zwei Stunden diese Leute machen. Wie sie aufleben. Wie sie sich freuen. Was sie sich alles nach zwei Wochen wieder zu erzählen haben.“

Und was wäre ein Café ohne Kaffee, Tee und Kuchen von den zwei ehrenamtlichen Helferinnen Rita Mühle und Monika Herwig sowie von Angelika Dornich – jedes Mal selbst gebacken? „Wir suchen dafür meist neue Rezepte heraus. Und alle Gäste sind neugierig, ,was es denn heute wieder Leckeres gibt?’ Deshalb behalten wir das Ritual bei, dass wir um 14.00 Uhr offiziell das Café mit einer kurzen Begrüßung und Präsentation der Kuchen eröffnen“, sagt sie. Wer das Erzählcafé gern besuchen möchte, selbst aber nicht mehr mobil ist, kann sich gern unter Telefon (03586) 3 69 01 77 melden. „Wir sind für alle offen“, sagt sie.

Übrigens: Friseurmeisterin Annett Kothe vermittelt am Montag, 27. Januar, im Erzählcafé ihre noch sehr frischen und vielseitigen Eindrücke von ihrer Reise nach Indien im Herbst des vergangenen Jahres. Der Vorschlag für diese Veranstaltung kam von einer hochbetagten „Wiederholungstäterin“ aus dieser Runde selbst.
 

Steffen Linke / 26.01.2020

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