In Niesky gehören ganz viele zusammen
V.l.n.r. „Stahl Technologie Niesky GmbH“-Geschäftsführer Philipp Hänel mit Ulrich Weinhold und Standortleiter Frank Sommer. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Das energieintensive Arbeiten im Stahlbau hat besonders in den letzten drei Jahren gelitten. In Niesky kam dies erschwerend nach Neustart nach Insolvenz hinzu. Doch der Weg scheint derzeit positiv zu verlaufen. Und ein guter Draht zu den Ehemaligen fördert das Wir-Gefühl.
Niesky. Einst hatte der Stahlbau in Niesky hunderte Mitarbeiter. Allein über 100 Elektriker und Schlosser der Instandhaltung unterstanden in den 80er-Jahren Ulrich Weinhold, der die ehemaligen Stahlbauer aus Niesky zusammenhält und im Oktober ein Treffen im Bürgerhaus federführend mitorganisiert. Letztlich ist dieses – gleich nebenan gelegen – die einstige Betriebskantine. Vor allem aber sei im bundesdeutschen Recht Produktion und Projektion getrennt. Man könne schon deswegen schwer echte Vergleiche heranziehen, auch wenn man an den aufgeblähten Apparat denke, der bis in die politische Bildungsarbeit hineingriff.
Aber den jungen, heutigen Geschäftsführer Philipp Hänel, der 35 Kollegen dirigiert, kannte auch Ulrich Weinhold bislang nicht und stattete ihm zusammen mit der Redaktion einen Besuch ab. Hänel hat seinen eigentlichen Sitz in Delitzsch bei Leipzig, wo der Mutterbetrieb ansässig ist. Doch Hänel fühlt sich bei Fahrten nach Niesky sichtlich wohl, stammt er doch aus Reichwalde.
Hänel berichtet, dass nach dem Neustart 2020 zunächst Corona sehr weh tat und gleich im Anschluss das ’Ukrainethema’. „Zugesagte Aufträge brachen weg, dadurch kam die Kurzarbeit“, erinnert er sich. Mittlerweile könne man aber wieder in guter Auslastung arbeiten. „Wo wir auch hinkommen: Niesky ist einfach für gute Qualität bekannt und wir haben beweisen können, dass dies auch heute gilt“, bekundet er.
In allen deutschen und europäischen Stahlwerken in Gent oder Salzgitter, bei Thyssen Krupp sei man in den letzten drei Jahren dabei gewesen und auch eine Kupferhütte aus Hamburg sei als Neukunde gewonnen worden. Aktuell könne er sagen: „Bis Ende nächsten Jahres ist unser Auftragsbuch voll.“ Der Neustart ist alles in allem also geglückt. Das befreit vor Sorgenfalten allerdings nicht.
Hänel räumt ein: „Die Energiepreise sind nahezu tödlich für so ein Geschäft.“ Anfang des Jahres habe das gleich bei den Stromkosten zugeschlagen. Aber eine Entscheidung kam rechtzeitig: „Anfang letzten Jahres haben wir entschieden, dass wir eine Solaranlage installieren. Seit Juni dieses Jahres ist diese nun angeschlossen. Wir speisen zwar selbst kaum etwas in das Netz ein, aber wir decken einen Großteil unseres eigenen Bedarfes damit ab. Zu schaffen machen uns aber die Gaspreise.“ Die eigene Gasheizung sei ausgesprochen ineffizient, „weil sie von oben nach unten wärmt, obwohl Wärme bekanntlich aufsteigt. Die Umrüstung auf eine andere Variante ist wahnsinnig schwierig.“ Alles was man nun machen würde sei unsicher für die Zukunft und zudem wahnsinnig teuer.
Das alles bedinge dennoch keine Standortgefahr, sei aber eben ein immenser Kostenfaktor, der sich natürlich auf die Produktionskosten auswirke. „Aber: Viele unserer Wettbewerber haben ja ein ähnliches Problem. Wir sind spezialisiert auf schweren Stahlbau, wir sind stark zertifiziert – was Geld kostet und personalintensiv ist – andererseits ist hier dann auch nicht mehr jeder Stahlbauer dabei, weil die Krankapazitäten dann nicht mehr ausreichen. Wir können hier auch 100 Tonnen wuppen.“
Ulrich Weinhold hört dies alles gerne und muss an dieser Stelle ergänzen. „Es können doch auch 130 Tonnen sein?“. Wie dem auch sei, bei über 60 Tonnen sind die meisten Mitbewerber nicht mehr dabei, einigen sich die beiden.
Man sieht Hänel, der im Tagesgeschäft agiert, an, dass er gerne noch manche Hintergründe aus der Geschichte der großen Stahlbautradition Nieskys erfahren möchte, in die nun auch er eingeht. Und so sagt er beim Treffen in seinem Büro gerne zu, dem Treffen der ehemaligen Stahlbauer beizuwohnen, das zuletzt unter Corona auch aussetzen musste. Ulrich Weinhold betont hierbei, dass diese aber nicht alleine ehemaligen Stahlbauern offensteht, sondern jedem. Das Treffen findet am 10. Oktober, 16.00 Uhr, im Bürgerhaus Niesky statt. Anmelden kann man sich dafür telefonisch bei Werner Bergmann unter (035876) 42371 oder bei Gudrun Präsel (035894) 30209 – beide Anschlüsse verfügen über einen Anrufbeantworter. Und da das Bürgerhaus gemeinsame Kantine vieler Nieskyer Betriebe war, war man ja auch nie allein. Im Grunde gehören hier ganz viele zusammen.