Jeder kann sich mit Fotos an der Forschung beteiligen
In welchem Jahrzehnt wurde dieses Foto im Zittauer Gebirge bei Jonsdorf aufgenommen? Jeder kann nun wertvolle Hinweise geben. Foto: Alfred Hartig, Ingeborg Paul
„Fotoalben – die mit viel Liebe erstellten Fotosammlungen – sind nicht nur ein Schatz an Erinnerungen, sondern auch wichtig für die Biodiversitätsforschung. An dieser Forschung kann jeder dank eines Projektes unter Beteiligung des Senckenberg-Museums teilhaben.
Görlitz. Viele private Fotoalben dokumentieren zahlreiche Veränderungen unserer Umwelt: den Rückgang der Wälder, den Wandel der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung oder die Zerschneidung der Landschaft durch Straßen, Eisenbahnlinien und Energieversorgungstraßen“, fasst das Senckenberg-Museum in Görlitz dieser Tage eine Aktion zusammen, die Wissenschaft und Öffentlichkeit verbindet. Hier kommen Fotoalbenbesitzer ins Spiel. Mithilfe des Landschaftsfotoportals kann jeder als Bürgerwissenschaftler tätig werden und zur Forschung beitragen. Das entsprechene Portal findet sich hier.
Der Stein der bürgerwissenschaftlichen Beteiligung kam bereits 2018 ins Rollen, als das Museum einen öffentlichen Aufruf zur Einsendung von Fotomaterial startete. Dank vieler engagierter Bürgerwissenschaftler konnten fast 2.000 historische Aufnahmen digitalisiert werden. Mit der Veröffentlichung der Internetseite können ab sofort „Bürgerwissenschaftler“ eigene Landschaftsbilder des letzten Jahrhunderts hochladen oder Hintergrundinfos zu bereits hochgeladenen Fotos geben. Sind die Fotos hochgeladen, stehen sie im Portal als Dokumente der Umweltveränderungen im vergangenen Jahrhundert zur freien Verfügung. Sie dienen vielfältigen Forschungszwecken in Bereichen wie Forstwirtschaft, Geologie, Landschaftsgeschichte, Ökologie oder Biologie. Dabei ist die fotografische Qualität zweitrangig, der dokumentarische Wert der Bilder steht im Vordergrund.
Die neue Internetseite lädt zum Entdecken einzelner Regionen ein – chronologisch oder geografisch dargestellt erhalten Nutzer einen Überblick über das eingestellte Material.
Ganz nebenbei regt das Landschaftsfotoportal zum Austausch unter Generationen an: „Wo verlief die Hauptstraße vor 70 Jahren?“, „So viel Schnee gab es damals auf der Lausche!“.
Nicht zuletzt können so jüngere Generationen die älteren Verwandten beim Digitalisieren der Landschaftsfotos unterstützen. „Wir waren begeistert über die Fülle an Fotos, die uns 2018 erreicht hat. Diese Bürgerwissenschaftler schufen eine gute Basis für das Landschaftsfotoportal. Jetzt kann man online die digitalisierten Fotos ansehen – und fehlende Informationen hinzufügen oder eigene Fotos hochladen.“, freut sich Kristin Baber, Projektkoordinatorin von museum4punkt0 in Görlitz.
Das Fotoportal entstand im Rahmen des Verbundprojekts „museum4punkt0 – Digitale Strategien für das Museum der Zukunft“. Museum4punkt0 ist ein Verbundprojekt für digitale Kulturvermittlung in Deutschland. „Über Institutionsgrenzen hinweg und disziplinübergreifend entwickeln wir digitale Angebote für neue Arten des Lernens, Erlebens und Partizipierens im Museum. Im Praxistest zeigen wir, was digitale Vermittlung für die Strukturen der Häuser bedeutet“, meint das Senckenberg-Museum selbst zu dem Projekt.