Kathrin Uhlemann will in Niesky Oberbürgermeisterin werden
Kathrin Uhlemann fährt gerne Rad, muss sich aber auch den Bahnproblemen in Niesky stellen. Foto: Tine Jurtz
Bei der Oberbürgermeisterwahl in Niesky schickt die CDU am 7. November nicht mehr Beate Hoffmann ins Rennen, sondern unterstützt nun die parteilose Kathrin Uhlemann. Wieso Niesky für sie eine ideale Größe nicht nur für Projekte habe, verriet sie dem Niederschlesischen Kurier.
Niesky. Dass Kathrin Uhlemann unkonventionell und lösungsorientiert ist, kommt schon bei der Verabredung zum Gespräch zum Ausdruck. Der Tag sollte für sie eigentlich in aller Frühe mit einem Termin bei der CDU starten, die die parteilose Kandidatin in Niesky ins Rennen um das Oberbürgermeisteramt schickt, doch: „Wie sieht’s denn davor aus, Ihre Redaktion ist doch gleich nebenan?“, fragt sie. Und da auch der NSK gerne den frühen Wurm fängt, schwingt sie sich noch im Dunkeln vom Rad und ist auch ohne Kaffee geistig hellwach.
Unkonventionell ist auch der Lebenslauf der in Dresden sozialisierten Kandidatin, die jedoch betont, ihr Vater stamme aus der Lausitz. Nach dem Studium der Biochemie hat sie zur Jahrtausendwende eine Tätigkeit in der Organisationen der deutschen internationalen Zusammenarbeit gefunden. In Zentralasien war sie in allen ehemaligen Sowjetrepubliken für die GiZ, die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, im Einsatz, wohnte in Kirgistan und Tadschikistan. Ihr Mann baute sich dabei eine Tätigkeit im Agrotourismus auf, führte deutsche Urlauber per Pferd in die Weiten des Landes und hat mit diesen Naturerfahrungen nun seinen Platz in der Region bei der Naturschutzstation in Förstgen gefunden.
Die 44-jährige hat für die Zeit des Wahlkampfes unbezahlten Urlaub bei der Sächsischen Agentur für Strukturentwicklung GmbH (SAS) genommen, wo sie ihre Talente ausspielt.
Sie trete mit ihrer „Schnittstellenkompetenz zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft“ und „dem Verstehen von Systemen“ an. Uhlemann ist im Gespräch durch ihre vorgebeugte Haltung stets in der Initiative und vermittelt so auch nonverbal, dass „Gestalten statt nur zu verwalten“ ihren Wesenskern ausmacht.
Dabei musste sie ihren Lebensrhythmus erst finden – die älteste ihrer drei Töchter ist geistig behindert, Kathrin Uhlemann zugleich die bestellte Betreuerin, die ihre 18-Jährige jedes zweite Wochenende vom Wohnheim in Pirna zu sich holt. Den Anspruch auf ein Tandem hat sie durchgeboxt, auf dem beide nebeneinander sitzen. „Wir fallen schon auf, wenn wir so zum Blauen Auge fahren“, sagt sie. Ihre Tochter genieße es im Mittelpunkt zu stehen, sie winkt anderen zu und habe zuletzt auch an der für sie schwierigen Herausforderung Gefallen entwickelt, Wahlpost in die Kästen zu werfen. Der Umzug nach Kosel sei so auch ein Teil der familiären Entschleunigung gewesen. „Meine Tochter gibt den Takt vor, und so ist das Tandemfahren auch für mich Hobby und Erholung“, sagt die Kandidatin, die gerne einmal wieder paddeln oder wandern würde, jedoch einräumt, dass ihre Umtriebigkeit umgekehrt dafür wiederum ein Ausgleich sei. So hat sie Kirgistan als ein Projekt den ersten inklusiven Kindergarten des Landes hinterlassen. Für die Zukunft auch ihrer Tochter entwickelt sie derzeit zwei Bauernhöfe bei Kamenz zu einem Wohn- und Arbeitshof für Behinderte und Nichtbehinderte.
Ihr eigenes Motto verbindet sie auch mit ihrer Idee. Es gehe letztlich um „mehr Bewegung in Niesky“ und aus dieser Haltung nehme sie eine Wechselstimmung in der Stadt wahr. Bei ihrer Arbeit für die SAS habe sie viele Bürgermeister im ganzen Kreis beraten und bildlich geht es vor allem darum: „Wem gelingt es auf den Strukturwandelzug aufzuspringen? Es fehlt bisher in Niesky an Projektideen, die Verlegung einer Bushaltestelle zum Beispiel ist kein Strukturwandel“, sagt sie.
Jeden Dienstag steht Uhlemann auf dem Wochenmarkt und auch vor den Bäckereien käme sie gut mit Menschen ins Gespräch, weil sich wegen Corona die Schlangen vor dem Laden bilden.
„Ich stelle ganz häufig fest, dass es den Leuten oft nur um Wahrnehmung und Anerkennung geht. Da geht es zum Beispiel um sehr alltägliche aber elementare Dinge, wie die Frage, wo auf dem Waldfriedhof welche Blumen und Grabschmuck abgelegt werden können – hier fehlt es einfach an Kommunikation und dem gemeinsamen Suchen nach Lösungen“, stellt sie fest. Bei einem sieben Jahre andauernden Oberbürgermeisteramt müsse neben wichtigen Investitionen auch der Anspruch sein, in diesen Jahren mit den meisten Menschen persönlich einmal zu sprechen. Viele haben „die lange Amtszeit gar nicht auf dem Schirm“ und seien dann umso mehr für einen Wechsel.
An dieser Stelle steht unausgesprochen die Angst vor einem blauen Votum im Raum. Uhlemann formuliert dies so: „Viele dieser Wähler sind in erster Linie verärgert und frustriert von der aktuellen Politik; es geht um echte Bürgernähe gegen das Gefühl des Abgehängtseins.“ Kommunalpolitik sei nun mal der „Ernstfall der Politik“ und hier helfe Talent für Management und Personalführung, damit die Verwaltung nahbarer werde und Politik nicht am Bürger vorbei geschehe. Im Holzbau habe sie bereits zwei Tourismusprojekte unabhängig einer eigenen Wahl aufgesetzt. Beim zweiten großen Thema TETIS ist sie verhaltener.
„TETIS ist eine Option, aber ich bin weder dafür noch dagegen“, geht sie strategisch offen an einen Prozess, denn ein Oberbürgermeister sei letztlich ein Dienstleister. „Es gilt hier einen Entscheidungsprozess der Stadt und Ihrer Bürger zu begleiten und dafür Informationen und Entscheidungsformate bereitzustellen. Natur gegen TETIS? Das ist die falsche Frage“, meint sie und will Fachreferenten organisieren und eine Studienreise nach Wegberg-Wil-denrath zur bislang größten Bahntestrecke Deutschlands. Allerdings: Als Projektexpertin weiß sicher auch Kathrin Uhlemann, welche Macht der richtig ausgewählte Referent oder Moderator haben kann.
Und hier setzt dann auch die Frage des Vertrauens ein. Das kann man vielleicht in sieben Jahren aufbauen. Kathrin Uhlemann, die das Gespräch sucht, hat dafür nur noch zwei Wochen. „Für mich hat Niesky genau die richtige Größe für kommunalpolitisches Handeln“, urteilt sie über die Stadt, in der man eigentlich fast jeden kennenlernen und eng zusammen arbeiten könne. In dieser Überzeugung sei sie hier angekommen.
Kommentare zum Artikel "Kathrin Uhlemann will in Niesky Oberbürgermeisterin werden"
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Liebe Frau Kathrin Uhlemann!
Sie waren mir erst unbekannt. Mittlerweile konnte ich mich ein wenig erkundigen. Von ihrer Vorgehensweise bin ich überzeugt. Sie wären nach meiner Meinung eine bessere Bürgermeisterin. Sie wollen Kontakt haben zu ihren Mitmenschen - somit ebenfalls der Brüdergemeine. Das ist gut. Außerdem sprechen sie sich positiv gegenüber dem Holzzentrum aus. Daher werde ich und meine Frau sie wählen.
Eine Bitte habe ich:
Bisher hat die Stadt Niesky keine Verbindung zu den Gewebetreibenden. Niesky und auch alle Abgeordneten haben keine Verbindung bei Insolvenzen. Das müsste meiner Meinung getan werden.Die Selbständigen und Unternehmen haben auch Nöte und Sorgen. Die Stadt kennt nur eine Richtung- Steuern und nichts anderes. Wir wünschen ihnen alles Gute und widmen sie sich auch dem Guten.
In Herzlichkeit Bernd und Karola Meier