Klangfarben-Klang ist wie ein Lebenselixier
Jonsdorf. „Für uns auf der Bühne war dieses Roger-Cicero-Projekt ,Zieh die Schuh aus!’ mit Lutz Krajenski, Benny Brown, Antonia Hausmann, Manuela Sieber und Nico Lohmann ein riesiger Erfolg. Wir hatten sehr viel Spaß. Alle Aktiven haben aber auch in diesen sieben Workshop-Tagen sehr, sehr viel gelernt“, resümiert Orchesterleiter Frank Hepper.
Erinnerungen an die Anfänge der Bigband
Es war 2001 für die Mitglieder der Löbauer Musikschulbigband ein unvorhersehbarer Schock, als die Ensemblearbeit wegen Baumaßnahmen für längere Zeit eingestellt werden sollte. „Als Orchesterleiter kannte ich die Begeisterung und die Hingabe aller aktiven Musiker und ihrer Familien bis dahin am besten und war daher keinesfalls bereit, dieses Musikprojekt, warum auch immer, einfach aufzugeben. Dass es in der Folge zur Vereinsgründung des Klangfarben e.V. Jonsdorf und zum Fortbestand dieser Bigband kam, war damals und ist bis heute für mich eine unglaubliche Motivation, mein Bestes dafür zu geben“, berichtet Frank Hepper.
Nationale und internationale Orchesterwettbewerbe, Tanzturniere, 15 eigene internationale Bigband-Workshops, Konzertreisen, zwei CD-Produktionen und viel Engagement jedes Vereinsmitgliedes sorgten dafür, dass junge nachrückende Orchestermitglieder die für ein Jugendorchester typischen alters- und berufsbedingten „Abgänge“ neu ausfüllen konnten.
Derzeit spielen 25 Orchestermitglieder von neun bis 61 Jahren im Ensemble, die heute aus Dresden und aus der ganzen Oberlausitz und damit auch aus dem Einzugsbereich des Niederschlesischen Kuriers kommen. Vier von ihnen sind seit 2001 dabei. „Leider steigt auch bei uns der ,Altersdurchschnitt’, da sich doch immer weniger Nachwuchs einstellt. Das dürfte viele Gründe haben, aber es ist uns bisher immer gelungen, durch eine Balance zwischen künstlerischer Forderung und individueller Wertschätzung die Besetzung spielfähig zu halten. Es gibt so einen gewissen Konsens in der Gesellschaft zur Abkehr von traditionellen Werten, die aber das ermöglichten, was wir heute als Errungenschaften betrachten. Das macht auch vor unserer Probenraumtür keinen Halt“, meint Hepp-ner.
Wie viel Mitglieder dürfen bei Konzerten ausfallen?
Und wie viel Mitglieder dürfen bei einem Konzert der Bigband Klangfarben fehlen bzw, ausfallen, sodass es nicht „auffällt“? „So lange einer da ist, kann gute Musik gemacht werden“, antwortet er. Das mit dem „Auffallen“ sei ja abhängig vom Betrachter und seiner Sichtweise. „Wir sind mit zwei, drei, vier, fünf… Musikern spielfähig. Eine klassische Bigband verlangt nun mal mindestens 17 Musiker – und diese ,Instrumentale Macht’ können wir nicht wegdiskutieren oder herunterverhandeln. Grundsätzlich ist jedes aktive Mitglied bei uns eine unverzichtbare Klangfarbe und mit jedem, der nicht da sein kann, verliert die Band einfach an Kraft und Originalität“, erklärt er.
Und wie hat die Bigband Klangfarben die Corona-Pandemie erlebt? „Da gibt es überhaupt nichts schön zu reden! In meinen Augen sind die Folgen für alle Kulturschaffenden, systembedrohend’. Obwohl wir prima zusammengehalten haben, Proben im Freien und auf den verschiedensten digitalen Wegen gemacht haben, hat es größte zusätzliche Anstrengungen erfordert, alles wieder zum Klingen zu bringen. Ein auch in dieser extremen Situation unschätzbarer Vorteil war die lange, beständige Biografie des Orchesters“, meint er.
Lustige Anekdote aus 20 Jahren
Frank Hepper könnte sicher so manche lustige Anekdote aus der 20-jährigen Geschichte der Bigband Klangfarben erzählen. Nur eine kleine Kostprobe davon: „Am Beginn unseres Workshop-Abschlusskonzertes 2016 in Zittau kam es unvorhersehbar zu einem Beleuchtungs-Blackout auf der Bühne, sodass keiner mehr seine Noten sah. Also spielten alle irgendwie das, was in den Proben im Unterbewusstsein hängengeblieben war, auswendig, bis das Licht wieder da war. Ich war über das sich doch langsam ausbreitende Musikchaos verzweifelt, dirigierte laut singend irgendeinen Schluss und wollte völlig verärgert von der Bühne gehen.“ Das Publikum habe aber geklatscht. „In der Bühnengasse stand unser damaliger Workshop-Mentor Prof. Jiggs Whigham (USA) lachend im Wege und sagte zu mir: ,Heppy, das spielst du noch mal richtig’,“ erzählt er. Frank Hepper drehte sich also um, zählte das Stück erneut ein und das Orchester spielte es ein zweites Mal, jetzt mit Licht: „In der Konzertpause gab es aus dem Publikum keinen, der mich wegen der Panne angesprochen hätte und viele fanden es eine gute Idee, mal im absoluten Dunkel zu spielen. Man könne sich da besonders auf das Hören konzentrieren!“
Zusammengehörigkeitsgefühl bei Klangfarben
Zusammen schweißt die Bigband Klangfarben nach Ansicht von Frank Hepper vielleicht für die 20 Jahre diese einmalige musikalische Harmonie von Demokratie und Diktatur im Orchester! Und dann sei es die Freude am Talent und der Kreativität des Anderen. „Ich lege größten Wert darauf, dass im Orchester ausnahmslos jedem, unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit, uneingeschränkte Anerkennung und Respekt entgegengebracht wird. Aber im Interesse der Qualität und der Leistungsträger im Orchester ist es auch eine Frage des Respektes, bestmöglich vorbereitet zu den Proben und Konzerten zu kommen. Da bin ich unerbittlich – auch immer wieder zu mir selbst.“ Und er fährt in diesem Zuge fort: „Uns schweißt natürlich auch die Freude an richtig swingender, jazzlastiger Musik, die vielen ungezählten Konzerterlebnisse, erfolgreiche Wettbewerbe und Workshops, die Wertschätzung unserer Musik durch unsere Gastmentoren, Sponsoren und Fans und – das wichtigste – die besondere Dynamik unseres Orchesterklanges zusammen. Für mich ist dieser besondere Klangfarben-Klang wie ein Lebenselixier, der in mir immer wieder aufs Neue ganz viel Kreativität freisetzt.“
Frank Hepper wünscht sich, „dass es einfach so im Orchester weitergeht, dass wir von dieser unsäglichen Pandemiegeisel befreit werden und nicht dem Irrsinn einer schleichenden Gewöhnung an sie verfallen, dass auch zukünftig originelle Klangfarben aus der Oberlausitz bei uns ihren Sound entwickeln lernen und das Orchester auf ihre Weise mit ,einfärben’, dass unsere Musik hier in der Oberlausitz auch in Zukunft keinen Platz für Trennendes lässt und natürlich, dass alle gesund bleiben.“ Frank Hepper dankt im Namen aller „Klangfarben“ allen, „die unser Orchester in den 20 Jahren so herzlich angenommen, begleitet, geprägt und unterstützt haben.“