„Klare Leitplanken sind uns vorgegeben“
Bautzens OB Alexander Ahrens in der Zwickmühle: Würde gern viel schaffen, aber die rechtlichen Vorgaben sind hoch. Foto: RK
Gut anderthalb Jahre wird die einstige CDU-Hochburg Bautzen nun schon von einem parteilosen Oberbürgermeister regiert – und dazu noch von einem Mann, der sich dem linken Spektrum nahe fühlt. Das führt dazu, dass Kritiker ein besonderes Auge auf das Oberhaupt der Stadt haben. OLK-Redakteur Roland Kaiser traf sich mit Alexander Ahrens, um eine Zwischenbilanz zu ziehen.
Das neue Jahr ist zwar noch recht jung. Aber, Herr Ahrens, welche Herausforderungen mussten Sie in den ersten anderthalb Monaten bereits meistern?
Alexander Ahrens: Das ist eine Angelegenheit, mit der ich noch nicht im Detail an die Öffentlichkeit gehen kann. Es handelt sich um eine Neuansiedlung im produzierenden Gewerbe in Salzenforst mit Arbeitsplätzen in nicht geringerer Zahl, die auch ein Gewinn für die Stadt Bautzen sein wird. Davon bin ich überzeugt. Allerdings haben wir noch kein grünes Licht von allen Seiten.
Im Wahlkampf im Jahr 2015 hatten Sie Ihren Wählern große Dinge versprochen. Dazu zählten eine Disko, die Belebung einer Brache am Lauengraben oder eine Bewerbung um die Landesgartenschau. Was ist aus all diesen Dingen geworden? Immerhin, besagte Brache haben Sie ja bereits erworben.
Alexander Ahrens: Ich habe auch damals schon gesagt, dass es nicht darum geht, eine städtische Disko zu schaffen. Vielmehr wollen wir die Bedingungen verbessern, damit Bautzen interessant für die Betreiber solcher Veranstaltungshäuser wird. Deshalb haben wir die Vergnügungssteuer auf Tanzveranstaltungen, die im Übrigen extrem hoch war, ersatzlos gestrichen. Im Ergebnis ist es so, dass wir mit dem „Mono“ in der Steinstraße eine erste neue Veranstaltungs-Location in der Stadt vorfinden. Eine weitere Anfrage zur Wiederbelebung einer früheren Diskothek gibt es. Allerdings ist es dabei vorerst geblieben. Gut Ding will Weile haben, aber ich bin zuversichtlich, dass sich auf diesem Sektor etwas tun wird. In punkto Landesgartenschau sind wir nach einer Prüfung zu der Einsicht gelangt, dass die Stadt momentan über keine Flächen verfügt, auf der sich solch ein Großereignis ausrichten lässt. Auch ein Gelände am Stausee ist nicht dazu geeignet, um mit den Fördermitteln, die es vom Freistaat gibt, etwas Nachhaltiges einzurichten. Und solange das Ganze ohne jeglichen nachhaltigen Effekt ist, wird sich eine Ausrichtung der Landesgartenschau keinesfalls für die Kommune rechnen. Daher ist das Thema momentan auf Eis gelegt. Es lässt sich aber jederzeit wiederbeleben.
Am Lauengraben – Sie sprachen eines meiner Objekte an, das sich auf dem Areal befindet – sind inzwischen erste Gespräche und Verhandlungen mit einer Immobiliengesellschaft im Gange, der auch das Filetstück gehört und die noch immer bestimmte Pläne verfolgt. In dem Fall werden wir schon bald soweit sein, dass wir die Bürgerinnen und Bürger einbinden können, um ihnen bestimmte Entwürfe vorzustellen. Wenn die Stadt die von mir erworbene Immobilie benötigt, würde ich sie veräußern. Das war auch der Sinn der Übung. Ich wollte damit eine weitere Aufteilung von Grundstücken verhindern. Entstehen soll vor Ort eine geschlossene Blockrandbebauung mit einem öffentlich begehbaren und grünen Innenhofbereich.
In dem Fall bietet es sich an zu fragen, an welchen Immobilien Sie persönlich noch interessiert sind und warum.
Alexander Ahrens: Ich habe schon die eine oder andere Immobilie hier in der Stadt gekauft. Derzeit bin ich dabei, mein Immobilienvermögen von Berlin nach Bautzen umzuschichten, weil ich mich der Stadt ganz und gar verschrieben habe. Grundsätzlich bin ich an alten Gebäuden interessiert, die bislang nicht saniert, aber doch zu retten sind.
Vor wenigen Tagen waren Sie, Herr Oberbürgermeister, in Berlin bei der Onnasch-Gruppe, um gemeinsam mit den Eigentümern einen möglichen Kauf der „Krone“ auszuloten. Welche Chancen räumen Sie mittlerweile einem Erwerb durch die Stadt ein?
Alexander Ahrens: Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt schwer sagen. Die Stadt ist anders als die Onnasch-Gruppe kein privates Wohnungsunternehmen und setzt daher auch andere Maßstäbe. Das kann dazu führen, dass es am Ende zu keiner Einigung mit dem Hauseigentümer kommt. Für Onnasch verständliche Positionen können von der Stadt aus rechtlichen Gründen mitunter nicht geteilt werden. Obendrein ist der Aspekt der Wirtschaftlichkeit für die Stadt auch nicht in privatrechtlicher Form gegeben, wir müssen uns nach öffentlich-rechtlichen Vorgaben für Wirtschaftlichkeitsüberlegungen richten. Andererseits ist das Gelände für uns hochinteressant. Das habe ich in dem Gespräch in Berlin auch deutlich gemacht, aber eben nicht um jeden Preis. Wir werden zu Konditionen, zu denen wir nicht dürfen, auch nicht übernehmen können. Das wird selbst der Stadtrat nicht ändern können.
Angenommen, die Stadt erwirbt das Areal. Was ließe sich daraus machen?
Alexander Ahrens: Was definitiv nicht geht, sollte die Stadt die Immobilie doch übernehmen, ein neues Veranstaltungshaus daraus zu machen. Aus wirtschaftlichen Gründen und aus Sicht brandschutzrechtlicher Aspekte müssten wir die alte Konstruktion faktisch abreißen. Für ein neu zu errichtendes Veranstaltungshaus an solch einer Stelle im Stadtgebiet eine Baugenehmigung zu erhalten, das betrachte ich als schier unmöglich. Wir wissen zwar um den Bedarf einer Stadthalle, werden ihn aber an diesem Ort nicht erfüllen können. Das Gelände ist dennoch interessant für die Kommune, da dort eine Lücke klafft in der Randbebauung. Außerdem gibt es einen gut frequentierten Parkplatz, der auch Einnahmen bringt. Das allein sind schon Aspekte, die uns dazu bewegen, mit dem Eigentümer zu verhandeln. Aber wir müssen uns auch fragen, wo die eigentlichen Kernaufgaben der Stadt liegen. Da sind uns ganz klare Leitplanken vorgegeben. Wir werden nach der Stadtratssitzung am 1. März der Onnasch-Gruppe eine Stellungnahme zukommen lassen, damit sie weiß, woran sie ist. Zurzeit sieht alles danach aus, dass wir das Angebot, die „Krone“ für 3,4 Millionen Euro zu erwerben, nicht mittragen dürfen.
Anderes Thema: Für Irritationen bei einigen Ihrer Amtskollegen in der Region sorgte der Einsatz Ihres Privatautos als Dienstwagen. Welche Vorteile bringt diese doch außergewöhnliche Verfahrensweise?
Alexander Ahrens: Die Stadt spart dadurch bis zu 8.000 Euro im Jahr.
Privat begeistern Sie sich für den Eishockeysport – das ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Sie selbst schwingen sich auch hin und wieder in Schlittschuhe und greifen zum Schläger. Könnten Sie sich das auch in der Stadt vorstellen, die Sie managen?
Droht OB Alexander Ahrens zum Papiertiger zu werden? In vielen Dingen sind ihm, wie er selbst sagt, die Hände gebunden. Foto: RK
Alexander Ahrens: Selbstverständlich würde ich viel lieber in Bautzen trainieren als im 50 Kilometer entfernten Weißwasser. Allerdings weiß ich im Moment nicht, wie wir den Bau einer Eishalle mit kommunalen Mitteln hinbekommen sollen. Natürlich ist das etwas ganz Tolles, aber eben auch etwas Extravagantes, für das wir nach meiner Einschätzung kein Geld übrig haben. Wir müssen mit den der Stadt zur Verfügung stehenden Finanzmitteln sorgfältig und vorsichtig haushalten. Und die werden zur Finanzierung einer neuen Grundschule und von Straßenerneuerungen benötigt. Auch Schulturnhallen sind ein wichtiges Thema.
Damit haben Sie einen Teil der Entwicklung von Bautzen bereits vorgegeben. Wo sehen Sie die Stadt in den kommenden fünf Jahren vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht?
Alexander Ahrens: Da bin ich recht optimistisch für die Stadt. Unsere Lage an der Autobahn A 4 beschert uns eine wachsende Nachfrage von international agierenden Investoren. Sie haben inzwischen erkannt, wie wichtig die Verkehrsachse zwischen West und Ost ist. Ihnen ist es egal, wo sie sich zwischen Dresden und Breslau niederlassen. In dem Fall hat Bautzen als Wirtschaftsmotor in der Region gute Karten. Allerdings verfügen wir über keine riesigen Flächen, um allen Anfragen gerecht werden zu können. Das Gewerbegebiet Salzenforst dürfte demnächst zu 100 Prozent ausgelastet sein. Auch in Nord an der A 4 geht die Tendenz in diese Richtung. Unsere Aufgabe wird es sein, neue Flächen zu entwickeln. Da kommen wir nicht drum herum. Entsprechende Gespräche mit Grundstücksbesitzern laufen. Ich bin zuversichtlich, dass die Nachfrage weiter anhalten wird, und wenn wir das politisch geschickt untersetzen, dann wird sich selbst der Trend, dass Menschen wieder zurück in die alte Heimat kommen, verstärken. Was den Einzelhandel anbelangt, haben wir es mit verschiedenen Problemen zu tun. Dazu gehören die zum Teil schon horrenden Mieten, die beispielsweise in der Reichenstraße gefordert werden. Die Gefahr ist groß, dass dort weitere Geschäfte schließen. Das können wir dadurch auffangen, indem wir Alternativstandorte wie die Wendische Straße weiter entwickeln. Der Einzelhandel tut sich allgemein schwer gegen die Konkurrenz aus dem Internet. Wir sehen einen Markt, der allgemein im Umbruch ist. Bautzen würde sich deshalb für hochwertige Nischenprodukte anbieten, die auch schon mancherorts erhältlich sind. In diesem Zusammenhang haben wir die Stelle eines so genannten Leerstandsmanagers geschaffen, die jetzt noch personell untersetzt werden muss. Er soll sich unter anderem Gedanken darüber machen, wie sich verwaiste Ladenlokale wieder beleben lassen. Unabhängig davon muss die Stadt versuchen, im wirtschaftlichen und touristischen Bereich weitere Einnahmen zu akquirieren, um den hohen Standard, den wir hier haben, zu halten.
Die Zeit der großen Ansiedlungen ist vorbei, soll Ihr Wirtschaftsförderer vor einigen Wochen geäußert haben. Daraufhin haben Sie versucht, das Ganze etwas zu relativieren. Für mich ergibt sich die Frage: Wie ist es um die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und der Wirtschaftsförderung bestellt?
Alexander Ahrens: Es gibt nach wie vor ein gutes Zusammenarbeiten hier im Haus. Die Wirtschaftsförderung ist mir direkt unterstellt, und ich führe Ansiedlungsgespräche auch höchstpersönlich. In dem Fall kommt mir zugute, dass ich zuvor mehrere Jahre im Ausland für die deutsche Industrie gearbeitet habe. Das ist ein Feld, das mir vertraut ist.
Aus Bischofswerda hat die Stadt eine Idee übernommen – und zwar die Einführung eines Bürgerhaushaltes. Wie soll der finanziell ausgestattet sein und welche Maßnahmen lassen sich darüber finanzieren?
Alexander Ahrens: Der Gedanke ist von der CDU aufgegriffen worden. Anfangs wird sich der Etat auf etwa 10.000 Euro pro Jahr belaufen. Bürger können sich innerhalb eines noch auszulobenden Ideenwettbewerbs mit ihren Vorschlägen ans Rathaus wenden. Den Zuschlag für eine Förderung können mehrere Bürgerprojekte erhalten oder auch nur eines. Mit dem Stadtrat müssen wir noch das Entscheidungsverfahren klären. Auf jeden Fall möchten wir auf diese Weise eine stärkere Identifikation mit der eigenen Wohngegend und mit der Stadt erreichen. In diesem Jahr soll es quasi eine Übergangslösung geben. 2018 ist die Summe dann fest als Haushaltsposten eingeplant.
Vielen Dank für das Gespräch!
Kommentare zum Artikel "„Klare Leitplanken sind uns vorgegeben“"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Roland Kaiser: Mit Journalismus hat das nichts zu tun
"Gut anderthalb Jahre wird die einstige CDU-Hochburg Bautzen nun schon von einem parteilosen Oberbürgermeister regiert – und dazu noch von einem Mann, der sich dem linken Spektrum nahe fühlt." ......
Und was geht es einen "unabhängigen" Journalisten an: In dem Fall bietet es sich an zu fragen, an welchen Immobilien Sie persönlich noch interessiert sind und warum. Herr Roland Kaiser, das geht zu weit, es ist nicht nur meine Meinung, die Leute, die IHr Wurstblatt gelesen haben, sind empört, es ist nicht nur mein Standpunkt, Freunde haben mich animiert, ihre dekadenten Äußerungen, fern von jeglichem sauberen Journalismus, zu kommentieren. Wenn das so weitergeht, ungelesen in die Tonne...