Kommentar: Lukas Rietzschel nervt Görlitz

Lukas Rietzschel (links) kurz vor dem Heute-Journal-Interview von Moderator Christian Sievers mit ihm bei der Liveübertragung vom Obermarkt am 29. August 2024 Foto: Till Scholtz-Knobloch
Kommentar. Kennen Sie das auch? Sie schauen einen TV-Beitrag über ein Tierheim und wissen ganz genau, dass als Hintergrundmusik gleich „Who let the dogs out?“kommt. Oder ein Sportler tritt ab und schon dudelt: „Time to say goodbye“. Oder es geht um Görlitz und schon wird Ossi Lukas Rietzschel als Erklärbär für Wessis ins Bild gezerrt, wieso der Ossi, speziell der in der östlichsten und damit dümmlichsten Stadt Deutschlands, so fürchterlich reflexionsarm drauf ist. Die Rietzschel-Choreografie entfaltete sich schleichend. Ein Buch, das entsprechende Sinnzusammenhänge anbahnte, wurde erst hier und da mit Preisen überhäuft und dann wurde der Mann dahinter in Szene gesetzt. Rietzschel darf ins Bild, wenn der Bundespräsident nach Görlitz kommt oder das Heute Journal. Aktuell hat er nun einen eher ermüdenden – weil die bisherige Leier nur oberflächlich für 2025 überarbeiteten – Meinungsbeitrag für den Spiegel verfasst, der am 5. April erschien. In dem wird nun unter Missbrauch Friedrich Dürrenmatts von ihm erläutert, wieso der vergleichsweise bitterarme Winfried Stöker und nicht Bill Gates, Jeff Bezos, Larry Fink oder Peter Thiel die Welt gefährdet. Hingegen aber natürlich Elon Musk. Wohlgemerkt im Beitrag über Görlitz! Das Abhaken von den richtig durchnummerierten Baukastensteinchen in Dauerschleife gilt heute als genau das passende Instrument in den Medienkonzernen, an deren Spitzen sich die „guten“ Milliarden der sogenannten „Philanthropen“ stapeln, die nicht Stöcker oder Musk heißen. Wer von den oben Genannten hatte noch gleich dem Spiegel Millionen für „unabhängigen“ Journalismus überwiesen? Große Literaten wie Gerhart Hauptmann haben sich einst mit den Mächtigen angelegt. Kaiser Wilhelm II. kündigte 1894 aus Protest gegen Hauptmanns sozialkritisches Stück „Die Weber“ seine Loge im Deutschen Theater in Berlin. Hauptmann widerstand später dem Nationalsozialismus nicht, aber da war er schon 70 Jahre alt. Lukas Rietzschel ist heute 31. Vielleicht nimmt er in den kommenden 39 Jahren noch einen ungekehrten Erkenntnisweg, sich einmal nicht mehr anzudienen.