Kreiselternrat mahnt Politik zum Handeln
Unterrichtsausfälle an den Schulen in der Oberlausitz sind keine Seltenheit. Um diese Problematik angehen zu können, bedarf es mehr Lehrpersonal. Doch das entscheidet sich oft für andere Regionen. Foto: Archiv
Die Situation sei für alle Beteiligten eine Belastung, heißt es vonseiten des in Bautzen ansässigen Landesamtes für Schule und Bildung in Hinblick auf den Lehrkräftemangel in so manchen Unterrichtsfächern. Der Kreiselternrat sieht die Politik in der Pflicht, um entsprechend gegenzusteuern. Er hat auch schon eine Idee, wie das funktionieren könnte.
Region. Auf der einen Seite fallen Stunden aus, auf der anderen werden einige Unterrichtsfächer nur noch eher stiefmütterlich behandelt. Im Bildungswesen, auf dessen Stärke der Freistaat in der Vergangenheit stets mit stolzer Brust verwies, ist der Wurm drin. Als Hauptgrund dafür haben die Kreiselternräte in den Landkreisen Bautzen und Görlitz einen massiven Lehrermangel in der Region ausgemacht. Der unbefriedigenden Entwicklung wollen sie nun entgegentreten. Für die kommende Zeit wurde ein Bildungsforum in Aussicht gestellt, bei dem gemeinsam mit betroffenen Eltern und Schülern die aktuelle Lage und mögliche Auswege aus dem Dilemma diskutiert werden sollen. Der genaue Termin dafür stehe noch nicht fest, so der Vorsitzende des Bautzener Kreiselternrates, Mario Metzner. Für ihn ist jedoch bereits jetzt klar, dass die Ergebnisse der Zusammenkunft der Landesregierung in Dresden nicht vorenthalten werden.
„Wir wollen keine Schuldzuweisungen vornehmen. Darin sind wir uns zumindest im Landkreis Bautzen einig, denn die helfen niemandem weiter“, erklärte der 47-Jährige auf die Situation in so manchen Klassenräumen. Noch vor der Corona-Krise hatte das Kultusministerium eine Einkürzung der Stundentafel vorgenommen, diese aber in erster Linie nicht mit dem Mangel an Pädagogen in Verbindung gebracht, sondern mit einer Entlastung der Schüler. Auch die 2018 eingeführte Verbeamtung von Lehrkräften bis zu einem Alter von 42 Jahren steht bereits wieder zur Disposition. Sie soll nach bisherigem Stand Ende 2023 auslaufen. Eine mögliche Verlängerung wird in den Reihen des Koalitionspartners SPD kritisch gesehen.
All das zusammengenommen reichte den 130 Mitgliedern des Bautzener Kreiselternrates aus, um eine Aktion ins Leben zu rufen. Sie verteilten Rundschreiben an Bildungseinrichtungen und erklärten diese kurzerhand einen Tag lang für geschlossen. Das Ganze sei als symbolischer Akt zu verstehen, schränkte Mario Metzner ein. „Damit soll auf den sich abzeichnenden dauerhaften Lehrermangel in unserer Region aufmerksam gemacht werden“, erklärte er. „Wir Elternvertreter spiegeln hiermit den Ist-Zustand und ein Bild der zukünftigen Realität wider.“ Der Trend in puncto Unterrichtsausfall zeige weiter nach oben. Das habe Folgen: „Aufgrund von fehlenden Lehrerinnen und Lehrern kann bereits heute die Grundversorgung an vielen Schulen nicht mehr gewährleistet werden. Dieses ist über alle Schularten im gesamten Gebiet der beiden Landkreise der Fall.“
Dieses Phänomen ist dem Landesamt für Schule und Bildung (LASUB) bekannt, wie eine Anfrage bei der Außenstelle in Bautzen zeigt. „Die Stellenbesetzung im Bereich ist insgesamt seit Jahren nicht einfach“, räumte Behördensprecher Roman Schulz ein. In dem Zusammenhang ging er auf einen Aspekt ein, den die Kreiselternräte gern abgestellt wüssten: „Junge Absolventen zieht es eher in die Ballungsräume.“ Es sei äußerst schwierig geworden, Bewerber für Regionen wie die Oberlausitz zu begeistern. Und auch damit hielt der LASUB-Mitarbeiter nicht hinterm Berg: „Aktuell führt eine eher knappe Stellenbesetzung mit nur sehr geringen Reserven relativ schnell zu Problemen. Über die Auswirkungen müssen wir nicht schweigen, denn leider führen dann bereits einzelne ‚Störungen‘ zu möglichen Beeinträchtigungen der Stundentafel.“ Als Beispiele dafür führte er Corona-Erkrankungen, Langzeiterkrankungen, Quarantäne, den Mutterschutz für schwangere Lehrkräfte, Unfälle und ungeplante Operationen an. „Auftretende Ausfälle sind nur noch schwer zu kompensieren.“
Deshalb wenden sich die Elternvertreter jetzt mit eigenen Überlegungen an die Politik und Bürgermeister. Angeregt wird beispielsweise eine Lehrerausbildung im ländlichen Raum, um für den dort stattfindenden Unterricht direkt Fachkräfte zu gewinnen. Zugleich sollten, so die Wunschvorstellung, Kommunen in den Landkreisen Bautzen und Görlitz ihre Attraktivität erhöhen, damit die Wahl von frisch ausgebildeten Lehrkräften nicht in erster Linie auf die Ballungsräume Dresden, Leipzig, Chemnitz und Zwickau fällt, während auf dem platten Land ein Lehrer nach dem anderen in den Ruhestand wechselt.
„Wir Eltern werden im Frühjahr 2022 eine Plattform für eine ergebnisoffene Arbeit mit dem Oberlausitzer Bildungsforum anbieten“, sagte Mario Metzner. „Diese soll in einer konstruktiven, unparteiischen Bearbeitung neben der informativen Darstellung auch mögliche Lösungen des Problems Lehrermangel ausführen und angehen.“ Wer sich dem anschließen möchte, könne sich gern mit eigenen Ideen und Vorstellungen einbringen.
Unabhängig davon zeigt sich das Landesamt eigenen Angaben zufolge bestrebt, Lehrkräfte in die Oberlausitz zu lotsen. „Auf allen öffentlichen Veranstaltungen, an denen Vertreter des Standortes Bautzen teilnehmen, wird die Gelegenheit genutzt, für Lehrkräfte zu werben“, meinte Roman Schulz.