Kretschmer im Löbauer Impfzentrum: Die „Granitschädel“ überzeugen
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer im Gespräch mit Impfarzt Torsten Herzog im Impfzentrum Löbau.
Löbau. Ein Besuch im Löbauer Impfzentrum zeigt: Das Rennen ist noch nicht gewonnen. Gähnende Leere herrscht an jenem Freitagmorgen im Messezentrum Löbau. Hier, wo der Landkreis Görlitz seit Anfang des Jahres sein Corona-Impfzentrum betreibt und wo sich im Frühjahr an manchen Tagen hunderte Menschen am Eingang drängten, tröpfelt nur hin und wieder mal ein Besucher durch die Einlasskontrolle. Matthias Reuter bestätigt, dass dies nicht nur eine zufällige Momentaufnahme ist. „Seit genug Impfstoff da ist, müssen wir leider feststellen, dass die Impfbereitschaft der Leute deutlich zurückgegangen ist“, erklärt der Sozialplaner im Landratsamt Görlitz, der zurzeit die Funktion des Impfkoordinators inne hat. Etwa 700, 800 Impfungen finden derzeit pro Tag in Löbau statt, die Kapazitäten reichen für mehr als doppelt so viele.
„Meine Eltern wurden hier geimpft“
Grund genug für den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, an diesem Tag das Impfzentrum seines Heimatlandkreises zu besuchen. Er hat seine beiden Impfungen mit Astrazeneca erhalten und freut sich nun über den Status eines vollständig Geimpften. „In dem Moment, als ich meine Zweitimpfung erhalten hatte, überkam mich ein Gefühl großer Erleichterung, nunmehr bestmöglich vor dieser potenziell tödlichen Krankheit geschützt zu sein“, bekennt Kretschmer. Seine Eltern und viele seiner Verwandten seien in Löbau geimpft worden, dafür empfinde er große Dankbarkeit gegenüber allen im Impfzentrum Tätigen. Und tatsächlich sei die Zahl der schwer Erkrankten unter den vollständig Geimpften sehr gering, auch im Hinblick auf die Delta-Variante. „Jetzt ist es an uns, den Granitschädeln in der Oberlausitz zu sagen: Es geht nicht nur um euren eigenen Schutz, sondern auch um den Schutz derjenigen, die sich nicht oder noch nicht impfen lassen können.“ Dabei hat der Ministerpräsident insbesondere die Kinder unter zwölf Jahren im Blick, für die es keine Impfempfehlung gibt.
Einer, der die im Normalfall augenzwinkernd und keineswegs beleidigend gemeinte Bezeichnung „Granitschädel“ gern für sich in Anspruch nimmt, ist der unlängst aus dem Amt geschiedene frühere Löbauer Oberbürgermeister Dietmar Buchholz, der von einer schweren Covid19-Erkrankung genesen ist: „Das ist wirklich kein Spaß. Ich bin zum Glück wieder auf dem Posten, kenne aber viele, denen es nicht wieder so gut geht wie mir.“
Extrem niederschwellige Angebote
Matthias Reuter hat sich durchaus Gedanken gemacht, woran die gesunkene Impfbereitschaft liegt, kann hierzu aber nur Vermutungen anstellen: „Genau wissen wir es nicht. Ich kann mir vorstellen, dass diejenigen, die dringend eine Impfung haben wollten, jetzt geimpft sind.“ Wer bisher der Impfung skeptisch gegenüberstand, werde dies auch weiterhin tun. Hinzu komme die Urlaubszeit und wohl auch eine gewisse Sorglosigkeit angesichts der im Bundesvergleich derzeit sehr niedrigen Inzidenz im Landkreis Görlitz. Doch was soll das Landratsamt in dieser Situation tun? Die Antwort gibt Sozialdezernentin Martina Weber: „Wir müssen weiterhin versuchen, die Menschen aufzuklären und durch unsere mobilen Teams extrem niedrigschwellige Impfangebote schaffen – auf öffentlichen Plätzen, vor dem Tierpark oder bei Kulturveranstaltungen.“ Ohne Anmeldung, nur mit Impfausweis und Chipkarte, im Notfall auch ohne soll so jeder ohne große eigene Anstrengungen zu seinem „Piks“ kommen.
In den Arztpraxen läuft es besser
Im Vergleich zum Impfzentrum läuft die Kampagne in den Arztpraxen noch recht gut. „Derzeit impfen 170 Arztpraxen im Landkreis, doch auch hier wird sich in der Urlaubszeit der ein oder andere zeitweilig abmelden“, meint der Impfkoordinator. Die Zahl der Impfungen in den Arztpraxen des Landkreises Görlitz liege stabil bei etwa 5.000 pro Woche, womit Matthias Reuter zufrieden ist, auch wenn die Höchstwerte bei etwa 6.000 lagen.
Das Problem der sogenannten „Impfschwänzer“ sieht er nicht so dramatisch: „Wir wissen, dass durch die mittlerweile vielen flexiblen Angebote die Zweitimpfung nicht immer an derselben Stelle erfolgt wie die Erstimpfung. Es wäre aber schön, wenn Leute, die ihre Zweitimpfung beim Hausarzt abholen, ihren Termin im Impfzentrum absagen. Das würde es den Kollegen vor Ort erleichtern, die Termine an andere Impfwillige zu vergeben.“
Kommentare zum Artikel "Kretschmer im Löbauer Impfzentrum: Die „Granitschädel“ überzeugen"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Sehr geehrter Herr Menschner,
abgesehen davon dass der ergänzende Hinweis traurig genug ist, kann ich den Kommentar zuvor nicht verstehen.
Ich zitiere mal aus dem Text den MP, und wie Sie dann weiterschreiben:
"Es geht nicht nur um euren eigenen Schutz, sondern auch um den Schutz derjenigen, die sich nicht oder noch nicht impfen lassen können.“ Dabei hat der Ministerpräsident insbesondere die Kinder unter zwölf Jahren im Blick, für die es keine Impfempfehlung gibt.
Wenn der MP so sehnsüchtig auf die Kinder blickt, dann müssen diese armen, noch ungeimpften Kinder einem scheinbar schon leidtun???? HertaB hat also völlig richtig festgestellt, dass die Intention des Textes ganz klar eine Impfempfehlung ist. Das "trotz mehrmaligen Lesen" nicht sehen zu wollen, passt in das derzeitige Ausblenden jeder Kritik. Ich hatte auf dieser Seite schon sehr interessante Texte gelesen. Wieso nun auch hier auf einmal eine solche Anpassung?
Ergänzend sei noch angemerkt, das die sächsische Impfkommission (Siko, nicht zu verwechseln mit der Stiko des Bundes), eine Impfempfehlung für 12 bis 15jährige abgegeben hat. Siehe hier: https://www.slaek.de/de/03/36impfen/siko.php
Sehr geehrter Herr Menschner,
Kommentar der Redaktion:Ihr Artikel impliziert eine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren.
Es gibt aber laut RKI für die zwölf- bis siebzehnjährigen Kinder und Jugendlichen ohne Vorerkrankungen KEINE Empfehlung zur Impfung gegen Sars-CoV-2.
Mit besten Grüßen
Herta B.
Hallo Herta B.,
wir wissen leider trotz mehrmaligen Lesens des Artikels nicht wie Sie darauf kommen, dass Herr Menschner eine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren impliziert oder abgibt. Herr Menschner gibt in dem Artikel Aussagen verschiedener Gesprächspartner wieder.
Viele Grüße
Die Redaktion