Landeskrone verweigert sich heute als Hausberg
Oben auf der Landeskrone angekommen und den Turm im Blick, muss man weiterhin auf den herrlichen Ausblick von ihm über die Baumwipfel hinaus verzichten. Foto: Matthias Wehnert
Keine Frage, der Berzdorfer See hat die Landeskrone längst als Naherholungs-Nummer-1 der Görlitzer abgelöst. Dass es mit der Landeskrone nicht mehr richtig funktioniert, erlebte auch Thomas Hanisch bei Ausflug mit seinen Kindern.
Görlitz. Wer in historischen Postkarten der Stadt kramt weiß, wie unangefochten die Landeskrone als Görlitzer Hausberg die Ausflugskultur in der Stadt einst bestimmte. Als Fotokulisse wird der Vulkankegel im Stadtmarketing noch mitgeschleift, doch die Werbung richtet längst ihren zentralen Blick auf die heutige erlebnishungrige Generation, die ihren Kick in aufwendigen Wassersportarten, Skaten oder alternativ dazu im „Chillen“ sieht. Die Zeit, in der man einfach die Natur genoss, indem man Wanderstiefel schnürte, erscheint manchem langweilig, auch wenn es eine Trendwende gibt.
Zwar steht mit dem Wechsel der Erbbaupacht auf dem Gipfel von der Familie Daume (Rosenhof) zu Stefan Menzel, der mit der Schifffahrt auf dem Berzdorfer See selbst auch am heute „sichereren“ Ort des Zeitgeistes Gewehr bei Fuß steht, doch die Landeskrone hat es weiter verdammt schwer. Und da auch der Naturschutz eine wichtige Rolle spielt, ist noch nicht sicher, ob oben spektakuläre Bauvorhaben überhaupt möglich sein werden. 2025 steht als Rückkehr der Gastronomie oder auch für den Zugang zum Aussichtsturm im Raum, doch die Erfahrung zeigt, dass Absichtserklärungen eben Absichtserklärungen sind.
Thomas Hanisch ist jedenfalls als Görlitzer mit einer Landeskrone aufgewachsen, die die Nummer 1 für Ausflüge in Görlitz war und wollte seiner Tochter Linda (11), Tochter Felicitas (8) und Sohn Christian (4) an einem Donnerstag in der gefühlten Hochsaison der Sommerferien die Magie der höchsten Erhebung der Stadt als Generationenerlebnis weitergeben.
Und da sich nach einem Krankenbesuch im Carolus die Mittagszeit näherte, spielte Thomas Hanisch schon mal gedanklich durch, wo man denn etwas warmes zu Beißen bekommen könnte, wenn es am Gipfel nicht klappt. Dass es auf der Landeskrone derzeit weiterhin mau aussieht, hatte er also im Kalkül. Aber die Realität stellte sich schlimmer als von ihm erwartet dar.
„Oben ist alles eingezäunt, man kommt ja nicht einmal mehr den Turm hoch“. Und nicht einmal eine heiße Bockwurst als Minimalersatz sei dort zu bekommen.
Ohne Ausblick vom Turm zogen die drei also zunächst zur Bismarksäule; dort kann man wenigstens noch frei über die Baumwipfel in eine Richtung in die Ferne sehen. Doch ein Aufenthalt kann mit Kindern nicht lange sein, wenn diese um 13.00 Uhr zunehmend mit leerem Magen quengeln.
Aber, es gibt doch eine Gaststätte in der Schlaurother Straße – und auf Höhe der Straßenbahnendhaltestelle ebenso deutsche wie asiatische Gastronomie. Doch Donnerstagmittag stellten sich alle drei als geschlossen heraus, selbst das von den Kindern favorisierte asiatische Restaurant. „Juli/August – zwei Monate am Stück ist zu“, redet sich Thomas Hanisch über den Zustand heiß, dass die einstige touristische Vorzeigeattraktion auch im Umfeld des Berges nicht mehr wirklich funktioniere. Nach dem ohnehin schon zu kurz ausgefallenen Ausflug zum Gipfel mit seinen Enttäuschungen war der nächste Gedanke von Thomas Hanisch, in der Not eine Bäckerei an der Grundstraße anzusteuern. Doch auch diese war seit 12.00 Uhr bereits zu. Und noch einmal wiederholt Thomas Hanisch fassungslos: „Aber in den Ferien? Nicht mal ’ne warme Wurst, nichts im Umfeld! Der Rosenhof war mein nächster Gedanke: Kinder, Pferde – sauber, das ist es doch! Aber auch hier wird erst um 17.00 Uhr die warme Küche geöffnet. Alles steht offen, aber zunächst keine Menschenseele. Ein angetroffener Mitarbeiter meinte dann, er könnte weder eine warme Wurst, noch ein Eis anbieten“, letztlich schickte er die genervten Ausflügler zum Supermarkt in der Promena-denstraße und damit wieder weiter vom Berg weg. „Gefühlt sind das schon zwei Kilometer von der Landeskrone entfernt. Aber nur ’ne kalte Semmel, das wollte ich den hungrigen Kindern dort vom Bäcker auch nicht antun. Also landeten wir am Ende am ’Büchtemannhäusel’, wo ich die Kinder wenigstens erst einmal mit Milchshake und Eis bespaßen konnte, während mir selbst schon der Magen durchhing.“
Als erste warme Mahlzeit stieß die Familie dann fast schon am Sechsstädteplatz auf... „Döner – wieder mal Döner. Warum gibt es nichts Deutsches mehr? Nicht einmal etwas alternatives Asiatisches. Und dann haben wir den Ausflug eben im Kreuzkirchenpark ausklingen lassen, wo wir doch eigentlich ausgiebig auf die Landeskrone wollten. Was ist in dieser Stadt eigentlich los? Im Umkreis von zwei Kilometern ist alles tot!“.
Wenige Tage später unternahm Thomas Hanisch mit seinen Kindern dann einen Ausflug mit der Weißeritztalbahn im Osterzgebirge nach Kipsdorf. Die Ausflugserfahrung an der Endhaltestelle dort habe nicht viel anders ausgesehen und Thomas Hanisch sagt, er stelle sich eigentlich nicht mehr die Frage, was mit Görlitz los sei, sondern vielmehr mit Deutschland.
Update:
Investor Stefan Menzel hat Gas gegeben. Mit dem Tag des Erscheinens des Artikels im Niederschlesischen Kurier am 12. August eröffnete er zumindest bereits den Biergarten auf dem Gipfel der Landeskrone wieder. Dieser ist von Mittwoch bis Sonntag jeweils von 11.00 bis 20.00 Uhr geöffnet. Auch der Turm kann beim Besuch nun wieder bestiegen werden.