Lebensmittel und Gemüse gibt es ganzjährig direkt vom Feld
Ailyn Kleicke (40), Gründerin einer Selbstanbaugruppe auf dem Hofgut Mörl, mit im Februar frisch geernteten Feldfrüchten und Salat. Foto: Christian Hilse
Diehmen. Es ist allgemein bekannt, dass unsere Lebensmittel nicht einfach im Supermarkt wachsen. Praktisch alles, was wir essen und trinken, kommt ursprünglich aus der Natur und wird hier und dort natürlich oft noch händisch oder industriell weiterverarbeitet, verpackt und zudem in alle Welt versendet oder gar aus aller Welt bestellt – und meist rasch geliefert.
350 Hektar Fläche bewirtschaftet der Landwirt und Bio-Bauer Matthias Mörl in Diehmen (53). Foto: Christian Hilse
Nicht erst seit den Unwägbarkeiten und Veränderungen, welche bereits im Fahrwasser von Corona entstanden sind und durch aktuelle Entwicklungen noch zugenommen haben, fragen sich immer mehr Menschen, wie eine gute Ernährung auch bei einer Einschränkung von Lebensmittellieferketten, bei einem Wegfall ferner Lieferanten oder gar während konkreter Krisenszenarien sichergestellt werden kann.
Exemplarisch für die Oberlausitz mit ihren goldgelben Weizenfeldern und den von sanften Hügeln durchzogenen Ackerflächen ist der 350 Hektar umfassende Hof des Landwirtes Matthias Mörl in Diehmen. Mörl ist Bauer mit Leib und Seele und stellt nicht den absoluten Profit, sondern mehr die Bodengesundheit und das Arbeiten mit Natur und Menschen in den Fokus seines Wirkens. „Dann“, so Mörl, „sind die Ergebnisse entsprechend gut und die Produkte auch gesund für uns. Der Boden ist das A und O des Ackerbaus.“
Seit etwa 30 Jahren arbeitet Mörl mit dem biologischen Landbau, während der Umstellung Mitte der 90er noch viel mit Hacken, Striegeln und eher einfachen Werkzeugen. „Bio ist aber nicht automatisch das Beste – es kommt viel mehr darauf an, wie man es macht.“, sagt Mörl. Gute Feldfrüchte brauchen Zeit und Liebe, und natürlich ein gewisses Knowhow. Wichtig seien beispielsweise das regelmäßige Durchführen regenerativer Maßnahmen wie das großflächige Ansiedeln von Hilfspflanzen, deren Wurzeln die Bodenbelüftung verbessern, das Bodenleben aktivieren und dadurch viele Mineralien und Spurenelemente des Bodens viel bioverfügbarer für Lebensmittelpflanzen machen. Ein Ergebnis ist ein kraftvolles Wachstum auch ohne besonderen Einsatz von Düngemitteln. Auch die Wasseraufnahmekapazität des Bodens spielt eine große Rolle: „Denn einmal regnet es viel, ein andermal wieder längere Zeit nicht“. Wenn der Boden umfangreich und gut Wasser speichern könne, würden selbst längere Trockenzeiten gut ausgeglichen werden.
Vor einigen Jahren entstand aus dieser Haltung die Idee der Öffnung von Teilen der Ackerflächen für einen Selbstanbau gesunder Lebensmittel in der Region. Ailyn Kleicke (40) gründete 2021 eine Gartengruppe, die sich ständig vergrößerte und in Gewächshäusern und auf freiem Felde ganzjährig verschiedene Gemüsearten, Getreide und Salat anbaut. „Die auf diesem guten Boden wachsenden Pflanzen sind sehr kraftvoll, gesund und oft auch ungewöhnlich groß – deren Kraft spürt man regelrecht beim Essen“, so Kleicke.
Die Idee, ein wenig gute Ackerfläche zu nutzen, um selbst und weitgehend unabhängig Gemüse nach eigener Wahl anzubauen, ist in der Tat reizvoll. Ein bestimmter Betrag muss dafür monatlich zwar entrichtet werden, der jedoch eher gering ist im Vergleich zum Erntevolumen. „Mit Produkten aus dem Supermarkt kann man das ohnehin nicht vergleichen – es bedeutet zwar ein wenig Arbeit, aber die Ergebnisse sind und schmecken einfach gut“, teilen sowohl Kleicke als auch Mörl mit. Einige dieser Produkte und Bio-Fleisch aus eigener Haltung und Schlachtung gibt es auch im Hofladen auf dem Gut, der von Mörls Bruder Sebastian betrieben wird.
Aber auch im Eigenanbau und sogar im Winter können dabei viel nährstoffreiche Feldfrüchte geerntet werden, darunter Kohl, Rote Beete, Pastinaken, Karotten, Feldsalat und Rosenkohl. Denken wir einmal ein wenig nach – Möglichkeiten wie diese könnten in Zukunft wichtiger werden, und nicht nur unserer Gesundheit wegen.