Lief Görlitz in eine Welterbepleite mit Ansage?
Rechtsanwalt Arnold Fetzer ist Vorsitzender von Haus und Grund in Görlitz. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Görlitz. Der Haus- und Grundeigentümerverband ’Haus und Grund, Görlitz und Umgebung e.V.’ hegt das ungute Gefühl, das Aus im Bewerbungsverfahren für die Welterbenominierung von Görlitz (siehe Titelgeschichte Niederschlesischer Kurier vom 9. Dezember) könnte gewollt sein – und zwar zuvorderst in Görlitz selbst!
In einer vom Vorsitzenden, dem Görlitzer Rechtsanwalt Arnold Fetzer, verbreiteten Presseerklärung hieß es am Dienstag: „Alle halbherzig geführten Anträge, dass Görlitz Welterbestätte wird, sind unseres Erachtens gewollt torpediert worden. Jetzt sind wir auf dem richtigen Weg, um uns ganz ins Welterbeabseits zu schießen.“
Doch warum ist Haus und Grund zu dieser Annahme gekommen? „Den Hausbesitzern der ersten Generation nach der Wende wurde alles abverlangt. Aber alle waren am Ende stolz auf das, was erreicht wurde“, heißt es etwa; Görliwood sei Verdienst privaten Einsatzes und nicht eines Stadtrates, der Stadtverwaltung oder des Stadtplanungsamtes. Auch wenn es manche nicht gerne hören würden, „Michael Vogel und nicht zuletzt Prof. Gottfried Kiesow waren das Beste, was dieser Stadt passieren konnte. Hört endlich auf, ihr Vermächtnis in den Schmutz zu treten!“. Der Umgang mit städtischen Denkmalen habe sich negativ entwickelt, so sei die Denkmalschutzbehörde als nachgestelltes Sachgebiet zum Ableger der Stadtentwicklung degradiert worden und könne ihre Kontrollfunktion nicht mehr unabhängig erfüllen. Mit Unterstellung als Sachgebiet in das Amt für Stadtentwicklung sei das „pauschalierte Einvernehmen“ mit dem Landesamt für Denkmalpflege aufgehoben.
Im Ergebnis sei der Paternoster im Rathaus stillgelegt, Abrisse von denkmalgeschützten Häusern in der Reichert- und Rauschwalder Straße erfolgt oder der der beiden Villen neben dem City-Center drohe. Die Auflistung ist lang, zu der es letztlich heißt: „Der Charme ist hin“. Aktuell wundere man sich über die „Verschönerung der Altstadt“ mit Balkonpanels.
Im Gespräch mit der Redaktion erklärt Walter Pfitzner, der das Papier ausgearbeitet hat, zur Vorgeschichte: „Haus und Grund hatte schon 2008 mit viel Engagement mit um den Welterbetitel gekämpft. Es gab Vermittlung und Unterstützung durch Michael Kretschmer und über den Bischof bis in den Vatikan.“ Das alles sei vergessen und Hilfe einfach nie mehr nachgefragt worden.
Das hätten auch Dr. Andreas Bednarek und Frank-Ernest Nitzsche erlebt. „Letzterer bereiste halb Europa, um das Alleinstellungsmerkmal der Hallenhäuser von Görlitz zu begründen. Unseres Wissens nach ist ihm das gelungen. Wieso dann die Ablehnung der Beantragung?“ Das systemimmanente Problem führe zur Erkenntnis: „Wir sind der Meinung, dass oberster Vorgesetzter einer Unteren Denkmalschutzbehörde der Oberbürgermeister der Stadt sein muss.“ Hingegen sei ein katastrophaler Abbau von Mitarbeitern und die geplante Abschiebung der Behörde zum Landkreis zu beklagen.
Aber auch die Verengung auf die Hallenhäuser findet in der Pressemitteilung von Haus und Grund Kritik. „In Görlitz kann man noch die Gesamtentwicklung einer Stadt von der Gotik bis in die Neuzeit in dieser Größenordnung bestaunen (...) Man muss aufhören, den Streichholzschachtelbau (das versteht man heute unter der Moderne), vor allem in der Altstadt und im Nikolaiviertel, zu etablieren und damit den Hausbesitzern der ersten Generation in den Hintern zu treten. Stadtväter wacht endlich auf.“
Im Gegensatz zu Regensburg und Bamberg schreie man lieber nach Fördermitteln, erhöhe die Grundsteuer oder versuche eine Bettensteuer einzuführen. In den Gefahren der Zeit müsse man sich nun gewahr werden, „wie unsere Stadt im Kriegsfall fast ungeschützt um ihre Existenz bangen muss.“
Ein Schritt wäre es, die Gestaltungssatzung der Stadt Zittau „einfach nur abzuschreiben. Kostet also nichts. Und es hat den Vorteil, dass jeder Investor weiß, worauf er sich bei Investitionen in unserer Stadt einlässt.“âTill Scholtz-Knobloch