Losdampfen statt Machbarkeitsstudien
Rothenburgs Bürgermeister Philipp Eichler (rechts) und sein Vater Christoph bilden auch das Herzstück des Rothenburger Kleinbahnvereins. Foto: Matthias Wehnert
Horkas Bürgermeister Christoph Biele freut sich, dass Züge aus Rothenburg kommen können. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Das diesjährige Prellbockfest am Lokschuppen des Rothenburger Kleinbahnvereins ist weit mehr als sonst. Diesmal gibt es mehrtägig Dampfsonderfahrten und vor allem nun eine Perspektive für einen regulären Bahnbetrieb!
Rothenburg / Horka / Görlitz. In diesem Jahr bleibt es nicht allein beim Prellbockfest am 3. Oktober, das bei freiem Eintritt nun sogar schon um 9.00 Uhr startet. Rothenburgs Bürgermeister Philipp Eichler freut sich über den Coup, dass vom 3. bis 6. Oktober zwei Dampfsonderzüge täglich zwischen Rothenburg und Görlitz verkehren. „Man kann es also als Schienenverkehrswochenende für Rothenburg und die gesamte Oberlausitz sehen.“ Und für Eisenbahnkenner sei auch etwas dabei: „Gezogen wird unser Zug von einer 86-er Dampflok mit drei Halberstädter Reisezugwagen und einer V 100, also der typischen roten Diesellok, die zu DDR-Zeiten gelaufen ist.“ Um 9.45 und 15.45 Uhr geht es vom frisch instandgesetzten Rothenburger Bahnsteig los, 11.18 und 16.57 Uhr ertönt die Pfeife dann zur Rückfahrt in Görlitz. Die Feier geht vor allem ab, da nach langem Kampf des Vereins die Deutsche Regionaleisenbahn (DRE) nun die Genehmigung zum Streckenbetrieb erhalten hat. Und so darf in Lodenau, Rothenburg oder Horka langfristig gerne von einer nicht allein nostalgischen Rückkehr des Betriebes geträumt werden, sondern von echtem Güter- und Personenverkehr. Letzterer könnte für Schüler oder Studenten der FH Rothenburg die Abgeschiedenheit beenden. „Auf der einen Seite sind wir als Kleinbahnverein bestrebt die Strecke mit Sonderzügen zu erhalten, die Politik muss sehen, dass man dort etwas für den SPNV (den schnellen Personennahverkehr) in der Oberlausitz schafft, und da bietet es sich an, wenn man eine Strecke hat, die wieder betriebsbereit ist“, holt Eichler tief Luft für den wohl weiter notwendigen langen Atmen. Immerhin kostet eine Trassengebühr ja auch 5.000 Euro – pro Tag versteht sich.
„Wir fangen ja nicht mit irgendwelchen Machbarkeitstudien an. Es ist alles da, wir wissen genau, wo wir noch investieren müssen: Es ist erst einmal das Ziel, dass wir mit Partnern Sonderfahrten anbieten können.“ Denn: „Die Hauptuntersuchung einer Lokomotive kostet an die 50.000 Euro, bei einer Dampflok reden wir von einer halben Million Euro. Die gilt sieben Jahre und dann baut man sie noch einmal auseinander, kriegt eine neue Befristung. Unser Ziel ist es irgendwann einmal eine Lok und einen Waggon von uns fristen zu lassen.“
Den Eifer teilt Vater Christoph Eichler gern, der gegenüber der Redaktion bekennt: „Ich habe meine erste Holzeisenbahn noch von 1960. Irgendwie muss ein Gen da drin sein“. Tatkräftig bietet er im Lokschuppen gleich an: „So, meine Herren, wollen wir rausfahren?“.
„Mobilitätshub“ Horka zieht mit
Horkas Bürgermeister Christoph Biele will bei dem Tatendrang in Rothenburg gerne mitziehen. Ihn trifft die Redaktion am Haltepunkt Horka, wo er erst einmal über die Gleise mit Reisegästen über Perspektiven plaudert. Zu den Reaktivierungsperspektiven sagt er mit Blick auf den Kleinbahnverein Rothenburg: „Wir unterstützen sie bei der Streckenverfügbarmachung. Dort kann man nur gemeinsam solche Projekte angehen, denn wir alle hoffen, dass die Strecke Rothenburg-Horka wieder aktiv wird . Wir sitzen im gemeinsamen Boot, weil die Strecke von Rothenburg nach Horka über beide Gemeindefluren geht. Das heißt: Wir haben jetzt schon Schilder in den Wald gestellt, damit die Bahnübergänge im Wald nutzbar sind und wir unterstützen den Kleinbahnverein wo wir können damit die Sache läuft.“
Dabei ist Horka selbst ja nicht abgehängt. Christoph Biele sagt: „Wir sind als Horka ein Mobilitätshub! Wir können von Horka in alle Richtungen fahren und das ist strategisch eine wichtige Lage für uns. Wir sind also Dienstleister für Rothenburg, Görlitz, Weißwasser aber in Zukunft vielleicht auch von Kohlfurt (Wegliniec) – in alle Richtungen zu fahren, hier umsteigen, diese Bewegung ist ein Stück Europa. Während Richtung Nordost aber alles üblicherweise nur noch per Bus läuft, plant Biele jedoch parallel am Dasein als Güterhub, der auch auf Rothenburg abfärben dürfe, ja soll.
Und: „Wir sind an der Planung des Industriegebietes am Güterbahnhof Horka, wir planen eine 80 Hektar große Fläche links und rechts der Kreisstraße Richtung Rothenburg im nördlichen Teil und sind dort bei der Angebotsplanung.“ Der Bürgermeister räumt dabei ein: „Wir haben dort keinen Investor, der bauen will, sondern wir möchten uns insgesamt wirtschaftlich besser aufstellen, dazu bedarf es erst einer Vorleistung der Gemeinde.“ Mit den Gegnern von der Bürgerinitiative sei man im Gespräch über einen Bürgerentscheid. „Da wird es in der nächsten Gemeinderatsitzung einen Entschluss geben“. Offene Fragen gäbe es unter anderem in Naturschutzbelangen und im Schallschutz. Biele schaut, während er dies berichtet, weiter über die Gleise und scheint schon den Sonderzug am Horizont erspäht zu haben.