Mehr Prozesse: Amtsrichter lassen Corona hinter sich
Am Amtsgericht an der Lessingstraße finden nach der Lockerung der coronabedingten Einschränkungen wieder mehr Prozesse statt. Foto: Archiv
Bautzen. Die Richter am Amtsgericht Bautzen kehren wieder zum Normalbetrieb zurück. Im Vergleich zu den Wochen des Shutdowns weist der Sitzungskalender inzwischen deutlich mehr Prozesstermine aus. Als die erste Corona-Welle verbunden mit all ihren gesellschaftlichen Einschränkungen auch in der Oberlausitz ihren Höhepunkt erlebte, fanden nur vereinzelt mündliche Verhandlungen im Gerichtsgebäude an der Lessingstraße statt. „Die große Mehrheit der Richter orientiert sich in ihrer Terminierungspraxis an der Einschätzung der Fachmediziner zum Grad der Ansteckungsgefahr und den daran anknüpfenden Maßnahmen der Staatsregierung”, weiß Amtsgerichtsdirektor Markus Kadenbach. „Aus diesem Grund spiegelt sich in den wieder dichter werdenden Terminlisten auch die von der Politik eingeleitete Rückkehr zu einem normalen öffentlichen Leben wider.“
Natürlich würden weiterhin die im Zuge der Corona-Krise aufgestellten Sicherheitsvorkehrungen Gültigkeit behalten. Dazu zählt unter anderem, dass nicht jedem der Zutritt zum Gerichtsgebäude gestattet ist. „Seit Mitte März – und bis auf Weiteres – wird dieser solchen Personen verwehrt, die innerhalb der letzten 14 Tage in einem internationalen Risikogebiet oder einem besonders betroffenen Gebiet in Deutschland entsprechend der Festlegung durch das Robert Koch-Institut (RKI) waren, oder Kontakt zu einer am Corona-Virus erkrankten Person oder zu jemandem hatten, bei dem der Verdacht auf eine entsprechende Erkrankung besteht, oder selbst Symptome einer Corona-Viruserkrankung wie Husten, Fieber oder Atemnot haben”, erklärt Markus Kadenbach. „Darüber hinaus finden persönliche Vorsprachen in den Fachabteilungen zum Zwecke von Erbausschlagungen, Antragstellungen oder Grundbucheinsichten grundsätzlich nur nach vorheriger telefonischer Abstimmung statt.”
Durch diese Regulierung des Besucherverkehrs will die Leitungsebene verhindern, dass sich wartende Bürger auf den Gerichtsfluren begegnen. Eine allgemeine Maskenpflicht, die das Risiko einer möglichen Ansteckung minimieren könnte, gibt es nach Angaben des Gerichtsdirektors in dem Gebäudekomplex nicht. Diese lege ein jeder Richter für sich selbst fest. „Er entscheidet in richterlicher Unabhängigkeit darüber, welche Maßnahmen zum Infektionsschutz im Sitzungssaal getroffen werden. Diese Maßnahmen können von einer Reduzierung der Zahl der Sitzplätze für Zuschauer bis hin zur Anordnung einer Maskenpflicht reichen”, meint Markus Kadenbach.
Trotz möglichem Maskengebrauch befürchtet er keine Schwierigkeiten im Gerichtssaal: „Verständigungsschwierigkeiten treten hierdurch wie auch in einem OP-Saal oder an der Kasse im Supermarkt nicht ein.” Allerdings müssten diejenigen, die sich an die Vorgaben nicht halten, mit Sanktionen rechnen. Noch einmal der Amtsgerichtsdirektor: „Hat der Vorsitzende Richter eine Maskenpflicht für den Gerichtssaal angeordnet und leistet eine Partei, ein Beschuldigter, Zeuge, Sachverständiger oder Zuschauer der Anordnung nicht Folge, kann diese Person aus dem Sitzungszimmer entfernt werden.” Treten erschwerende Umstände hinzu, so sei der Richter zudem in der Lage, Ordnungshaft für eine Dauer von bis zu 24 Stunden anzuordnen.
Unterm Strich zeigt sich Markus Kadenbach erfreut darüber, dass die Corona-Welle zunächst keine Krankheitsfälle in seinem Hause nach sich zog. „Die Richter und anderen Bediensteten des Amtsgerichts Bautzen sind glücklicherweise bislang von einer Corona-Erkrankung verschont geblieben.“ Allerdings erfolge der interne Dienstbetrieb wie anderenorts auch unter erschwerten Umständen. Statt der früheren Besprechungen und Beratungen in den Dienstzimmern sind nun vermehrt Telefonate und Telefonkonferenzen an der Tagesordnung. Wenn die Räume aufgrund des geforderten Mindestabstandes zwischen zwei Personen nicht groß genug sind, müssen Teams auch einmal aufgeteilt werden.
Doch das scheint noch das kleinere Übel zu sein. „Auch am Gericht arbeiten Menschen, die Kinder und pflegebedürftige Angehörige zu betreuen haben”, verdeutlicht Markus Kadenbach eine weitere Herausforderung, die es jeden Tag aufs Neue zu meistern gilt. Weil vieles noch nicht so ist wie vor der Corona-Pandemie, müssten die Bediensteten ihren Berufs- und Privatalltag anders organisieren. „Zur Unterstützung bieten die Dienstvorgesetzten – auch darin unterscheiden sich Gerichte nicht von Betrieben und Behörden – die Möglichkeit von Heimarbeit, Verschiebung der Arbeitszeiten und Inanspruchnahme von Arbeitszeitguthaben an. Auf diese Weise geht Dank der Einsatzbereitschaft und Flexibilität der Bediensteten zumindest der interne Geschäftsbetrieb bei Gericht ohne Einschränkung weiter.“