Moderne Technologie für den Sport aus der Lausitz
TU-Student Jonny Fischer demonstriert, wie sich mit einfachen Mittel der 3D-Scan eines Pferderückens erstellen lässt.
Das Netzwerk „Sporttechnologie im Lausitzer Handwerk“ hat vor etwa einem Dreivierteljahr offiziell seine Arbeit aufgenommen. Doch bereits jetzt kann es einiges vorweisen.
Martin Zschieck soll gemeinsam mit einem Kollegen und einer Assistenz das „Netzwerk Sporttechnologie“ ins Rollen bringen.
Landkreis Görlitz. Diese Szenerie wirkt im ersten Moment ein wenig skurril: Ein junger Mann hat ein Smartphone an einem Selfiestick befestigt und hält es auf diese Weise etwa einen Meter über den Rücken eines Pferdes. Langsam bewegt er das Kommunikationsgerät, das ja bekanntlich auch noch viele andere Funktionen aufweisen kann, über dem Tier hin und her. „Auf diese Weise kann ich den Rücken des Pferdes millimetergenau scannen“, erklärt Jonny Fischer – so der Name des jungen Mannes – wenig später. Dafür verwendet er Face ID – eine App, die normalerweise zur Gesichtserkennung genutzt wird.
Natürlich macht Jonny Fischer das nicht, weil er gern einmal ein Pferd von oben betrachten möchte. „Die gewonnenen Daten verwenden wir dafür, einen individuell passgenauen Sattel anzufertigen“, berichtet der Student an der TU Dresden, der zurzeit in der Sattlerei von Tom Büttner mitarbeitet. Sein Chef hat den Scan unterdessen auf einem Laptop aufgerufen und bereitet die nächsten Schritte vor: „Gemeinsam mit den anatomischen Daten des Reiters oder der Reiterin können wir den Sattel nicht nur für das Pferd, sondern für jedes Pferd-Reiter-Paar maßschneidern“, erklärt der Sattlermeister. Und das nicht auf herkömmliche Weise, sondern mithilfe des 3D-Drucks.
Sportler haben dringendes Interesse
Die Entwicklung des Sattlerei-Handwerksbetriebs ist ein typisches Beispiel, wofür das Netzwerk „Sporttechnologie im Lausitzer Handwerk“ stehen möchte: Innovative Entwicklungen, die einen Beitrag zur Bewältigung des Braunkohle-Strukturwandels leisten. „Projektziel ist es, die Region als eine der deutschlandweit führenden beim Thema der innovativen Sporttechnologien zu etablieren“, erklärt in aller Bescheidenheit die Handwerkskammer Dresden, welche das Projekt unterstützt.
Diesem Ziel soll auch der Kontakt zu Hochschulen, Forschungsinstitutionen und Sportvereinen dienen. Bislang haben sich laut Pressesprecherin Carolin Hähne fünf Themennetzwerke gebildet: „Sitzen“ (wozu auch der 3D-Druck-Sattel zählt), „Sportgerät Schuh“, „Radsport“, „Verletzungsprävention“ und „Mountainbike-Streckenbau.“
Mit letzterem beschäftigt sich unter anderem die in Herrnhut-Ruppersdorf ansässige Firma Dextor Baudienstleistung, die sich im Bau von Skaterparks und Pumptracks engagiert und von Carolin Hähne als besonders aktives Mitglied im Netzwerk genannt wird. Ebenso wie der (unter anderem) in Görlitz ansässige Bikepoint Wiesner, der mithilfe von Druckpunkt-Analysen die individuell optimale Sitzposition auf dem Fahrrad ermittelt.
Das Sächsische Wirtschaftsministerium hat dem Projekt „Sporttechnologie im Lausitzer Handwerk“ eine Anschubfinanzierung in Höhe von 400.000 Euro gewährt. Eine Geschäftsstelle wurde in Weißwasser eingerichtet. Diese genügen allerdings nur für die bis Ende 2022 anvisierte Startphase. „Ab 2023 hoffen wir auf Förderung aus den Strukturwandel-Mitteln des Bundes“, erklärt Projektmitarbeiter Martin Zschieck. Er und seine Kollegen putzen lausitzweit Klinken, um möglichst viele der mehr als 5000 Handwerksbetriebe für eine Mitarbeit zu gewinnen. „Man ahnt gar nicht, wie viele Handwerkszweige dafür in Frage kommen“, meint er. Und auch von der dem Lausitzer Handwerk inne wohnenden Innovationskraft ist er nach eigenem Bekunden „schwer beeindruckt.“ Und schließlich „handelt es sich hier tatsächlich um ein Strukturwandelprojekt, das Arbeitsplätze schaffen kann“, ergänzt Ulrich Gödecke, der bei der Handwerkskammer Dresden für Regionalentwicklung zuständig ist.