MP Michael Kretschmer erhält Fachaufsichtsbeschwerde
Ein besonders in Mitleidenschaft gezogener Teil der Ortsverbindungsstraße zwischen Pließkowitz und Kleinbautzen: Bislang fehlten der Gemeinde für eine Sanierung die notwendigen Mittel. Foto: privat
Malschwitz. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bekommt in diesen Tagen Post aus einem kleinen Dorf in der Oberlausitz. Der Inhalt hat es in sich. In dem Brief, der als Fachaufsichtsbeschwerde deklariert wurde, beklagt die Bürgerinitiative (BI) „Steinbruch Pließkowitz“ stellvertretend für zahlreiche betroffene Einwohner der Gemeinde Malschwitz die aus ihrer Sicht nach wie vor unhaltbaren Zustände rund um den Tagebau und die Arbeitsweise des Sächsischen Oberbergamtes (SOBA). Insbesondere geht es den Menschen um die Folgen der Sprengungen im Steinbruch sowie den Zustand einer rund 100 Jahre alten, zum Teil noch gepflasterten Straße, die die Ortsteile Pließkowitz und Kleinbautzen miteinander verbindet. Die in der Zuständigkeit der Gemeinde befindliche Verkehrsader wird vom Bergbaubetreiber als Anlieger seit Jahren mitgenutzt.
„Im Februar 2020 fasste der Gemeinderat der Gemeinde Malschwitz den Beschluss, dass die Ortsverbindungsstraße Pließkowitz – Kleinbautzen aufgrund des Straßenzustandes durchgängig auf 7,5 Tonnen zu begrenzen ist“, heißt es in dem Zusammenhang in dem Schreiben. „Ein Bau- und ein Rechtsgutachten dazu liegen vor. Beide Gutachten machen deutlich, dass diese kleine, knapp vier Meter breite Pflasterstraße noch nie für den Schwerlastverkehr geeignet war. Bereits im Planfeststellungsverfahren 1998 zum Vorhaben Feststeinsgewinnung ‚Granodiorit Pließkowitz’ wurde festgestellt, dass es sich bei der Ortsverbindungsstraße um öffentlichen Verkehrsraum handelt. Im Rahmen der bergrechtlichen Planfeststellung kann damit keine weitere Regelung getroffen werden.“
Die BI zieht daraus folgenden Schluss: „Wenn aber die Zufahrt für ein Unternehmen dieses Ausmaßes nicht geregelt werden kann, dann darf konsequenterweise auch keine Betriebserlaubnis erteilt werden.“ Weiter schreibt sie an den MP: „Man versuchte diese Situation mit einer Straßensondernutzungserlaubnis zu umgehen. Doch eine solche ist bis zum heutigen Tage nicht auffindbar – weder beim Bergbauunternehmen noch beim OBA, nicht beim LRA und auch nicht bei der Gemeinde. Bei dem Verfahren zur Abänderung des RBP 2018 (Rahmenbetriebsplan, Anm. d. Red.) lagen also neben vielen anderen falschen Angaben auch diese vor.“ Mittlerweile habe sich der Zustand der auch von Rad- und Motorradfahrern genutzten Straße dermaßen verschlechtert, dass Gefahr in Verzug sei.
Was die Sprengungen anbelangt, wünscht sich die BI mehr Transparenz. Sie befürchtet, dass Manipulationen an den Messgeräten erfolgt sein könnten, mit denen die Detonationen überwacht werden. Einen Hinweis darauf sieht sie in den Messergebnissen, die ihr vorliegen. Zitat: „Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist jedoch, dass sich die Messwerte der Sprengerschütterung vom 3.12.2020 (2,3mm/s) enorm von den Sprengerschütterungswerten vom 17.06.2019 (0,7mm/s) unterscheiden, obwohl die Intensität der Sprengung am 17.06.2019 so groß war, dass sich Gebäudeteile bei zwei Häusern an der Kreckwitzer Straße in Kleinbautzen während der Sprengung lösten. Alle Dokumentationen dazu liegen dem SOBA vor. Da unmittelbar nach der Sprengung vom 17.06.2019 sogar ein Team des MDR vor Ort war und dieser Film auf der Facebook-Seite der BI Steinbruch Pließkowitz noch heute einsehbar ist, dürfte diese umfangreiche Dokumentation der Schäden, die während der Sprengung entstanden sind, als Beweismittel herangezogen werden.“
Die Protestbewegung bat die Staatskanzlei in Dresden darum, alle Sachverhalte noch einmal genau zu prüfen. „Diese liegen auch dem Wirtschaftsministerium vor, Konsequenzen gab es auch von dieser Seite nicht. In einem Rechtsstaat ist es allerdings so, dass Behörden dann handeln müssen, wenn Anzeigen erstattet werden. Das haben LRA, OBA und Wirtschaftsministerium zu keiner Zeit getan. Von Anfang an wurde der Bevölkerung vom OBA mitgeteilt: ‚Das haben Sie hinzunehmen.’ Das ist eine Aussage, die jegliche Rechtsstaatlichkeit ausschließt.“
Das Oberbergamt hingegen ließ bereits im vergangenen Sommer auf Anfrage wissen: „Grundsätzlich verfügt der Bergbauunternehmer über eine geltende Zulassung zum Abbau von Granodiorit. Die in die Zulassung aufgenommenen Parameter werden durch den Unternehmer eingehalten. Insoweit besteht zunächst keine Veranlassung zum Handeln. Die Sprengungen allein auf einen Verdacht hin einzustellen oder zu beschränken entbehrt der Rechtsgrundlage. Gleichwohl wird unter Einbeziehung der fachlichen Expertise des LfULG (Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Anm. d. Red.) das gesamte Sprengregime im Steinbruch gründlich geprüft. Objektiv belegbare Tatsachen, die eine Beschränkung rechtfertigen, wurden in den laufenden Untersuchungen bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht festgestellt.“
In dem Schreiben an Sachsens Ministerpräsidenten Kretschmer kontert die BI: „Die Entscheidung des OBA, dass alles in Ordnung sei, wird von den Menschen aufgrund der Beweislage nicht akzeptiert. Wir bitten Sie, auch die Ihnen von der BI zusätzlich zugängig gemachten Schreiben mit einzubeziehen. Da hier staatliche Behörden rechtswidrig gehandelt haben, erwarten die Bürger, dass der Staat genau hier eingreift und die Rechtsstaatlichkeit wieder herstellt. Dazu bedarf es keinerlei Gerichte.“