Museumsverein erinnert an Ernst Wilhelm Rietzschel
Ernst Wilhelm Rietzschel wusste die damalige Damenwelt durchaus für sich einzunehmen. Foto: Verein
Bischofswerda. Der Museums- und Geschichtsverein Bischofswerda e.V. erinnert anlässlich von dessen 200. Geburtstag an Ernst Wilhelm Rietzschel. Vereinsmitglied Hagen Conzendorf schreibt:
„Es ist verzeihlich, bei diesem Namen zuerst an den großen Bildhauer des Spätklassizismus aus Pulsnitz zu denken, aber der ist nicht gemeint. Ernst Wilhelm Rietzschel, geboren am 11. Februar 1824 in Geißmannsdorf, war ein berühmter Künstler seiner Zeit.
Seine soziale Vorbestimmung war es, hinterm Ochsengespann den Pflug in den Acker zu stemmen und seine Ernte einzubringen. Er entstammte einer Bauernfamilie. Der Vater starb, da war er noch keine sechs Jahre alt, so war jede helfende Hand nötig. Sieben Kinder musste die Mutter großziehen, aber sie hat ihrem Sohn immer helfend zur Seite gestanden.
Ernst Wilhelm zeigte schon früh ein besonderes künstlerisches Talent, sodass er es schaffte, mit Willen und Disziplin seine Standesschranken zu sprengen. Später ging er in Salons und Palästen ein und aus, mehr noch, er bereiste den Orient und die Alte Welt! Schon mit 14 Jahren schrieb er sich an der Königlich-Sächsischen Kunstakademie in Dresden ein. Das gab ihm das Rüstzeug für seinen künstlerischen Lebensweg.
Einer seiner Lehrer war der große Maler der Romantik, Ludwig Richter. Dort soll er auch dem Bildhauer Ernst Rietschel begegnet sein. Nach dem dreijährigen Kunststudium kehrte er in seine Heimat zurück, um da als Bildnismaler zu wirken. Damals wie heute ist es ein hartes Brot, von der Kunst leben zu wollen. Das musste auch Ernst Wilhelm erfahren.
Er begann, Porträts zahlungskräftiger Bürger und bald auch des Landadels zu malen. Allerdings brauchte doch kaum ein Kunde mehrere Bildnisse von sich. Bischofswerda und Umgebung waren bald abgegrast, oder besser abgemalt. So ging Rietzschel 1844 nach Löbau, wo er zirka 100 Bildnisse schuf. Kleidung musste er ansparen. Trotzdem war Ernst Wilhelm ein geselliger junger Mann, „fidel“ nannte man das damals. Er liebte das Billardspiel, dem er schon im Bischofswerdaer „Löwen“ mit Leidenschaft nachging und brachte sich das Gitarrenspiel bei. So war der junge Ernst Wilhelm Rietzschel ein überall gern gesehener Gast.
Sein Ruhm mehrte sich, Rietzschel ging erst nach Dresden, um dann die großen europäischen Kunststädte zu besuchen. In München fand er durch seine Kunst Anschluss an Kreise des Hochadels und bekam von da auch Förderung. Das brachte ihn in die Lage, zwischen 1851 und 1857 ausgedehnte Studienreisen zu unternehmen.
Rietzschel besuchte 1854 Kairo, stand vor den ägyptischen Pyramiden, ferner Alexandria, den Libanon, Bethlehem und Konstantinopel. Er verbrachte zwei Jahre in Rom und zwei Jahre in Athen. Viele Verbindungen zu anderen Künstlern gingen daraus hervor. Er beschäftigte sich mit Landschaftsmalerei und hatte ein besonderes Faible für fremdländische Trachten, wie viele Studien und Bilder aus dieser Zeit belegen. Sein Wirken in Athen gipfelte in Aufträgen für das Königshaus, für König Otto von Griechenland, ein Wittelsbacher. Die zwei offiziellen Staatsbildnisse für das Königspaar sind später nicht mehr fertig geworden.
Im Jahre 1857 ließ er sich endgültig in München nieder. Dort wurde er ein Jahr später in die Münchner Künstlergesellschaft aufgenommen. Das war eine außerordentliche Ehrung und Würdigung seines Wirkens.
In München arbeitete der gewesene Geißmannsdorfer Bauernjunge am Hof des Königs Maximilian II., so schuf er Bilder der Kinder des Königspaares. Das wurde keinem Dilettanten zugestanden! Den Titel eines Hofmalers erhielt er aber nicht von Maximilian II., denn der war bereits vergeben.
Ernst Wilhelm Rietzschel litt schon lange Jahre an der damals unheilbaren Lungenkrankheit, die wir heute Tuberkulose nennen. Er verstarb am 2. Dezember 1860 in München, wo er auf dem Südfriedhof bestattet wurde.
Dieses Künstlerleben zeigt, dass gerade wir in Bischofswerda ihn nicht vergessen dürfen! Im Jahre 2013 setzte ihm der Museums- und Geschichtsverein Bischofswerda e.V. einen Gedenkstein an seinem Geburtshaus.“