Nach 1945 wurde viel Schlesisches Porzellan zerschlagen
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In Dittmannsdorf erstrahlt nicht nur das Schloss, sondern auch die Stallungen (rechts) in renoviertem Glanz. Foto: Matthias Wehnert
Die schlesische Porzellanproduktion war einst weltbekannt und exportiere Spitzenqualtität auch nach Übersee. Manches kam aus der Görlitzer Heide. Dazu gibt es einen Vortrag in Dittmannsdorf.
Dittmannsdorf / Tiefenfurt / Waldenburg. Die Zeiten, in denen einem Brautpaar oder Jubilaren Tafelgeschirr geschenkt wurde, sind vorbei. Heute bekommen frisch Vermählte eher Geld in die Hand gedrückt. Schade, denn wer kann sich nach Jahren noch erinnern, wofür das Geld ausgegeben wurde? Dagegen können Sammeltassen oder Tischgedecke Geschichten sowohl über die Schenker als auch die Herstellerorte erzählen, die in Schlesien einst über Tiefenfurt in der Görlitzer Heide über Königszelt (Jaworzyna Slaska) bis Waldenburg (Walbrzych) oder Tillowitz (Tulowice) bei Oppeln (Opole) reichten.
Hochburg Waldenburg
Die Breslauerin Elzbieta Kondratowicz-Duda fand im Haus ihrer Großeltern eine Porzellantasse aus dem 19. Jahrhundert, ihr Interesse für schlesisches Porzellan war geweckt. Im Waldenburger Bergland und im kleineren Maßstab auch in Tiefenfurt (Parowa) waren die Bedingungen besonders gut. Vorkommen an Kohle für den Brennvorgang, die Anbindung an die Eisenbahn, und andere Rohstoffe begünstigten das Entstehen von Porzellanmanufakturen. „Die Gewerbestatistik von 1882 kannte nur zwei Porzellanfabriken im Deutschen Reich mit mehr als 1.000 Beschäftigten in den Hauptbetrieben: Karl Krister in Waldenburg und Carl Tielsch im benachbarten und heute eingemeindeten Altwasser (Stary Zdroj). Mehr als 60% aller im Königreich Preußen in der Porzellanherstellung und -Veredelung Beschäftigten arbeiteten bis zum Ersten Weltkrieg in Schlesien. Weit über die Hälfte der Produkte wurde in alle Welt exportiert und durch zahlreiche Verkaufsniederlassungen im In- und Ausland vertrieben“, schreibt Gerhard Schmidt-Stein im „Handbuch Schlesisches Porzellan vor 1945“.
Fachkräfte wurden in der 1897 gegründeten Keramischen Fachschule in Bunzlau (Boleslawiec) ausgebildet und dem 1910 an der Technischen Hochschule entstandenen Institut für feuerfeste Materialien und Keramik in Breslau. Auch einige bahnbrechende Errungenschaften in der Porzellanproduktion wurden in Schlesien entwickelt. Bei Krister in Waldenburg wurden 1840 erstmalig die Brennöfen mit Steinkohle statt mit Holz befeuert, Ohme in Niedersalzbrunn (Szczawienko) hatte als erster 1888 den keramischen Buntdruck mit Schmelzfarben eingeführt, die Waldenburger Firma A. Leisner hatte als erste das Einbrennen von Fotografien auf Porzellan angewendet.
China-Blau und China-Rot aus Tiefenfurt
Die größten schlesischen Porzellanfabriken waren zugleich die größten Deutschlands und produzierten jährlich mehrere Millionen Geschirre, sodass schlesische Porzellanproduzenten die Welt eroberten. Davon profitierte auch Tiefenort. Die große Zäsur bildete der Zweite Weltkrieg.
„Noch 1945 ging es den führenden Porzellanfabriken im Waldenburger Land gut, sie bekamen Großaufträge beispielsweise für Kantinengeschirr. Die Fabriken waren auch nicht sonderlich kriegsgeschädigt, da die Front in Striegau (Strzegom) stehen blieb“, sagt Tomasz Nochowicz, Leiter des Waldenburger Porzellanmuseums. In einem Vortrag in Breslau berichtete er kürzlich darüber, wie es nach Kriegsende mit der Porzellanproduktion in Schlesien weiterging.
So wurde zum Beispiel in der Krister-Porzellan-Manufaktur Waldenburg, die seit 1936 ins Eigentum des Rosenthal-Konzerns überging, bereits am 11. Mai 1945 die Arbeit unter polnischer Verwaltung wieder aufgenommen. Hergestellt wurde noch unter der Bodenmarke Krister mit dem Zusatz „Made in Poland“. Die Waldenburger Porzellanfabrik Tielsch, die 1932 mit dem Unternehmen Hutschnreuther fusionierte, produzierte nach dem Krieg bis 1952 unter dem Namen „Pols-ka Fabryka Porcelany Tielsch“ (Polnische Porzellanfabrik Tielsch), danach unter der Marke „Walbrzych“. Selbstverständlich bediente man sich auch der deutschen Formen und Dekore.
Mit der Schließung der letzten Produktionsstätte 2023 wurde die Porzellanproduktion dann auch im führenden Waldenburg stillgelegt. Das Porzellanmuseum erwarb die Modellwerkstatt des Krister-Nachfolgers „Krzysztof“ samt 4.000 Objekten. Nun arbeitet Nachowicz an einer großen Präsentation, die im April fertig werden soll. Hilfe holt er sich beim Sammlerehepaar Irena und Roman Gatys. Sie sind Verfasser der „Enzyklopädie Schlesischen Porzellans“ (Encyklopedia Slaskiej Porcelany), die als polnischsprachige „Porzellan-Bibel“ unter Kennern gilt.
Das Tiefenfurter Porzellan ist besonders durch seine Dekore „China-Blau“ und „China-Rot“ bekannt. 1865 hatte die Porzellanproduktion in der Görlitzer Heide begonnen. Zwei weitere Betriebe nahmen 1868 und 1890 die Produktion auf.
Demontage in Görlitzer Heide
„Die beiden älteren Unternehmen gehörten 1872 zu den ersten deutschen Porzellanfabriken, die in der Form einer Aktiengesellschaft betrieben wurden. Aus diesen gingen später die ’Schlesische Porzellanfabrik P. Donath’ und nachfolgend die „Porzellanfabrik C. H. Tuppack“ sowie die „Porzellanfabrik K. Steinmann’ hervor“, hatte Gerhard Schmidt-Stein in einem Beitrag für Haus Schlesien in Königswinter geschrieben. Von den etwa 1.350 Einwohnern seien 1939 bis zu 600 Menschen in der Porzellanindustrie beschäftigt gewesen.
Ein 1893 angestrengter Markenschutzprozess der Königlichen Porzellan-Manufaktur Meißen gegen Paul Donath aus Tiefenfurt verlor diese, womit die hohe Qualität aus Tiefenfurt erst Recht Renommee gewann. In einem Bericht von 1956 berichtete der frühere evangelische Pfarrer von Tiefenfurt, Martin Böhmelt, von einem Besuch: „Die Porzellanfabriken stehen noch, baulich am besten noch die Tuppack’sche, jedoch innen überall alles restlos demontiert.“
Die große Zeit von Tiefenfurt, das so eng mit Görlitz verbunden war, wird am 22. Februar, 13.30 Uhr, im alten Pferdestall des Gutshofes Dittmannsdorf (An der Nieskyer Straße 6, Reichenbach) noch einmal lebendig. Katrin Lübeck aus Deutsch-Paulsdorf spricht über das „Weißes Gold aus der Görlitzer Heide – Tiefenfurter Porzellan“. Dies im Rahmen des für jeden offenen Treffs der Ortschronisten und Geschichtsinteressierten im Landkreis Görlitz.