Neue Diskussion ums Kurzzeitparken
Ob in Cloppenburg, Volkach oder Kirchheim unter Teck – in immer mehr Kommunen in Deutschland ist kostenloses Kurzzeitparken per Sanduhr möglich. Bautzen könnte die nächste sein. Foto: RK
Oberbürgermeister Alexander Ahrens bekommt eventuell doch noch eines seiner Wahlkampfziele erfüllt – das kostenlose Kurzzeitparken. Allerdings braucht er sich dafür nicht selbst ins Zeug zu legen. Das übernehmen andere.
Bautzen. Die Spreestadt geht neue Wege. Zwar nicht sofort, wohl aber noch in diesem Jahr. Ab dem Herbst sollen die bisher vorhandenen Parkscheinautomaten nach und nach gegen modernere Geräte ausgetauscht werden. Die Ausschreibung für die 34 Parkgebührenschlucker erfolgt im vierten Quartal, teilte Rathaussprecher André Wucht auf Anfrage mit. Erst danach könne eine verbindliche Aussage zu den Kosten getroffen werden. Schätzungen lagen zuletzt bei 204.000 Euro. „Die Erneuerung der Parkscheinautomaten ist die Ersatzbeschaffung, also der Austausch der derzeit vorhandenen 33 Parkscheinautomaten an den derzeitigen Standorten“, führte der Mitarbeiter der Verwaltung weiter aus. „Zusätzlich soll in diesem Zusammenhang für die Seminarstraße im Abschnitt zwischen Schilleranlagen und Tzschirnerstraße ein Automat an einem neuen Standort aufgestellt werden. Unter Bezug auf die Anforderungen aus dem Jahre 2017 sollen die Geräte mit Kartenlesern für bargeldloses Bezahlen ausgestattet werden.“ Indes ist das Schicksal von deren Vorgängern bereits besiegelt. André Wucht: „Die vorhandenen Geräte werden im Zuge der Neubeschaffung abgebaut und entsorgt. Es erfolgt kein Verkauf. Sie sind verschlissen.“
Sanduhren-Modell für kostenloses Kurzzeitparken
Außer der zeitgemäßeren Technik bleibe für die Autofahrer vorerst alles beim Alten. „Im Zusammenhang mit dem Automatenwechsel ist keine Änderung der Gebühren angedacht.“ Und das weder nach oben noch nach unten. Einem erneuten Vorstoß der Freidemokraten, für einen bestimmten Zeitraum Gratis-Parken im Bautzener Zentrum zu ermöglichen, erteilte der Rathausmitarbeiter abermals eine Absage. „Auch die FDP-Stadtratsfraktion wird mitbekommen haben, dass sich der Stadtrat klar gegen das Modell der Brötchentaste ausgesprochen hat. Das Sanduhren-Modell ist rechtlich nicht zulässig.“ Dieses wird jedoch inzwischen von den Liberalen verstärkt ins Spiel gebracht, um auf dem Wege doch noch ein zeitlich begrenztes, kostenloses Parken an bestimmten Orten in Bautzen zu ermöglichen. Dass anders als es das Rathaus vermitteln will in dem Punkt durchaus etwas geht, beweisen gleich mehrere Kommunen bundesweit.
Der Jüngste im Bunde ist dabei das niedersächsische Cloppenburg. Dort dürfen Autofahrer seit Anfang Mai ihren Wagen eine Viertelstunde gratis abstellen – und zwar dank einer im Seitenfenster angebrachten Sanduhr. Die Stadt hat zu diesem Zweck 2.500 geeichte Chronometer herstellen lassen. Diese können sowohl Bürger als auch Besucher im Bürgeramt zum Stückpreis von drei Euro erwerben. Ausschließlich dieses Fabrikat wird als Parkticket anerkannt. Schnelle Besuche beim Bäcker, Fleischer oder im Zeitungsladen lassen sich auf diese Weise absolvieren, ohne den Gang zum Parkautomaten und den Griff ins Portemonnaie vornehmen zu müssen. Und schon jetzt zeichnet sich ab: Im Norden der Republik könnte das Ganze zu einem Renner werden. Einem Medienbericht zufolge haben bereits Nachbargemeinden Interesse an der Sanduhr-Lösung bekundet.
Hingegen ist in Kirchheim unter Teck in Baden-Württemberg das kostenlose Kurzzeitparken auf diese Weise bereits seit Jahren möglich, ebenso im bayerischen Volkach. Die Idee dort war, Einkaufskunden auch für kurze Besorgungen in die Stadt zu locken und gleichzeitig zu verhindern, dass Anwohner und Touristen Parkplätze tageweise blockieren. „Die Stadt sieht die Aktion als Bürgerservice“, schrieb Marco Maiberger auf eine Anfrage. Der Leiter der Touristinformation Volkacher Mainschleife sieht zwar in der Straßenverkehrsordnung grundsätzlich eine Hürde. „Der Stadtrat vertritt allerdings die Ansicht, dass es einen Versuch wert war und ist. Sollte jemand bei einem Strafzettel wegen einer abgelaufenen Parksanduhr-Zeit klagen, könnte die unkomplizierte Parkregelung natürlich gekippt werden. Dies ist jedoch bis zum heutigen Tag nicht passiert.“
In Cloppenburg, wo eigenen Angaben zufolge die 2.500 in China georderten Sanduhren bereits nach vier Tagen vergriffen waren, weiß die Verwaltung auch um die unterschiedliche Auslegung deutschen Rechts. Wie der Leiter für den Fachbereich Bürgerservice, Ordnung, Soziales, Bildung und Kultur, Reinhard Riedel, mitteilte, habe sich die Kommune folgende Regelung zu Grunde gelegt, die ihr den Einsatz einer Sanduhr gestatte: „Gemäß Paragraf 47 des Ordnungswidrigkeitengesetzes liegt die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten ist zwischen dem Ziel, die Verkehrsdisziplin zu fördern, und der Frage, ob der Einsatz der Mittel – in dem Fall ist die gebührenpflichtige Verwarnung gemeint – in einem angemessenen Verhältnis steht, abzuwägen.“ Und weiter: „Im Rahmen dieser Abwägung haben wir entschieden, das Kurzzeitparker – sofern durch das Anbringen einer Sanduhr im Fahrzeug nachgewiesen – erst nach mehr als 15 Minuten ohne gültigen Parkschein eine gebührenpflichtige Verwarnung erhalten.“
Souvenir für Bautzen-Besucher
Indes hat in Datteln im Ruhrgebiet das Modell einen Rechtsstreit nach sich gezogen. Ein vom Land Nordrhein-Westfalen verhängtes Verbot wurde vom Verwaltungsgericht zwar inzwischen aus formellen Gründen wieder aufgehoben. Dennoch entschied sich die Verwaltung dazu, künftig von Sanduhren die Finger zu lassen, jedoch nicht ohne eine Alternative anzubieten. In Datteln können Autofahrer fortan an Parkscheinautomaten für fünf Cent einen Parkschein für 15 Minuten ziehen.
Zurück nach Bautzen. In der Verwaltung herrschen in puncto Parksanduhren große Bedenken. Ein Grund dafür: Paragraf 13 der Straßenverkehrsordnung. Dort steht geschrieben, dass an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit Parkschein geparkt werden darf. Laut der Sprecherin des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr, Nicole Wernicke, widerspreche die Freigabe von gebührenpflichtigen Parkplätzen durch die Nutzung einer Sanduhr diesem „ausdrücklichen Wortlaut“. „Die Parksanduhr stellt eine Ausnahmegenehmigung dar, für die der Gesetzgeber zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bewusst sehr strenge Bedingungen nennt, die hier nicht erfüllt sind. Eine rechtssichere und vielerorts bereits gut bewährte Möglichkeit wäre die Brötchentaste, die zwar einen Parkschein erzeugt, aber eben für die erste viertel oder halbe Stunde gebührenfrei ist. Nur für Einheimische verfügbare Kurzparkerausweise oder Sanduhren, die für Auswärtige nicht bekannt oder erhältlich sind, stellen für den Gesetzgeber dagegen eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dar.“
„Das aber sollte uns nicht davon abhalten, für die innovative, praktische und mutige Lösung zu kämpfen“, sagte hingegen Stadtrat Mike Hauschild. Eine mit dem Bautzener Stadtwappen geschmückte Sanduhr würde ihm zufolge nicht nur der Kommune Einnahmen sichern. Vielmehr bekämen Touristen im Zuge ihres Bautzen-Besuches ein Souvenir in die Hand, das sie dazu verleiten soll, der Spreestadt schon recht bald wieder eine Visite abzustatten. „Das Argument möglicher Einnahmeverluste steht hiermit auch in einem ganz anderen Licht, da die Parker entscheiden, ob sie 15 Minuten stehen oder länger mit Gebühren. Beides gleichzeitig geht nicht“, meinte der Bürgervertreter. Und das ist in seinen Augen fair.
Kommentare zum Artikel "Neue Diskussion ums Kurzzeitparken"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Wie lange soll darüber noch diskutiert werden??
Kürzlich war ich am Tegernsee und sehr erfreut über " Willkommensparken" - bis zu 1 Stunde kostenfrei und dann !!!! 0,40 € in der Stunde.
Würde uns hier in Bautzen und besonders unseren herzlich willkommenen Gästen gut tun und erfreuen!