„Pflicht zur Kastration würde uns helfen“
Katzenkinder wie dieses beherbergt das Tierheim Bloaschütz reichlich. Das hat vielschichtige Gründe. Eine Kastrationspflicht könnte die Situation in der Einrichtung entspannen.
Das Tierheim Bloaschütz ist dankbar für jede Hilfe wie beispielsweise die nach einem kräftigen Sturm im Januar 2018. Damals hatten Tierheimleiter Uwe Bär (l.) und sein Team umgestürzte Bäume auf dem Gelände zu beklagen. Fotos: Archiv
Nach Ansicht des Robert Koch-Instituts steht Deutschland eine vierte Corona-Welle bevor. Selbst im Tierheim Bloaschütz herrscht derzeit Rätselraten darüber, welche Einschränkungen diese mit sich bringen wird. Leiter Uwe Bär musste bereits einige Arbeitsabläufe an die Situation anpassen. Im Gespräch mit dem Oberlausitzer Kurier berichtet er über die Auswirkungen und darüber, wo ein viel größeres Problem schlummert.
Herr Bär, wie hat Ihre Mannschaft die ersten drei Corona-Wellen erlebt?
Uwe Bär: Wir haben Arbeitsabläufe ändern und Sozialbereiche umgestalten müssen, um den Hygieneanforderungen gerecht zu werden. Das Team wurde ausreichend aber überschaubar gehalten und es wurden keine neuen Helfer engagiert beziehungsweise nicht zusätzlich integriert. Zeitweise war das Tierheim komplett geschlossen. In dem Fall nahmen wir nur Fundtiere auf oder Tiere von Haltern in Pension, die erkrankten.
Welche Besonderheiten ergaben sich bei der Vermittlungen von Tieren – im Vergleich zur Zeit vor Corona?
Uwe Bär: Eine Tiervermittlung ließ sich ausschließlich unter telefonischer Voranmeldung realisieren. Die Besichtigung unserer Vierbeiner erfolgte zeitweise nur auf unserer Homepage. Dies ist aber jetzt anders geregelt. Allerdings hat sich die Voranmeldung für eine Tiervermittlung und die Pensionstiere bewährt. Dieses Prozedere möchten wir daher vorerst beibehalten.
Inwieweit trifft es zu, dass sich während der Lockdowns Menschen Tiere anschafften, um nicht allein sein zu müssen?
Uwe Bär: Es trifft vermutlich zu, aber ist auch regional sehr unterschiedlich. Eine extreme Nachfrage können wir für uns hier nicht bestätigen. Nur hin und wieder gab es etwas mehr telefonische Anfragen nach kleinen Hunden oder Welpen.
Inwieweit landen nach einer jeden Welle wieder mehr Tiere im Tierheim und warum ist das so?
Uwe Bär: Für unsere Region können wir dies nicht wirklich bestätigen. Dort wo es zutrifft, wurden vermutlich Tiere angeschafft und nicht alle Konsequenzen, die damit verbunden sind, ausreichend bedacht. Dass sehr viele Katzen zu uns ins Tierheim kommen, war auch schon vor der Corona-Pandemie zu beobachten. Denn es ist nach wie vor ein großes Problem, das Katzenbesitzer ihre Tiere in den Freigang lassen, ohne sie vorher zu kastrieren. Das wiederum schafft viel Tierleid und kostet uns alle eine jede Menge Geld. Was bei mehr Verantwortungsbewusstsein aller Tierhalter zu vermeiden wäre. Leider werden aber auch immer wieder Tiere von Tierhaltern angeschafft und dann beispielsweise bei einem Umzug zurückgelassen. Das trifft auch auf sehr alte und kranke Tiere zu, die immer mal wieder aufgegriffen und zu uns gebracht werden. Dabei würde uns allen eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Katzen sehr helfen, vor allem unseren Vierbeinern. Immerhin gibt es bereits einige Kommunen, die diese eingeführt haben. Ein Beispiel für die nähere Umgebung ist die Stadt Radeberg. Europas größtes Haustierregister Tasso unterstützt und berät Gemeinden bei ihren Maßnahmen zur Eindämmung des Katzenelends beziehungsweise bei der Einführung einer Katzen-schutzverordnung.
Auf welche Hilfe ist das Tierheim aktuell angewiesen und wer kann Sie und Ihre Mannschaft unterstützen?
Uwe Bär: Wir sind sowohl auf Geld- als auch Sachspenden sehr angewiesen. Für jede Unterstützung bedanken wir uns sehr herzlich. Wir schätzen aber auch die Hilfe der vielen ehrenamtlichen Kräfte, die uns regelmäßig von Montag bis Sonntag im Tierheim unter die Arme greifen – insbesondere bei der Tier- aber auch der Geländepflege, bei Kleinreparaturen und Transportfahrten von Sachspenden. Zudem sind wir Jahr für Jahr auf Fördermittel angewiesen, um den vielfältigen Aufgaben im Tierschutz gerecht werden zu können.
Wie werden Sie von den Kommunen aus dem Umland unterstützt?
Uwe Bär: Wir haben es in der jüngeren Vergangenheit geschafft, noch weitere Kommunen davon zu überzeugen, dass es wichtig ist, einen Kooperationsvertrag für Fundtiere mit uns abzuschließen. Dies bedeutet für sie und uns Planungssicherheit und für uns im Speziellen eine teilweise Absicherung der Kosten für die abgegebenen Fundtiere aus den entsprechenden Kommunen. Für die Bürger wird es durch diese Kooperation einfacher, zum Beispiel an einem Feiertag ein Fundtier im Tierheim abgeben zu können und dem Tier somit unkompliziert Hilfe zukommen zu lassen – ohne einem langwierigen Prozedere vor der Abgabe in unserer Einrichtung. Allerdings gibt es immer noch Gemeinden, die eine Kostenübernahme für Fundtiere verweigern, obwohl sie laut BGB zuständig für Fundtiere sind. Hier existiert noch sehr viel Luft nach oben.
Wie viele Tiere warten aktuell in der Einrichtung auf ein neues Herrchen oder Frauchen?
Uwe Bär: Mit Stand Freitag letzter Woche warteten 13 Hunde, etwa 90 Katzen sowie ein Meerschwein auf ein neues Herrchen oder Frauchen. Im Fall der Katzen sind mehr als die Hälfte Katzenkinder, von denen einige in nicht so gutem Zustand zu uns kamen. Das wiederum zieht höhere Tierarztkosten nach sich sowie einen größeren Pflegeaufwand, der wiederum etwas mehr Personal bedarf.