Polysax in sehr schwierigem Fahrwasser unterwegs
Das Bautzener Polysax stand schon immer auch im Fokus der Politik – selbst Ursula von der Leyen besuchte es, damals noch als Bundesfamilienministerin, vor einigen Jahren. Foto: Archiv
Die Gesellschaft, an der der Landkreis Bautzen mehrheitlich beteiligt ist, bildet Lehrlinge für die Kunststoffindustrie aus und Beschäftigte weiter. Das gestaltet sich zunehmend kompliziert.
Bautzen. Die Polysax Bildungszentrum Kunststoffe GmbH hat im Geschäftsjahr 2022 ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreichen können. Dies geht aus dem Lagebericht der Gesellschaft hervor, die dem Bautzener Kreistag auf dessen jüngster Sitzung vorgestellt wurde. Der Landkreis Bautzen ist mit 55 Prozent an der Gesellschaft beteiligt, die anderen 45 Prozent hält der Polysax e.V. Demnach erwirtschaftete die Gesellschaft 2022 einen Umsatz von circa 390.000 Euro, geplant waren 440.000 Euro. „Die im Wirtschaftsplan für das Jahr 2022 gesteckten Ziele konnten hinsichtlich der Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen trotz intensiver Bemühungen nicht erfüllt werden. Im Vergleich zum Vorjahr wurde jedoch eine Steigerung um 30 Prozent erzielt“, schreibt Geschäftsführer Marko Krsek in dem zum Jahresabschluss gehörenden Bericht. Im „wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb“ hingegen überstiegen die Erlöse den Planansatz.
„Die Polysax Bildungszentrum Kunststoffe GmbH konnte im Jahr 2022 einige neue Geschäftsbeziehungen akquirieren. Die Gesellschaft ist bei der Beschaffung von Arbeitnehmern für Unternehmen der Kunststoffindustrie mit eingebunden und wird Weiterbildungen für die zukünftigen Mitarbeiter der Unternehmen in den Jahren 2023 und 2024 durchführen“, führt Marko Krsek dazu aus.
Insgesamt sieht der Geschäftsführer das Unternehmen für die Erfüllung der ihm gestellten Aufgaben gut aufgestellt: „Aufgrund der geschaffenen baulichen Voraussetzungen und der sehr modernen technischen Ausstattungen werden den Unternehmen der Kunststoffbranche optimale Bedingungen für die duale überbetriebliche Ausbildung zur Verfügung gestellt. Diese Möglichkeit wird von den regional ansässigen Unternehmen mehrheitlich genutzt.“ Außerdem seien die Fördermöglichkeiten für die berufliche Weiterbildung verbessert worden: „Dadurch zeichnet sich ein erhöhtes Interesse der Unternehmen zur Qualifikation und Weiterbildung von beschäftigten Arbeitnehmern ab.“ Auch die generell positive Entwicklung der Kunststoffbranche gebe Anlass zur Zuversicht.
Allerdings sieht der Polysax-Geschäftsführer auch Risiken. So konnten 2022 nur 21 Auszubildende des ersten Lehrjahres in die Verbundausbildung aufgenommen werden; das Mindestziel lag bei 25: „Sollten langfristig keine kostendeckenden Teilnehmerzahlen im Bereich Aus-/Weiterbildung nachhaltig erzielt werden, kann die Unternehmensfortführung weiter nur durch Beiträge der Gesellschafter gesichert werden“, so Marko Krsek. Auch der Ukraine-Krieg stelle ein größeres Risiko dar. Ein weiteres ist wesentlich näher verortet: „Negativ zeichnet sich das stagnierende Interesse von Ausbildungswilligen für die Kunststoffbranche ab. Seit 2021 gibt es ein mit der Kunststoffindustrie geschaffenes wöchentliches Angebot zur Berufsorientierung, das jedoch von den Jugendlichen bisher nur wenig genutzt wurde.“ Auch die angebotenen Bildungsmaßnahmen für Empfänger von Leistungen nach SGB 2 und SGB 3 seien kaum genutzt worden. „Die Leistungsempfänger orientieren sich eher in anderen Branchen. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass es regionale Kunststoffunternehmen gibt, die bei der Entlohnung ihrer Mitarbeiter nur leicht über dem gültigen Mindestlohn liegen und somit keine große Attraktivität ausstrahlen“, übt Marko Krsek auch Kritik an der eigenen Branche.
Aber auch die aktuell geführte Umweltdiskussion, die die Kunststoffbranche als „Umweltverschmutzer“ darstelle, werde zunehmend als Grund angegeben, eine angebotene Aus- und Weiterbildung im Bereich nicht aufzunehmen. Die erforderliche Mobilität und Bereitschaft, in Schichten zu arbeiten, potenziere die geschilderte Problemlage. Abschließend zieht Marko Krsek folgendes Fazit: „Die Gesellschaft erzielt seit 2020 Verluste und kann dadurch nur ungenügend Mittel für notwendige Reinvestitionen erwirtschaften. Es müssen künftig deutliche Jahresüberschüsse erzielt werden, um dem Substanzverzehr beim Eigenkapital entgegenzuwirken.“