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Regionalgeschichte auf Heller und Pfennig

Regionalgeschichte auf Heller und Pfennig

Zum Vereinsjubiläum wurde eine Medaille mit lokalen Motiven und Namen der Mitglieder in kleinster Auflage in verschiedenen Metallen, so auch in Silber, geprägt. Foto: Till Scholtz-Knobloch

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Historische Görlitzer Sparbücher Foto: Till Scholtz-Knobloch

Die Görlitzer Numismatiker feiern ihren 120. Geburtstag mit einer Ausstellung im Barockhaus Neißstraße. Ihr Vorsitzender Uwe Elix hat den Zugang zum Thema vor allem über Geschichte und Familiengeschichte gefunden.

Görlitz.
Eine Reihe von Görlitzer Sparbüchern liegt bei Uwe Elix in der Melanchthonstraße auf dem Fußboden und wird von ihm gerade mit der Überschrift drapiert „Görlitzer Sparbücher 1908-1990 – Zeitzeugen für Kunst, Wirtschaft, Politik“. Es stellt sich schnell heraus, die Sammelgebiete des Vorsitzenden des Numismatischen Clubs zu Görlitz e.V. sind breit gefächert und bleiben beim Thema Geld nicht bei historischen Münzen, Medaillen oder Banknoten stehen, sondern umfassen letztlich jede Form geldwerter Systeme. Notgeldscheine aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg, Lebensmittelmarken aus Kriegs- und Nachkriegszeiten gehören dazu und eher nebenbei berichtet er davon, dass er wohl die umfassendste Sammlung an Ersatzgeldmarken für Asylbewerber habe. Nein, es gebe dazu bislang keinen Sammlerkatalog. Aber wenn einen solchen jemand zusammenstellen könnte, dann wohl nur Uwe Elix. Geschichte spielt sich eben immer ab und die verschiedenen Geldsysteme sind immer auch ein interessantes Spiegelbild der Veränderungen ihrer Zeit. 

Das alles habe er auf Flohmärkten oder über ebay zusammengetragen. Zu der Arbeit auf dem Teppichboden kommentiert er: „Ich denke, damit dürfte ich wohl die vollständigen Titelbilder der Sparbücher zusammengetragen haben. Eines, das jetzt noch fehlt, dürfte heute noch per Post kommen – ein Sparbuch für den Aufbau der DDR. Auch das muss ja mit in die Ausstellung“. Das sollte gutgehen, denn die Ausstellung im Kulturhistorischen Museum in der Neißstraße 30 wird am 13. Oktober, 10.00 Uhr, eröffnet und soll im Johannes-Wüsten-Saal anschließend vom 15. bis 26. Oktober während der Museumsöffnungszeiten zu sehen sein. Ergänzt wird dies noch von einer Sammlerbörse am 9. November, 9.00 bis 14.00 Uhr, in der Stadtbibliothek in der Jochmannstraße.

Gezeigt werden zum Beispiel Mark- und Pfennigprägungen seit 1871, Görlitzer Medaillen und Festplaketten sowie solche zu Jacob Böhme, das Notgeld von den Görlitzer Nachrichten und dem Anzeiger – auch für drei pommersche Städte oder – ebenfalls mit Görlitzbezug – hühnerologische Medaillen!

Elix hat den kleinen Verein mit seinen nur zwölf Mitgliedern wieder wachgeküsst. Es gibt einen engen Vortragsaustausch mit dem Partnerverband in Schönau-Berzdorf und jeden ersten Mittwoch im Monat trifft man sich um 18.00 Uhr in der Gaststätte Nordquell in Königshufen. Stets mit Vorträgen, in diesem Jahr etwa zum Boxeraufstand 1900/01 in China oder dem Bergbau in der Region im Spiegel der Numismatik oder Gerhart Hauptmann auf Medaillen. Und weil man mit den historischen Perspektiven stets über den Tellerrand schaue, sei das eben auch für viele attraktiv, die selbst vielleicht gar nicht sammeln oder als Sammler anders unterwegs seien. Und schon zückt Uwe Elix weitere Ordner hervor, die zeigen, wie er über die Geschichte immer neue Anknüpfungspunkte findet. Seine Mutter stamme aus Rothwasser (Czerwona Woda) bei Kohlfurt (We-glinec), sein Vater aus dem Kreis Samter (Szamotuly) bei Posen (Poznan). Daher sei dieser gleich zweimal von Polen vertrieben worden – nach dem 1. Weltkrieg aus der preußischen Provinz Posen, nach dem 2. Weltkrieg aus Sommerfeld (Lubsko) in der Niederlausitz östlich der Neiße, wohin es ihn nach der ersten Vertreibung verschlug. Dazu ergibt sich eine Fülle an Dokumenten, die ebenso feinsäuberlich in Folien zusammengestellt sind. Bei diesem Ordner ist es nicht geblieben, denn ein anderer berstet über mit Dokumenten wie Umsiedlerkarten von Galiziendeutschen ins Baltikum oder Schriftverkehr deutscher Besatzungsbehörden auf lokaler Ebene zur Heu- und Strohzuteilung oder zum Bezug von Seife im nationalsozialistisch besetzten Krakau. Eigentlich ist auch das alles irgendwie im Sammelgebiet Numismatik, denn fast alles dokumentiert die Verteilung geldwerter Leistungen.

Übrigens fordern die Görlitzer Numismatiker Besucher der Ausstellung auf, historische Sparbüchsen und andere Spargefäße mitzubringen. Die so eingereichten kuriosesten Leihgaben sollen prämiert werden. Dass das Thema Numismatik wieder beliebt sei, sieht Uwe Elix übrigens auch darin begründet, dass einen Tag vor Ausstellungseröffnung auch in der Görlitzer Sternwarte ein Vortrag zum Thema „Astronomie und Raumfahrt auf Banknoten“ von Thomas Jahre aus Chemnitz angesetzt ist. Dieser beginnt am 12. Oktober um 19.00 Uhr und natürlich will Uwe Elix auch dort mit dabeisein.

Till Scholtz-Knobloch / 06.10.2024

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