Rückzug: Supergau für Görlitzer Fußball?
Die Zusammenarbeit mit Thomas Metzner (links) und Thorsten Schüll hat dem NFV Gelb-Weiß Görlitz kein Glück gebracht. Inzwischen wurde die Partnerschaft beendet und der Verein überlegt, das erste Männerteam nicht mehr in der Landesliga, sondern in der Krei
Görlitz. Auf den Fußballplätzen der Region wird schon darüber diskutiert, in der Öffentlichkeit ist das Thema noch weitgehend unbekannt: Beim NFV Gelb-Weiß Görlitz überlegt man, die erste Männermannschaft in der nächsten Saison – trotz sportlicher Qualifikation – nicht mehr in der Landesliga spielen zu lassen, sondern in der zwei Etagen tiefer liegenden Kreisoberliga anzumelden.
Ist das der Supergau für den Görlitzer Fußball? Bisher lagen die Görlitzer NFV-Kicker in der Landesliga im Mittelfeld der Tabelle. In der nächsten Saison könnte man sie dort vergeblich suchen. Wie Präsident Carsten Liebig auf Anfrage des „Niederschlesischer Kurier“ bestätigt, überlegt man im Verein derzeit, das Kapitel Landesliga-Fußball in Görlitz zu beenden. „Wir machen uns seit Wochen, ja sogar Monaten Gedanken über die Zukunft unseres Vereins. Im Moment können wir noch nicht sagen, wo wir in der nächsten Saison spielen werden.“
Ausschlaggebender Punkt für die Krisenstimmung bei den Gelb-Weißen ist die wirtschaftliche Absicherung des Trainings- und Spielbetriebes. „Schauen Sie sich die Lage in und um Görlitz doch an. Es ist schwierig, hier Sponsoren dauerhaft für ein Engagement im Fußball zu begeistern“, so Liebig. Zudem sei Görlitz keine sportfreundliche Kommune. „Der Umgang der Behörden mit unserem Verein ist nicht der Beste“, lässt der NFV-Präsident seine Kritik noch etwas verhalten anklingen.
Das Fass zum Überlaufen hat offenbar die Aktion des Zolls vor drei Wochen gebracht, als Beamte der Steuerfahndung Büros des Vereins kontrollierten und Unterlagen beschlagnahmten. Grund: Verdacht auf illegale Beschäftigung ausländischer Spieler. „Unter diesen Umständen ist es sehr schwer, ehrenamtlich arbeitende Vereinsmitglieder zu motivieren, dies in Zukunft auf dem bekannten Niveau noch weiter zu tun.“
Selbstkritisch muss der Vorstand des Görlitzer Fußballvereins aber auch eingestehen, dass die im Dezember vergangenen Jahres geschlossene Partnerschaft mit dem „Fußballerhilfswerk Schüll & Metzner“ ein Fehler war. Das von Thorsten Schüll und Thomas Metzner geleitete Unternehmen hatte versprochen, der Nachwuchsentwicklung der Görlitzer einen Schub zu geben. Dabei sollten talentierte ausländische Fußballer beim NFV eine Plattform bekommen, um sich für höherklassige Vereine zu empfehlen. Carsten Liebig war damals hoffnungsvoll: „Mittelfristig soll hier eine Nachwuchsakademie entstehen, mit der wir den fußballbegeisterten Kindern und Jugendlichen der Region eine bessere Perspektive geben wollen.“ Nicht nur die nähere Umgebung wolle man bei der Talent-Akquise in den Blick nehmen, sondern auch aus anderen Landstrichen, sogar aus Polen und Tschechien entwicklungsfähige Nachwuchskicker in die Neißestadt holen.
Dies hat sich inzwischen komplett zerschlagen. Liebig: „Wir haben die Partnerschaft noch im ersten Halbjahr beendet.“ Festhalten will man dagegen an der Ausbildung von Nachwuchskräften. „Wir werden auf diesen Bereich den absoluten Schwerpunkt unserer künftigen Arbeit legen – so wie wir es Anfang 2016 in einem Konzept beschlossen haben“, erklärt der Präsident.
Was ein möglicher Rückzug des Landesliga-Teams für Folgen hätte, erläutert Reginald Lassahn, Präsident des Oberlausitzer Fußballverbandes: „Bis 15. Juni müssen sich die Vereine erklären, wo sie in der nächsten Saison – die sportliche Qualifikation vorausgesetzt – spielen wollen.“ Die Konsequenz für den NFV wäre, dass der Verein seine zweite Mannschaft, die aktuell noch in der Kreisoberliga spielt, dort abmeldet und dafür seine erste Mannschaft künftig gegen solche Teams wie Olbersdorf oder Zittau auflaufen lässt. Die Truppe dürfte dann allerdings nicht mehr das Aussehen des jetzigen Kaders haben. Denn es ist kaum anzunehmen, dass der Großteil von Trainer Fred Wonnebergers Männern auch dann noch für Gelb-Weiß gegen den Ball treten will. Spätestens Mitte Juni ist also klar, wie die Zukunft des Fußballs in der Neißestadt aussehen wird.