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Schienenfahrzeugbau: Abwerbeversuche bleiben wohl erfolglos

Schienenfahrzeugbau: Abwerbeversuche bleiben wohl erfolglos

In Dresden gehören Straßenbahnen „made in Bautzen“ längst zum Stadtbild, und auch in Berlin wird dies in einigen Jahren der Fall sein.

Bautzen/Hennigsdorf. Was haben die Städte Bautzen und Hennigsdorf gemeinsam? Hier wie dort gibt es ein Werk für den Schienenfahrzeugbau, das bis vor kurzem zu Bombardier gehörte und jetzt zu Alstom gewechselt ist. Und was ist der Unterschied? Die Bautzener dürfen die neue Berliner Straßenbahn bauen, und die Hennigsdorfer nicht. So zumindest entschied es Bombardier in einer seiner letzten Amtshandlungen in Bezug auf den europäischen Nahverkehr. Dabei geht es um 117 Fahrzeuge der Baureihe Flexity, die einem Auftragsvolumen von 571 Millionen Euro entsprechen.
Nun sollte man meinen, dass an allen von Alstom übernommenen früheren Bombardier-Standorten Freude über diesen Großauftrag herrscht. Doch weit gefehlt: In Hennigsdorf neidete man offenbar den Bautzener Kollegen die noch von Bombardier getroffene Entscheidung und versuchte, auf Alstom Einfluss zu nehmen, um diese rückgängig zu machen. Dabei wurde unter anderem auf die räumliche Nähe abgestellt (Hennigsdorf ist nur etwas mehr als 20 Kilometer von Berlin entfernt) und versucht, daraus einen Anspruch abzuleiten.

Selbst die Politik mischte sich ein

Auch wenn es von dem Großkonzern selbst keine Stellungnahme dazu gibt, verdichten sich doch die Anzeichen, dass diese Avancen erfolglos bleiben dürften. So mussten laut einem Bericht des „Hennigsdorfer Generalanzeiger“ unlängst mehrere dortige Lokalpolitiker – darunter der Bürgermeister, der Landrat des Landkreises Oberhavel sowie ein Landtagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen – einräumen, bei Alstom nichts erreicht zu haben. Sie waren von ihren Gremien beauftragt worden, bei Alstom zu intervenieren, oder aus eigenem Antrieb in die Spur gegangen. Der Tenor lief in allen Fällen darauf hinaus, dass es sich um eine interne Entscheidung des Konzerns handele, auf die die Politik keinen Einfluss nehmen könne. Auch die Ausschreibung gebe es nicht her, auf die Fertigung in einem „nahe gelegenen“ Werk zu pochen. 

chied von 200 Kilometern bedeutet in Zeiten, wo Kirschen aus der Türkei oder Blaubeeren aus Peru nach Deutschland eingeflogen werden, erläuterte niemand näher. Sei es drum: Die Berliner Straßenbahn wird in Bautzen gebaut, politisch motivierte Einflussnahme hin oder her. 

Auch in Bautzen wird jeder Auftrag gebraucht

In Bautzen hatte man nach deren Bekanntwerden mit Unverständnis auf die Attacken aus dem Berliner Speckgürtel reagiert. Der Betriebsratsvorsitzende des Bautzener Alstom-Werkes, Gerd Kaczmarek, erklärte damals: „Ich bin mit der Art und Weise, wie der Betriebsrat Hennigsdorf mit seiner Forderung an die Öffentlichkeit gegangen ist, nicht einverstanden.“ Solche Themen seien zunächst intern zu behandeln, um gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Weiter führte er aus: „Dass die Fertigung des neuen Auftrages ’Straßenbahn Berlin’ in Bautzen erfolgt, ist seit langem bekannt. Dies ist Bestandteil der noch unter Bombardier erfolgten Restrukturierung aller deutschen Standorte und der damit verbundenen Spezialisierung.“ Das Werk Bautzen solle dabei für die Montage und Inbetriebnahme von Straßenbahnen sowie einstöckigen und doppelstöckigen Fahrzeugen spezialisiert werden. Kaczmarek nahm auch auf das Argument Bezug, Hennigsdorf benötige den Auftrag, um seine Kapazitäten auszulasten: „Auch wir in Bautzen brauchen ab 2023 jeden Auftrag, der gewonnen wurde, um die Auslastung unserer Stammbeschäftigten abzusichern. Eine Entscheidung gegen Bautzen würde auch bei uns aus heutiger Sicht zu einer Unterauslastung führen.“ Anfang 2023 sollen die ersten sechs Vorserienfahrzeuge gebaut werden, 2024 die Serienfertigung beginnen. 

Uwe Menschner / 14.08.2021

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