Schwesternhäuser sind jetzt ein „Frauenort“
Julia Bock (l.) und Lubina Mahling enthüllten die Tafel, die die Schwesternhäuser als Frauenort kennzeichnet. Foto: C. Schumann
Kleinwelka. Auf Deutsch und Sorbisch – und mithilfe eines QR-Codes sogar auf Englisch – können sich Besucher von Kleinwelka jetzt über die Geschichte der Schwesternhäuser informieren. Im Rahmen der Aufnahme in die „Frauenorte Sachsens“ wurde am 27. April eine Tafel enthüllt, auf der die wichtigsten Details zu den Schwesternhäusern dargestellt sind. Die Besucher konnten sich vor der Tafelenthüllung bei zwei Führungen in den Gebäuden umschauen. Die Führung auf Deutsch übernahm Ulrike Rieke, Mitglied im Förderverein der Schwesternhäuser, auf Sorbisch führte die Historikerin Lubina Mahling die Gäste. Letztere übernahm dann auch die ehrenvolle Aufgabe, zusammen mit Jessica Bock vom Landesfrauenrat die Tafel zu enthüllen.
Jessica Bock erklärte, Kleinwelka sei der 38. Frauenort in Sachsen im Rahmen eines Projektes, das seit 2016 umgesetzt wird. Die Frauenorte spiegelten die ganze Bandbreite des Wirkens von (bereits verstorbenen) Frauen wider, die allerdings oftmals noch unterschätzt würden. In Bautzen wird übrigens die Tanzpädagogin Christel Ulbrich und in Radibor die Widerstandskämpferin Marja Grolmus sowie in Hoyerswerda die Schriftstellerin Brigitte Reimann auf diese Weise gewürdigt. Jene Frauen sollten Vorbilder für die nachfolgenden Generationen sein.
In ihrer Rede sagte Lubina Mahling, dass in den Schwesternhäusern ledige Frauen und Mädchen aus der Ober- und Niederlausitz in Gemeinschaft gelebt und gearbeitet hatten. Die Wohngemeinschaft habe ihnen eine Heimat gegeben, in der sie selbstbestimmt leben konnten, da sie mit verschiedenen Tätigkeiten wie Nähen, Stricken und Sticken für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen konnten. Die Schwesternhäuser seien daher ein Ort der weiblichen Emanzipation.
Jill Vogt, Pfarrerin bei der Brüdergemeine in Herrnhut, welche die Eigentümerin des Gebäudeensembles ist, bestätigte dies: „Arbeit, Finanzen, religiöses und soziales Leben – alles lag in ihren eigenen Händen“. Das sei eine eher untypische Lebensweise für diese Zeit – das 18. und 19. Jahrhundert – gewesen. Der Grundstein für das erste Schwesternhaus wurde am 24. April 1770 gelegt. Später folgten weitere Anbauten.
Madlena Mahling, Beauftragte für sorbische Angelegenheiten beim Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus, umriss den dreifachen Ansatz des neuen Frauenortes als Würdigung der hier ansässig gewesenen Frauen, als Teil der sorbischen Geschichte und als Engagement für neues zukünftiges gemeinschaftiches Wohnen in der Villa Anna, dem jüngsten Gebäude im Ensemble. Dieses konnte anschließend besichtigt werden. Wer sich für das Projekt eines neuen gemeinschaftliche Wohnens interessiert, konnte sich registrieren lassen. Madlena Mahling beklagte, dass Männer leider immer noch zu sehr im Vordergrund stünden, was sich unter anderem in der sorbischen Hymne zeige. Es brauche mehr Impulse, sorbische Frauen ins Rampenlicht zu rücken. Die Auszeichnung als Frauenort sei ein wichtiger Schritt, sorbische Frauen, aber auch Frauen und Mädchen allgemein sichtbarer zu machen.