Sicherheit "hocheffektiv und minimalinvasiv"
„Alles OK hier im Einsatzfahrzeug?“ Michael Kretschmer und Armin Schuster ließen sich im Polizeipräsidium das Equipment der Beamten zeigen. Foto: Matthias Wehnert
Das alles bestimmende Wahlkampfthema zur Landtagswahl hat sich längst herausgeschält: Asyl, Grenze und Sicherheit. Um der Alles-im-Griff-Botschaft Nachdruck zu verleihen, statteten Ministerpräsident Michael Kretschmer und Sachsens Innenminister Armin Schuster der Polizeidirektion Görlitz einen Durchhaltebesuch ab.
Görlitz. Dem großen Muffensausen vor der Landtagswahl setzten Ministerpräsident Michael Kretschmer und Sachsens Innenminister Armin Schuster am Donnerstag letzter Woche eine große Technikschau und entschlossene Worte im Görlitzer Polizeipräsidium entgegen. In Begleitung der Objektive und TV-Kameras überregionaler Medien drängte sich die Journaille mit der politischen und der uniformierte Spitze durch die heiligen Hallen des Lagezentrums, wo Live-Bilder aus den Polizeihubschraubern auf den Monitoren eintreffen und etwa die Anweisung gegeben wird, am Tunnel Königshainer Berge mal an das Kennzeichen des weißen Kleintransporters da unten ranzuzoomen. Im Innenhof folgt eine große Technikschau wie beim Gang von einem zum anderen Messestand. Michael Kretschmer schmeichelt hier im Smalltalk dem Leiter der Gemeinsamen Fahndungsgruppe mit Polen und sieht sich „zu Gast bei Profis“, spricht vom gemeinsamen Geist, den er hier überall erblicke und sieht „Sicherheit in guten Händen“. Drei neue Hubschrauber seien ja Beleg für eine echte Prioritätensetzung aus Dresden. Ob der Satz vom „guten Klima von der Frauenbeauftragten bis zum Umgang mit Waffen“ nun vorher einstudiert war oder aus spontaner Inspiration fiel einmal dahingestellt – die Botschaft an diesem Tag wird am Ende nicht allein das Versprechen zusätzlichen Personals für die Grenzsicherung sein. Ähnlich präzise Kurzsatzaussagen weiß vor allem auch Innenminister Armin Schuster bei Presseterminen zu setzen. „Tolle Technik“ oder „eine echte Sicherheitsoffensive“ leitet er manche Gedanken ein. Er treffe hier auf Beamte, die „Mental, finanziell und operativ hocheffizient und minimalinvasiv“ vorgehen könnten. Hinter jedem deutlich modulierten Wort setzt Schuster die Atempause, die die Spannung knistern lässt, welches Wort als nächstes hocheffektiv und minimalinvasiv zuschlägt. Nur beim Blick entlang der Stationen in ein Wärmebild-/Nachtsichtgerät zuckt er kurz, kneift die Augen zusammen und sagt in diesem Moment ganz authentisch: „Ah, das ist scheiße hell!“.
Das letzte Wort beim Pressetermin ist noch nicht gesprochen, da ist auch schon die Pressemitteilung raus, die den Fokus auf eine „Task Force Sächsische Grenzpolizei“ setzt, die der Ministerpräsident pressewirksam ins Leben rief. Also der übliche Baukasten der Politik. Laufen die Dinge nicht, liegt es an den Strukturen. In diesem Falle den „weiterhin hohen Zahlen illegaler Einreisen“. Keine Sorge: „Die Task Force Sächsische Grenzpolizei arbeitet unabhängig und wird weitere Expertise einbeziehen“, steht ganz am Ende des Mitteilung.
Ganz so einfach ist es freilich nicht. ’Tichys Einblick’ etwa resümierte: „Sachsens CDU-Regierung will Grenzen selbst sichern. Sagt sie.“ Abschiebungen, die seit Jahrzehnten nicht funktionieren würden, sollen nun also möglich sein? Selbst hohe Polizeikreise Sachsens hätten sich „über die dreisten Versprechungen von Kretschmer und Schuster empört“, heißt es im Zeichen der schon rechtlich wackeligen Konstruktion, dass so mir nichts, dir nichts mit neuer Bürokratie an der Hoheit der Bundespolizei vorbei Grenze gesichert werden soll. Einen Säxit dürften Kretschmer und Schuster ja kaum gemeint haben.
In der Pressekonferenz erhält auch der Niederschlesische Kurier das Wort und weist darauf hin, dass insbesondere bei heiklen Polizeimitteilungen oft die Täterschaft eines Deutschen betont werde. „Dann vielleicht besser gleich ohne Staatsangehörigkeit“, da ein etwaiger Migrationshintergrund ja so eher verschleiert werde. Doch dem moderierenden Pressesprecher gefällt die Frage nicht; die gängigen Kommunikationsbestimmungen stünden nicht in Frage. Überhaupt sei Sachsen eher Vorbild in Sachen Transparenz.