Sie heben ab, ohne Anlauf zu nehmen
Georg Hein fliegt als einer von zehn Piloten den in Bautzen stationierten Rettungshubschrauber Christoph 62.
Die Rettungshubschrauber-Station in Bautzen feiert im September 2023 ihr 25-jähriges Bestehen. Und sie hat zu diesem Jubiläum gleich mehrere wertvolle „Geschenke“ bekommen.
Der neue H145 D3 ist mit fünf Rotorblättern ausgestattet, er fliegt geräusch- und vibrationsärmer als sein Vorgänger.
Bautzen. Ringo Schulze-Wobad hat als Regionalleiter der DRF Luftrettung schon viele Hubschrauber brummen hören. Dieser hier ist aber auch für ihn etwas ganz Besonderes: „Die H145 D3 verfügt im Vergleich zu ihrem Vorgänger über ein Rotorblatt mehr, also über insgesamt fünf. Dementsprechend sind die Rotorblätter etwas kürzer, die Vibration ist geringer. Er bringt bei geringeren Lärmemissionen mehr Leistung und wird von Piloten und Crew als sehr effizientes und gut zu handhabendes Einsatzmittel betrachtet.“
Erst seit dem Juli dieses Jahres verfügt die DRF in Bautzen über diesen hochmodernen Hubschrauber, und das gleich in doppelter Ausführung. Im Fall eines größeren Schadensereignisses oder gar im Katastrophenfall können dann bei Bedarf zwei Helikopter-Besatzungen ausrücken. Doch es gibt noch mehr zu feiern im auf dem Flugplatz der Kreisstadt gelegenen Stützpunkt: Vor genau 25 Jahren, im September 1998, begann hier damals noch die Firma Elbe Helicopter mit der Luftrettung. Später übernahm der ADAC: „Im Zuge einer Ausschreibung im Jahre 2018 erhielt die DRF Luftrettung den Zuschlag für den Stützpunkt Bautzen, und seit dem 1. Januar 2019 betreiben wir hier die Luftrettung.“
Der in Bautzen stationierte Rettungshubschrauber trägt die Bezeichnung Christoph 62, die nächst gelegenen Stationen befinden sich in Dresden und Senftenberg. Bautzen ist aber nicht irgendeine Station, wie Ringo Schulze-Wobad zu berichten weiß: „Wir sind als einzige Station im Freistaat Sachsen im 24-Stunden-Betrieb, also rund um die Uhr, im Dienst. Neben der Rettung in akuten Notfällen sichern wir den Intensivtransport im gesamten Freistaat ab.
Das bedeutet, dass Intensivpatienten von Kliniken niedrigerer in solche der höheren Versorgungsstufe, beispielsweise ins Uni-Klinikum Dresden, überführt werden.“
Bautzen ist außerdem der einzige mit einer Seilwinde ausgestattete Luftrettungs-Stützpunkt im Freistaat. Dies eröffnet den hier stationierten zehn Piloten, sechs Sanitätern, die auch als Winden-Operator ausgebildet sind, sowie etwa 20 Notärzten vom Städtischen Klinikum Dresden ein breites Einsatzspektrum.
So arbeitet die Bautzener DRF-Station eng mit der Sächsischen Bergwacht zusammen, um Verunglückte in den sächsischen Mittelgebirgen, aber auch an anderen unwegsamen Orten zu retten.
Seit wenigen Tagen kommt Christoph 62 auch bei der Rettung aus dem Wasser zum Einsatz. Ein entsprechendes Training wurde erst unlängst auf dem Bautzener Stausee durchgeführt. „Auch im Lausitzer Seenland können wir aus der Luft zu einer effizienten Rettung beitragen“, betont Ringo Schulze-Wobad.
Mitten im Gespräch wird die Crew plötzlich zu einem Einsatz alarmiert. Binnen weniger Minuten sind Pilot, Sanitäter und Notarzt an Bord, um zu einem Verkehrsunfall mit Personenschaden bei Löbau auszurücken. Nach etwa zwei Stunden kehren sie zurück. Nach der Einsatznachbereitung, zu der das Betanken gehört, findet Pilot Georg Hein etwas Zeit, um über die Besonderheiten seiner Arbeit zu sprechen: „Der wesentliche Unterschied des Fliegens mit dem Hubschrauber gegenüber dem Flugzeug besteht darin, dass wir zum Abheben keinen Anlauf benötigen. Wir können beliebig in alle Richtungen fliegen, was am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig ist. Der Hubschrauber reagiert im Vergleich zum Flugzeug sehr feinfühlig. Um das zu beherrschen, muss man relativ lange lernen.“
Und der erfahrene Pilot erzählt auch, was für ihn das Schönste und das Schwierigste an seinem Beruf ist: „Das Schönste an der Notfallrettung ist einerseits, dass es nicht nur um das reine Fliegen geht, sondern um die Erfüllung einer Mission als Team. Dass wir – also Notarzt, Sanitäter, der gleichzeitig den Piloten unterstützt, und Pilot gemeinsam losfliegen, um in Not geratenen Menschen zu helfen.“
Was die schwierigsten Momente sind, könne sich sicher jeder vorstellen: „Wir kommen häufig zu Personen mit sehr schweren Verletzungen. Am meisten belasten die Einsätze, bei denen es um Kinder geht, vor allem wenn wir nicht erfolgreich sind.“