So sehen Kandidaten im Landkreis Bautzen die Neuwahl
Treten bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 im Wahlkreis 155 – Bautzen I an: Caren Lay (Linke, oben links) und Steffen Roschek (CDU, oben rechts) sowie (unten von links) Mike Hauschild (Freie Wähler), Kathrin Michel (SPD) und Frank Schmidt (Grüne).
AfD und FDP hatten auf die Anfrage des Oberlausitzer Kuriers bislang nicht reagiert.
Statt im September 2025 findet die Neuwahl für den 21. Bundestag nun bereits sieben Monate eher statt – am 23. Februar. Wie die Kandidaten damit umgehen.
Landkreis Bautzen. Am 23. Februar ist nun die vorgezogene Bundestagswahl. Wie gehen die Kandidaten im Wahlkreis 155 – Bautzen I damit um, dass so wenig Zeit für Wahlkampf bleibt? Sehen sie das vielleicht sogar als Vorteil? Der Oberlausitzer Kurier hat bei jenen Kandidaten nachgefragt, die vor Ort bereits feststehen.
Grüne: Nach der Ampel viel Vertrauen verloren
„Wir werden in diesem Wahlkampf unsere Kräfte so effizient wie möglich einsetzen“, informiert Maria Untch, Sprecherin des Grünen-Kreisverbands Bautzen. „Mit Plakaten, Anzeigen und Flyern werden wir unsere Themen in der Öffentlichkeit platzieren.“ Zusätzlich möchte man Tischgespräche anbieten. Neben Bundesthemen sei es dem Grünen-Direktkandidaten Frank Schmidt besonderes Anliegen, Bürgern zuzuhören und deren Anliegen mitzunehmen.
„Die Zeit, um Bürger von unseren Ideen zu überzeugen, ist natürlich sehr kurz“, erklärt Maria Untch, „speziell, da wir nach der Zeit in der Ampel viel Vertrauen verloren haben.“ Dieses Vertrauen wolle man zurückgewinnen. Die Parteimitglieder seien sehr motiviert, ob nun neu eingetreten oder bereits seit vielen Jahren dabei. „Wir freuen uns daher auf den bevorstehenden Wahlkampf und werden mit den Mitgliedern das Beste aus der kurzen Zeit herausholen“, betont sie.
Freie Wähler: Kleinere Parteien haben es schwerer
„Die Berufspolitiker des Bundestags haben wieder nicht an die Auswirkungen ihres Handelns gedacht und nun muss alles sehr schnell gehen“, erklärt Mike Hauschild, der für die Freien Wähler im Wahlkreis 155 – Bautzen I antritt. „So kann man kaum einen ehrlichen, sachorientierten Wahlkampf vorbereiten.“ Zu befürchten sei auch, dass erhebliche Unterstützung aus dem Ausland eine Rolle spiele. Politiker der verschiedenen Parteien überböten sich jetzt schon mit unhaltbaren Versprechen und Angstmacherei vor der Zukunft. Das werde sich noch verstärken.
Den Vorteil des eher kurzen Wahlkampfs sieht er darin, dass die Flut der falschen Versprechungen und Angstmacherei dann schnell vorüber sei. „Der Nachteil ist: Die Bürger werden kaum Zeit haben, Aussagen zu prüfen und sich eine eigene Meinung zu bilden“, resümiert Mike Hauschild. Kleinere Parteien hätten es daher schwerer, zu den Wählern durchzudringen. Er sei gespannt, wie die Wahl ausgeht, sagt der Handwerksmeister aus Bautzen.
SPD: Seit 2021 auf Bundesebene viel Einfluss genommen
In den vergangenen Wochen galt es, vieles zu ordnen und den veränderten Fristen anzupassen, sagt SPD-Kandidatin Kathrin Michel, damit alles rechtssicher abläuft beim Aufstellen der Kandidaten. „Das bedarf guter Organisation und sorgfältiger Arbeit“, erklärt die 61-Jährige. „Dafür trage ich auch als Co-Landesvorsitzende der SPD Sachsen Verantwortung.“
Als Kandidatin habe sie ein Wahlkampfteam berufen, mit dem sie sich regelmäßig berate und Aufgaben sowie Termine abstimme. Neben Erstellung von Flyern oder dem Aufhängen von Plakaten komme etwa das Planen von Info-Ständen sowie Tür-zu-Tür-Wahlkampf hinzu. „Der kurze Wahlkampf in den Wintermonaten ist nicht einfach, aber wir sind mit Mütze, Handschuhen, heißem Tee und guter Laune trotz widriger Bedingungen bestens gerüstet“, sagt sie. „Ich bin gut vorbereitet – und ich bin Optimistin.“
Nachteile habe der kurze Wahlkampf vor allem für Kleinstparteien, die zunächst noch Unterschriften sammeln müssen, ehe sie zur Wahl zugelassen werden, erläutert Kathrin Michel. Auch für neue Kandidaten sei das kurze Zeitfenster des Wahlkampfs eine große Herausforderung. „Ich freue mich auf die intensive Wahlkampfzeit mit meinem Team“, sagt die SPD-Politikerin. „Direkte Gespräche sind das Salz in der Suppe und ich bin in der Position, etwas Gutes für meine Heimat zu bewirken.“ Die Themen, die man vor der Brust habe, seien den Menschen bekannt und ließen sich auch in einem kurzen Wahlkampf thematisieren.
Seit ihrem Einzug in den Bundestag 2021 habe sie auf Bundesebene viel Einfluss nehmen können. Unter anderem habe man so dabei nachsteuern können, wie das Investitionsgesetz Kohleregionen umgesetzt wird. „Ich sehe mich als Brückenbauerin zwischen der Lausitz und Berlin – und das vermittele ich den Menschen vor Ort nicht erst seitdem klar ist, dass die Bundestagswahlen vorgezogen werden, denn die Lausitz ist meine Heimat“, betont die SPD-Kandidatin im Wahlkreis 155.
CDU: Weniger Zeit, sich neuen Wählern vorzustellen
„Seit über zwei Jahren habe ich ein klares Ziel vor Augen: Das Direktmandat für den Wahlkreis Bautzen zurück in demokratische Hände zu holen“, erklärt CDU-Kandidat Steffen Roschek. „Ich bin fest entschlossen, die Menschen, Vereine, Unternehmen und Kommunen dieser Region endlich wieder sachgerecht und mit Anstand in Berlin zu vertreten – so, wie sie es verdient haben.“ Deshalb könne die Wahl für ihn nicht früh genug kommen, betont der Inhaber eines Software-Unternehmens. Als am 6. November 2024 das Scheitern der Ampel bekannt wurde, sei er bereits mitten in den Vorbereitungen gewesen. „Mein Team und ich haben mit voller Energie Pläne geschmiedet, die strategischen Weichen gestellt und die inhaltliche Ausrichtung klar definiert“, sagt der gebürtige Wittichenauer, der seit 1998 in Bautzen lebt. „Ob Plakatierung, Veranstaltungen oder Gespräche – alles läuft darauf hinaus, pünktlich bereit zu sein, wenn der Wahlkampf in seine heiße Phase geht.“
Natürlich bringe ein kurzer Wahlkampf Herausforderungen mit sich. Besonders bedauerlich findet er, dass weniger Zeit bleibt, um sich neuen Wählern vorzustellen. Zudem schränke der Winter mit kurzen Tagen und kaltem Wetter die Möglichkeiten für Haustürgespräche ein. „Genau diese persönlichen Begegnungen liebe ich aber am meisten“, erläutert der Vater von zwei Töchtern. „Es gibt nichts Schöneres, als mit den Menschen direkt ins Gespräch zu kommen, ihre Sorgen sowie Wünsche zu hören und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.“
Doch gerade diese Herausforderung schweiße das Team zusammen. „Ich spüre, dass damit wesentlich entschlossener ein ganzer Kreisverband hinter mir steht“, sagt Steffen Roschek. Sein Ziel sei, nicht nur Wechselwähler zu gewinnen, sondern auch Vertrauen zurückzugeben durch klare Botschaften, ehrliche Gespräche und den unbedingten Willen, für den Wahlkreis 155 – Bautzen I das Beste zu erreichen.
Linke: Wieder in Fraktionsstärke im Bundestag sein
Die Linke im Landkreis Bautzen hat sich bereits seit dem Bruch der Bundesregierung am 6. November auf die Neuwahl vorbereitet. Länger zu warten, wäre unverantwortlich gewesen, sagt Silvio Lang als Co-Kreisvorsitzender. Plakate mussten gedruckt, Wahlkampfmaterial bestellt und produziert, Genehmigungen beantragt, Kandidaten aufgestellt, Wahlprogramme aufgeschrieben und beschlossen werden.
Die Phase der Vorbereitungen sei mittlerweile abgeschlossen. Caren Lay, seit 2009 Mitglied im Bundestag, tritt noch mal für das Mandat im Wahlkreis 155 an. Insofern gehe es nun an den Wahlkampf mit ungefähr sechs intensiven Wochen. „Die Linke ist hier – insgesamt und im Landkreis Bautzen – hervorragend aufgestellt mit einer guten Kandidatin“, sagt Silvio Lang. „Die Parteimitglieder sind motiviert – trotz der zu erwartenden, ungünstigen Witterungsbedingungen.“
Organisatorisch sei Zeitdruck immer nachteilig, sagt der Co-Vorsitzende in Bezug auf die kurze Zeit, die für Wahlkampf verfügbar ist. Ob es im Ergebnis an der Wahlurne ein Vor- oder Nachteil sein wird, entschieden die Wähler und lasse sich schwer prognostizieren. „Als Linke hätten wir sicher gern etwas mehr Zeit bis zur regulären Wahl im September 2025 gehabt, um uns unter der neuen Parteiführung neu aufzustellen und bei den Menschen wieder nachhaltiger als wichtige politische Kraft zu etablieren“, erklärt er. Die bisherigen Rückmeldungen seien aber positiv, die Linke werde gebraucht. „Wir sind deshalb zuversichtlich, nach der Wahl wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen.“