Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Stolpersteine gegen das Vergessen der Opfer

Stolpersteine gegen das Vergessen der Opfer

Der preisgekrönte Bildhauer Gunter Demnig hat am Mittwoch drei mahnende Stolpersteine für die jüdische Familie Hamburger in den Gehweg der Wallstraße 8 eingelassen. Foto: René Hoffmann-Schiertz

Bautzen. Geschichte muss sichtbar sein, sonst wird sie vergessen. Dessen sind sich auch die Kinderärztin Dr. Monika Schöne und ihre Kinder bewusst und haben sich mit Unterstützung des Bautzener Stadtmuseums und der Stadtbibliothek mit der Vergangenheit der jüdischen Familie Hamburger aus Bautzen auseinandergesetzt. Grund genug, um sich von dem mehrfach prämierten Bildhauer Gunter Demnig drei Stolpersteine anfertigen zu lassen, die am vergangenen Mittwoch persönlich von ihm in den Gehweg der Wallstraße 8 eingelassen wurden.

In der weißen Gründerzeitvilla mit den grau abgesetzten und mit Stuck verzierten Fenstern lebte in den Jahren von 1901 bis 1938 die Kaufmannsfamilie Hamburger aus Posen. Julius Hamburger war ein wichtiges Mitglied der israelitischen Gemeinde in Bautzen und war durch den Handel von Textilien und Stoffen zu einem erfolgreichen Geschäftsmann geworden. Er eröffnete in der Reichenstraße 15 ein Konfektionsgeschäft für Herren und Knaben. 
Seine Frau Cäcilie und seine Tochter Herta waren ebenfalls in dem kleinen und florierenden Familienunternehmen beschäftigt. Die Familie genoss bei Kunden und Nachbarn in den Jahren vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten ein hohes Ansehen. Erfolg kann aber auch Neider hervorrufen. So mussten sie, wie viele andere jüdische Bürger auch, erfahren, wie sich Neid in blinden Hass verwandeln kann. 

Der traurige Höhepunkt war schließlich die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Die Reichspogromnacht brachte Feuer, Leid, Zerstörung und Schmerz in das Leben auch dieser jüdischen Familie. Ihr Dasein wurde von einem Moment auf den anderen komplett umgekrempelt. Ihr Haus wurde geplündert und ihr Hab und Gut sowie persönliche Aufzeichnungen vernichtet. Nach einer jahrelangen Inhaftierung wurden sie 1942 ins Ghetto nach Riga deportiert und schließlich am 8.9.1942 erschossen. “Die wenigen Informationen machten die Recherche nach ihrer Geschichte auch so schwierig, aber jemand muss diese Erlebnisse erzählen und aufzeigen, sonst kann sich die Vergangenheit wiederholen. Wir wünschen uns und unserer Generation, dass wir in Zukunft keine weiteren Mahnmale, wie Stolpersteine anfertigen müssen“, mahnte Monika Schöne.
 
Rund 100.000 aus Messing geschaffene Stolpersteine wurden bereits von dem Künstler Gunter Demnig seit 1996 in die europäischen Bürgersteige gelassen und erinnern an die Gräueltaten der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten. 
Bautzen hat seit Mittwoch nun drei weitere und kommt damit auf 39 Stolpersteine an 11 verschiedenen Orten. Holger Nowak, neuer Baubürgermeister der Stadt Bautzen sagte: “Die Steine sollen auch als Mahnmal verstanden werden. Die Vergangenheit darf sich nicht wiederholen. Gerade in einer Zeit, wo politische Einflüsse von Rechts in unsere Gesellschaft strömen, müssen wir gegen das Vergessen ankämpfen.” Er und die Stadt Bautzen sind Monika Schöne und ihren Kindern sehr dankbar, dass sie sich dieser immer wichtiger werdenden Thematik angenommen und die drei Steine gespendet haben. 

René Hoffmann-Schiertz / 08.10.2023

Schlagworte zum Artikel

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel