Tag und Nacht kann man im Tagwerk verbringen
Auch der Tischler und baldige Student Richard Hinz nutzt die Möglichkeiten des Tagwerks für sein vielfältigen Tätigkeiten. Foto: Benjamin Vogt
Das Schaufenster auf der Tuchmacherstraße lässt die vielfältigen Angebote und Möglichkeiten bereits erahnen.
Foto: Benjamin Vogt
Auch in der Lausitz ändern sich die Arbeits- und Lebensgewohnheiten. Da verwundert es nicht , wenn es auch in Bautzen Initiativen gibt, die neue Möglichkeiten von Arbeit erkunden und entwickeln.
Bautzen. Kommt man von der geschäftigen Kornmarktkreuzung in die Tuchmacherstraße, wird es erst einmal ruhig. Doch der Eindruck täuscht. Denn hier gibt es einen Ort, an dem nicht nur gearbeitet, sondern sich auch über zukünftige Arbeits- und Lebensweisen der Kopf zerbrochen wird.
Ein großes buntes Schaufenster begrüßt die Passanten und vielleicht haben sich einige beim Vorbeigehen schon gewundert, was sich hinter der besonderen Gestaltung verbirgt. Wenn man nicht vorbeigeht, sondern den Raum hinter dem Fenster betritt, öffnet sich eine bunte Welt voller Möglichkeiten. Wir sind beim Tagwerk e.V.. Dieser junge Verein, der sich 2020 in Bautzen gegründet hat, beschreibt sich selbst mit drei Schlagworten: Coworking, Makerspace, Community. Doch was bedeutet das hier in der Tuchmacherstraße?
„Coworking“
Coworking hat seine ersten Ursprünge in den 1990er Jahren und meint nichts anderes, als dass sich verschiedene Leute einen Arbeitsraum teilen. Das sind klassischerweise Großraumbüros, aber auch anderweitig genutzte Räume lassen sich unter diesem Schlagwort zusammenfassen. Dieser Gedanke wird inzwischen besonders in großen Städten praktiziert. Der Vorteil ist, dass man nicht ständig ein ganzes Büro braucht, gerade wenn man einen Beruf hat, in dem man viel unterwegs ist. Auch wenn man nicht zuhause arbeiten kann oder möchte oder schlichtweg sein Zuhause nicht oft sieht, hat es Vorteile, wenn es diese Möglichkeit dieses Arbeitens gibt. Ein weiterer Pluspunkt ist die Möglichkeit der Interaktion. Gerade für Kreative und Entwickler bietet das Coworking viele Möglichkeiten der Kommunikation und Vernetzung mit anderen. Wenn man das Tagwerk betritt, steht man direkt im „Coworking-Space“. Dass es sich dabei nicht um eine lose Ansammlung von Schreibtischen handelt, sieht man sofort. Dabei gehört auch das Sofa und das Kaffeetischchen zur Idee.
Denn Arbeit wird hier nicht mehr isoliert als Gegensatz zur Freizeit gedacht, sondern als produktive Lebenszeit.
„Makerspace“
Durchquert man den ersten Raum, betritt man den „Makerspace“. Das kann man jetzt mit „Macherraum“ übersetzen, aber vielleicht auch einfach als Werkstatt. Denn am Ende sind das die Räumlichkeiten, in den man „was machen“ kann. Grob gesagt gibt es hiereine Metall- und eine Holzwerkstatt. Von A wie Abziehstein bis Z wie Ziehklinge ist hier der Raum, wo man tätig schaffend sein kann und natürlich auch einfach mal die Möglichkeit hat, etwas auszuprobieren. Dabei steht man nicht allein, denn auch hier gilt der Vorteil vom Coworking, der praktisch einfach bedeutet, dass man immer jemanden fragen kann, sich austauscht und von den Erfahrungen anderer profitiert. Sogar eine CNC-Maschine gibt bei dem Verein. Das ist am Ende nur logisch, bezeichnet er sich selbst doch als „digitale Manufaktur“. Wenn man Lebens-und Arbeitswelten des 21. Jahrhunderts erkunden will, soll die Technik der Gegenwart nicht ausgeklammert werden.
„Community“
Bleibt noch der dritte Aspekt: Community. Das heißt nichts anderes als Gemeinschaft und kann vielleicht als der Rote Faden gesehen werden, der sich als Kerngedanke durch die Vereinstätigkeiten zieht: weg vom isolierten Einzelkämpfer hin zum gemeinschaftlichen Vorhaben. Dabei wird natürlich nicht nur geplant, konstruiert und gebaut, sondern auch die Freizeit gestaltet. Ein fester Termin dabei ist das Kleinkunstwerk. Dieses findet jeden Donnerstag ab 19:00 Uhr statt und bietet die Gelegenheit, den Horizont zu erweitern und sich gemeinsam auszutauschen. Dabei gibt es immer einen kulturellen Beitrag, sei es sorbischer Rap, Fotoreportagen, DEFA-Märchen-Mitmach-Abende oder einfach eine offene Bühne, auf der jeder zeigen darf, was er kann.
Bei all diesen Möglichkeiten bleibt der Verein nicht bei sich, sondern vernetzt sich auch in der Region, er kooperiert mit dem Verein „Die Ganzmacher e.V.“, mit den Backyard-Studios, ist im Bürgernetzwerk vertreten und gibt natürlich vielen regionalen Künstlern, wie zum Beispiel den Leuten von der Kollision der Künste (kodekü) die Möglichkeit, sich zu präsentieren. Ein Wermutstropfen bleibt aber: Die Hauptaltersgruppe zwischen 20 und 40, die den Verein prägt, ist in der Region schwach vertreten. Und so hat auch diese junge Initiative Nachwuchssorgen.
Wer sich für die Arbeit des Vereins interessiert, kann sich auf der Internetseite tagwerk.space informieren oder einfach mal am Donnerstag ab 19:00 Uhr vorbeischauen.