Tendenz der Wiederbelebung ist da
Christoph Rummel bemüht sich um Zweisprachigkeit seiner Gottesdienste, wozu auch das deutsch und sorbisch bestickte Parament beiträgt.
Christoph Rummel heißt der neue Superintendent für die evangelischen Sorben in der Oberlausitz. Unlängst hat der 47-Jährige die Nachfolge von Jan Mahling in diesem Amt angetreten. Reporter Uwe Menschner sprach mit ihm über seine Aufgaben und die Wiederentdeckung der sorbischen Identität.
Herr Rummel, könnten Sie sich bitte zunächst kurz persönlich vorstellen?
Christoph Rummel: Gern. Ich stamme aus der Leipziger Gegend, habe im Thomanerchor gesungen und bin in einem Pfarrhaus groß geworden. Insofern ist mit der Beruf des Pfarrers quasi in die Wiege gelegt worden. Ich habe zunächst zwei Jahre Kirchenmusik studiert und bin dann zur Theologie gewechselt. Meine erste Pfarrstelle habe ich vor 15 Jahren im Erzgebirge angetreten. Da es mich aber in den Großraum Dresden gezogen hat, bewarb ich mich für die freigewordene Pfarrstelle in Göda und habe die Stelle bekommen.
Wie sind Sie als Auswärtiger in der Oberlausitz aufgenommen worden? Und als Nicht-Sorbe bei ihren sorbischen Gemeindegliedern?
Christoph Rummel: Nun, es gab schon eine gewisse Phase des Ankommens. Das war anders als im Erzgebirge. Mit Freundlichkeit, Beharrlichkeit und Freude an der Arbeit ist es mir aber gelungen, in Göda heimisch zu werden. Sicher kommen mir die Erfahrungen meines Auslandsjahres in Siebenbürgen zugute, wo ich Rumänisch gelernt habe und die Zweisprachigkeit als sehr bereichernd empfunden habe. Genauso ist es jetzt hier mit der deutsch-sorbischen Zweisprachigkeit.
Wie lebendig ist das Sorbische in der evangelischen Oberlausitz? Wird es überhaupt noch gepflegt?
Christoph Rummel: Das evangelische Sorbentum ist in der Tat auf ein kleines Maß zusammengeschmolzen. Es gibt einen Kern, der die sorbischen Traditionen intensiv pflegt, der ist aber sehr klein. In unserer Gemeinde hier in Göda haben wir eine Muttersprachlerin, andere kennen das Sorbische nur noch von ihren Großeltern. Es gibt aber auch Tendenzen, die auf eine Wiederbelebung hindeuten.
Worin genau bestehen diese?
Christoph Rummel: 1990 wurden die sorbischsprachigen Gottesdienste hier in Göda mangels Bedarf eingestellt. 2012 konnten wir sie wieder beleben und haben regelmäßig etwa 20 Teilnehmer, darunter 12 Glieder unserer eigenen Gemeinde. Dieses Phänomen einer gewissen Wiederbelebung ist mir auch aus Königswartha und Hochkirch bekannt. Generell zeigen die jungen Leute wieder mehr Interesse an den sorbischen Wurzeln. Ich selbst versuche, die sorbische Sprache fest in das Gemeindeleben zu integrieren. So ist unser Kirchenblatt zweisprachig, sorbische Gemeindeglieder erhalten das Abendmahl auf sorbisch. So wird in jedem Gottesdienst sorbisch gesprochen.
Wie kam es dazu, dass Sie zum Sorbischen Superintendenten berufen wurden, und welche Aufgaben haben Sie als solcher?
Christoph Rummel: Durch den Übertritt von Jan Mahling in den Ruhestand wurde ein Nachfolger gesucht, und man hat mich angesprochen, ob ich dieses Amt übernehmen möchte. Da ich die volle Pfarrstelle in Göda behalten habe, musste ich schon überlegen, ob ich das überhaupt schaffe. Als sorbischer Superintendent stehe ich dem sorbischen Kirchenkreisverband vor, dem alle Gemeinden mit sorbischen Traditionen angehören und der direkt der Landeskirche unterstellt ist. Im Vergleich zu meinen deutschen Kollegen liegt der Schwerpunkt meiner Arbeit weiterhin in der geistlichen Tätigkeit, weniger in der Administration.
Sind Sie auch schon mit Feindseligkeiten gegen oder Diskriminierung von Sorben konfrontiert worden?
Christoph Rummel: Direkt noch nicht, es ist mir aber bewusst, dass es unterschwellige Abneigungen gibt, besonders bei älteren Menschen. Dabei geht es zumeist darum, dass Sorben nicht sorbisch reden sollen, wenn Deutsche dabei sind. Ich habe aber den Eindruck, dass diese Erscheinungen auf dem Rückzug sind.
Was wollen Sie als Sorbischer Superintendent in Ihrer Amtszeit erreichen?
Christoph Rummel: Der Reichtum der Zweisprachigkeit und der sorbischen Identität muss bewahrt und gepflegt werden, darin sehe ich meine wichtigste Aufgabe. Eine unterdrückte Identität ist für niemanden vorteilhaft. Um 1900 war unsere Gegend noch genauso sorbisch wie beispielsweise Crostwitz oder Radibor. Persönlich würde ich gern mit sorbischen Kindern musizieren, vielleicht im Rahmen von Projektwochen.