Thomas Zschornak kann in Nebelschütz wieder lachen
Thomas Zschornak in seinem selbst geschaffenen kleinen Paradies: Der Garten wurde nach den Prinzipien der Permakultur angelegt.
Jahrelang erschien die Gemeinde Nebelschütz wie eine Insel der Glückseligen. Dann brach plötzlich ein Sturm über sie herein. Im Zentrum stand der bisherige Bürgermeister, der jetzt nach Antworten sucht.
Nebelschütz. Dieser Mann ist mit sich im Reinen. Daran hat keinen Zweifel, wer zusammen mit Thomas Zschornak an dessen Gartentisch Platz nimmt. Dichtes Grün, durchsetzt mit bunten Blüten umrahmt trotz der anhaltenden Trockenheit den schattigen Sitzplatz. Im Hintergrund glitzert das Wasser eines kleines Teichs durch die Staudenblätter. „Das Mulchen ist ganz wichtig“, sagt Thomas Zschornak. „Schließlich haben wir den Garten nach den Regeln der Permakultur angelegt.“
Permakultur – dies ist eines der Leitmotive, die den Nebelschützer in seiner kürzlich zu Ende gegangenen Bürgermeisterschaft stetig begleiteten. Andere Schlagwörter lauten „Enkeltauglichkeit“ und „Ökokonto.“ Begriffe, die ohne Thomas Zschornak in der Oberlausitzer Kommunalpolitik vielleicht bis heute weitgehend unbekannt wären. Ja, ein gewöhnlicher Bürgermeister war er sicher nicht. Und womöglich auch nicht immer ein bequemer Zeitgenosse für manche seiner Mitmenschen. Doch was Thomas Zschornak in der letzten Phase seiner Amtszeit erleben musste, hätte ihm fast die Füße weggezogen. „Es begann mit der Gemeinderatswahl vor zwei Jahren“, blickt er im Gespräch an seinem Gartentisch zurück. „Wo wir bis dahin immer um Gemeinschaftlichkeit und Konsens bemüht gewesen waren, zogen auf einmal Unruhe und Zank ein.“ Auch zuvor, so der frühere Bürgermeister, hatte man im Gemeinderat gestritten und so um die beste Lösung gerungen: „Doch das änderte sich. Der Ton wurde anders, rauer und persönlicher.“
Im Juni 2021 erhielten Landtagsabgeordnete eine Mail, deren Verfasser sich mokierten, dass „Herr Zschornak als CDU-Bürgermeister sich mit Linken und Grünen trifft.“ Im Januar 2022 folgte eine zweite anonyme E-Mail, diesmal ans Landratsamt Bautzen. Darin wurde behauptet, die Gemeinde Nebelschütz errichte mit Wissen und Wollen des Bürgermeisters Schwarzbauten. Den Höhepunkt erreichte die Kampagne schließlich mit der anonym betriebenen Website „Wahrheit-Krabat“: „Dort wurden nicht nur gegen mich, sondern auch gegen meine Familie, Freunde und politische Wegbegleiter unhaltbare Vorwürfe erhoben“, so Thomas Zschornak. Worin diese bestanden, ist in anderen Medien umfassend kolportiert worden und soll hier daher nur am Rande erwähnt werden. An dem erfahrenen Kommunalpolitiker – Thomas Zschornak war zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehr als 30 Jahren Bürgermeister – ging das alles nicht spurlos vorbei: „Das hat mich sehr mitgenommen und ging so weit, dass ich ernsthaft erkrankte.“ Mit großer Willensstärke gelang es Thomas Zschornak nach eigenem Bekunden, seinen Pflichten als Bürgermeister weiter nachzukommen und somit die Zwangsverwaltung der Gemeinde Nebelschütz durch einen Amtsverweser zu vermeiden.
Gleichwohl kamen die erhobenen Vorwürfe beim Rechts- und Kommunalamt des Landkreises Bautzen zur Prüfung. Vor wenigen Tagen nun erhielt Thomas Zschornak den erlösenden Bescheid: „Wir haben dem Sächsischen Staatsministerium des Inneren mitgeteilt, dass nach jetzigem Kenntnisstand nicht von einer persönlichen Vorteilsnahme auszugehen ist. Auch weiteres rechtswidriges Handeln war durch uns nicht erkennbar“, heißt es in dem Ende Juli verschickten Schreiben.
Jetzt, mit ein wenig Abstand und nach der Übergabe der Amtsgeschäfte an seinen gewählten Nachfolger, sagt Thomas Zschornak über sich selbst: „Mir geht es gut, ich kann wieder lachen.“ Und doch will er, dass die Intentionen der Urheber der anonym erhobenen Vorwürfe ans Licht kommen, da er darin die Wiederholung eines bereits bekannten Musters erkennt: „Immer häufiger werden Bürgermeister und andere Verantwortungsträger zum Ziel böswilliger Attacken, und nicht alle stehen diesen Kampf durch.“ Auf der Website seien Protokolle und E-Mails veröffentlicht, „an die man nicht so ohne weiteres herankommt.“ Gegen die Betreiber laufen mehrere Klagen, unter anderem vom Krabat e.V. Der neue sächsische Innenminister Armin Schuster nehme diese Problematik sehr ernst und habe ihn wie auch andere Betroffene zu einer Gesprächsrunde eingeladen. Ihm selbst sei zugute gekommen, dass er bereits vor sieben Jahren klar gemacht habe, dass dies seine letzte Amtszeit sein werde. Zudem falle er nicht, wie viele Bürgermeister, nach dem Ende der Amtszeit „in ein Loch“: „Ich bin nach wie vor beim Verwaltungsverband angestellt.“ Sein Ziel, Nebelschütz „enkeltauglich“ zu gestalten, will Thomas Zschornak weiter verfolgen: Mithilfe der „Stiftung Enkeltauglichkeit“, die bis zum Jahresende ihre Arbeit aufnehmen soll. „Die Gemeinde ist herzlich zur Mitarbeit eingeladen, wenn sie sich mit den Zielen identifizieren kann“, sagt er. Dieser Mann ist mit sich im Reinen …