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Ungenaue Zeiten bei bester Lage!

Ungenaue Zeiten bei bester Lage!

Nix da in Sachen genauester Görlitzer Zeit. „Der Mönch“ schlägt jeweils sieben Minuten zur Stunde zu früh. Foto: Matthias Wehnert

Region. Zur Zeitumstellung von der Sommer- auf die Winterzeit – eigentlich die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) – sei wieder einmal daran erinnert, dass Görlitz zumindest zu letzterer die genaueste Zeit in Deutschland hat, weil der 15. Längengrad durch die Stadt führt, auf den sich die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) bezieht. An der Stadtbrücke nahe der Stadthalle markiert der Meridianstein den genauen Verlauf. Auf polnischer Seite zeigt eine gepflasterte Linie den Verlauf des Meridians in der ulica Daszynskiego an.

Hingegen hat die Uhr am Görlitzer Hauptpostamt am Postplatz lange Zeit nur zweimal am Tag die richtige Zeit angegeben: Fünf Minuten vor Elf, nicht zwölf. Das ist behoben, wenngleich man fünf vor Zwölf vielleicht symbolisch dauerhaft hätte einstellen können. Die Bahnhofsuhr in Horka stand sogar einige Jahre still. Ein beherzter Horkaer, den dieser Zustand ärgerte, hatte in Eigeninitiative, nach mühevollem Schriftverkehr mit dem Eigentümer des Gebäudes und der DB und der Beschaffung eines Funkuhrmoduls auf eigene Kosten die Uhr wieder zum Laufen gebracht.

Vor fast 500 Jahren versuchten die Görlitzer Tuchmacher das Rathaus zu stürmen, den Rat mit Gewalt zu stürzen und Verhaftete zu befreien. Dabei begannen sie die Aktion Punkt Mitternacht. Weil sie sich aber nach der Kirchturmuhr richteten, die sieben Minuten vorging, machte der Nachtwächter dem Rat Mitteilung und alle Verschwörer konnten festgenommen werden. Die Sage ist freilich eine Mischung aus Fakten und Legende.

Historisch belegt ist, dass es damals keinen Kirchturm mit Uhr gab, und der Stundenschlag, der sieben Minuten zu früh ertönte, ist eine spätere Erfindung. Der Turm erhielt erst im 18. Jahrhundert eine Uhr, und das Motiv für den verfrühten Glockenschlag bleibt ungeklärt. Die Geschichte der „Verräterischen Rotte“ und des „Mönchs“ wurde erstmals im 19. Jahrhundert von einem Görlitzer Pfarrer niedergeschrieben, der von den Gebrüdern Grimm inspiriert war, Märchen und lokale Sagen zu sammeln. Dennoch: Der Stundenschlag vom Mönch ertönt bis heute sieben Minuten eher – und das in der Stadt, die dank ihrer Lage am 15. Meridian eigentlich die genauste Zeitangabe in ganz Deutschland aufweist. Wer also nicht auf den Stundenschlag vom Mönch seine Aufmerksamkeit richtet, dem wird in Görlitz mit der Zeitumstellung am Sonntagfrüh die genauste aller Zeiten in Deutschland wieder angezeigt. Morgens bleibt es ab dem 27. Oktober nun wieder länger dunkel, dafür ist es aber abends eine Stunde länger hell. Die Uhr wird dafür in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 3.00 Uhr auf 2.00 zurückgestellt. 

Till Scholtz-Knobloch / 26.10.2024

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