Verein hilft Vereinen sich im Verein zu vereinen
V.l.n.r. Nancy Nadebor, Tilman Havenstein und Sarah Hilke erläuterten für den Kulturverein Rietschen im großen FEMA-Saal in Rietschen, wie die Vereinswoche ablaufen soll. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Dem Deutschen geht seine Vereinsmeierei zunehmend abhanden. Verantwortung, Disziplin und Zusammenhalt im und für Vereine will der Kulturverein Rietschen nun mit einer Vereinswoche neue Impulse geben. Das ist mit manchem Gimmick nicht allein für die Rietschener interessant.
Rietschen. Nancy Nadebor, Tilman Havenstein und Sarah Hilke vom 2017 gegründeten Kulturverein schauen sich auf die Frage an, wie viele Vereine es in Rietschen überhaupt gibt. Durchgezählt habe man nicht, aber so etwa 30 könnten es letztlich sein. Ob Handballer vom SSV Stahl, Fußballer vom FC Stahl, Daubitzer Heimatverein, Jugendfeuerwehr, Angler, Ehrlichthofgauckler,... Sarah Hilke versucht schnell einen Überblick zu geben, dass die Bandbreite von den sportlichen Klassikern bist zu vielen Sonderinteressen reicht. Und so habe man bei der Vernetzung zum Beispiel auch Dance Attack oder den in der Region starken ESW-Nachwuchs im Boot. Eine Projekt-Unterstützung durch die Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien über 8.800 Euro mache es nun möglich, dass der Kulturverein als Motor der Vernetzung in Aktion tritt und eine Vereinswoche auf die Beine stellt, bei der sich alle Vereine präsentieren können. Serviceangebote sollen zudem Akteuren das Leben in und für den Verein erleichtern helfen.
In der Woche vom 23. bis 27. Oktober haben nun alle Vereine die Möglichkeit, offene Trainings- und Kennenlernkreise in ihrem Vereinshaus oder -platz anzubieten, um für eigene Aktivitäten zu werben und neue Mitglieder zu gewinnen.
Erkenntnisse sollen am Freitag, 27. Oktober, im Kulturhaus FEMA in Rietschen, von 16.00 bis 19.00 Uhr, fokussiert werden. Dabei können sich Vereine auch mit digitalen Präsentation vorstellen. Infostände und interaktive Angebote sollen dies noch verdichten. Ab 17.00 Uhr starten Workshops sowie eine Podiumsdiskussion mit Experten zu den Themen Steuerrecht im Verein, Fördermittelgewinnung und Nachwuchsgewinnung. Der Niederschlesische Kurier bot beim Pressegespräch einen Workshop zur Öffentlichkeitsarbeit an – möglicherweise kann auch dieser noch in den Tag integriert werden.
Doch mit dem Freitag ist noch nicht Schluss. Am Samstag, 28. Oktober, findet im FEMA-Saal noch der alljährliche Tanzworkshop von 10.15 bis 12.15 Uhr für Jung und Alt mit Christin Derichs statt. Von 13.00 bis 15.00 Uhr gibt es zudem Zumba mit Aline und Meli. Sonntag, 29. Oktober soll vormittäglich als gemütlicher Abschluss und Austausch im Gasthaus „Arschleder“ begangen werden. Über die ganze Woche steht letztlich das Ziel über allem, Kinder und Jugendliche in das Vereinsleben zu integrieren und auch Erwachsene für das Ehrenamt zu begeistern. „Am Ende lernen junge Menschen Disziplin auch mit der Regelmäßigkeit ihrer Betätigung, es ist also auch für Eltern interessant, wenn schon früh das Engagement im Verein eine Grundlage legt“, gibt Sarah Hilke zu bedenken.
Auch außerhalb der eigentlichen Trainingszeiten garantieren die Vereinskegler des neuen KSC Stahl auf der Kegelbahn im Rietschener Kulturhaus FEMA immer Betrieb. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Vereine, die sich noch nicht für Einblicke in ihr Innenleben vom 23.-27. Oktober angeboten haben oder sich mit einem Stand am 27. Oktober, 16.00 bis 19.00 Uhr, im Kulturhaus FEMA beteiligen möchten, können dies noch bis 5. Oktober unter Angabe des Vereinsnamens, einer Kontaktperson, E-Mail/Telefon, Präsentationstag/en im Verein sowie gegebenenfalls mit Hinweis zur Abteilung oder Altersklasse nachholen. Mit vollständigen Angaben an kulturverein.rietschen@gmx. de sei die Aufnahme im Flyer noch im letzten Moment möglich, beruhigt Nancy Nadebor.
Aufwärts bei den Keglern
Und da es sich anbietet, besucht die Redaktion gleich noch zwei Etagen tiefer im Haus den jüngsten Verein der Gemeinde. Die Kegler hatten sich gerade erst am 31. Mai als „KSC Stahl“ aus dem Mutterverein herausgelöst. Sich in Mehrspartenvereinen zu behaupten, ist sicher auch eine interessante Frage im Miteinander der Vereinswoche. Es habe Unstimmigkeiten im SSV Stahl gegeben, man habe sich wenig unterstützt gesehen, räumt Vorsitzender Kai Härtner als Grund der Abspaltung ein. Dabei blicke man mittlerweile auf eine 95-jährige Kegeltradition zurück. Die Kegelbahn im FEMA-Keller ist mittlerweile die beste Adresse weit und breit. Während bei Post Görlitz nur noch Freizeitkegeln angesagt ist, hat der KSC Stahl die Nase nun vorne – auch vor der ISG Hagenwerder. Damit sind die Rietschener im Schließen einer Nische auch für Auswärtige immer interessanter geworden.
Neben Kai Härtner sitzt an diesem Abend auch Torsten Jurke, alias Dr. Taste. Der Musiker mit eigener Kegelbahn in Uhsmannsdorf hat mit „Ich will kegeln“ (nach der Melodie von I am sayling) so etwas wie den Erfolgssong zum Höhenflug seines KSC Stahl beigetragen. Ob die 1. Landesliga bei den Herren nur Zwischenstation bleiben soll oder irgendwann auch die 2. Bundesliga ins Visier genommen wird, wollen Härtner und Jurke schmunzelnd nicht weiter vertiefen. Immerhin hat man dieses Jahr bereits die polnische Nationalmannschaft eingeladen – und besiegt! Die Stimmung sei stets bombig, das Zuschauerinteresse wachse. Und das obwohl viele den Kegelsport als Taktiksport unterschätzen würden und meinten, Kegeln sei eng mit erhöhtem Bierkonsum verbunden, so Härtner. An diesem Abend beschränkt sich der Konsum auf den dezenten Genuss und an Spieltagen, ist dieser dann ohnehin kein guter Berater. Hier im Keller ist jedenfalls ein neues Aushängeschild der Gemeinde in der Aufschwungphase. Mit Elan geht also einiges! Die Kegler zeigen, dass selbst neue Vereine Zukunft haben können.