VfB-Vorstand: „Wir brauchen jetzt nicht jammern!“
Tore sind beim Fußball bekanntlich das Salz in der Suppe. Kann die erste Männermannschaft des VfB Zittau in der kommenden Saison vielleicht wieder solche Siege in der Kreisoberliga Oberlausitz feiern? Foto: Steffen Linke
Zum Auftakt in die neue Fußballsaison schlug es hohe Wellen, als der VfB Zittau wegen Personalmangels seine erste Männermannschaft aus der Fußball-Landesklasse Ost zurückzog („Oberlausitzer Kurier“ berichtete). Unser Redakteur Steffen Linke befragte Vorstandsmitglied Steffen Liske jetzt zur aktuellen Situation des Vereins.
Wie fühlt es sich für Sie an, wenn beim VfB Zittau kein Fußball bei der ersten Männermannschaft, sprich dem Aushängeschild des Vereins, in der laufenden Saison rollt?
Steffen Liske: Wie soll es sich schon anfühlen? Natürlich fehlt uns da etwas. Wir engagieren uns seit vielen Jahren ehrenamtlich. Da ist es schon traurig, wenn die erste Männermannschaft auseinanderfällt. Deshalb überwiegt bei uns auch immer noch die Enttäuschung.
Inwieweit fehlt da auch das Kribbeln und die Freude am Fußball an den Wochenenden?
Steffen Liske: Die Vorfreude auf jedes Heimspiel war immer sehr groß. Wir alle haben im Vorfeld die Vorbereitungen und die Organisation der Spiele zur Zufriedenheit der Spieler und Zuschauer geleistet. Es ist ja nun aber nicht so, dass aktuell gar kein Fußball mehr gespielt wird. In allen Altersklassen des Nachwuchses sind wir in Spielgemeinschaften vertreten. Die A-Junioren spielen sogar in der Landesklasse. Der ältere Jahrgang soll für die nächste Saison die Basis der Männermannschaft bilden. Da wird es auch das ein oder andere hart umkämpfte Spiel geben. Auch die Altherren spielen Fußball.
Irgendwie ist es ja ein ganz trauriges Kapitel im Zittauer Fußball, wenn dem VfB Zittau das kickende Personal fehlt! Wie schätzt der Vorstand das selbst ein?
Steffen Liske: Es schon traurig, wenn so ein Traditionsverein wie der VfB Zittau keine Männermannschaft mehr melden kann.
Gründe gibt es dafür viele. Zum Beispiel die Bereitschaft von Spielern, höherklassig Fußball zu spielen. Viele von unseren Nachwuchstrainern gut ausgebildete Spieler wechseln vor Erreichen des Männeralters schon zu höherklassigen Vereinen im Umfeld, die dann auch dort bleiben. Andere Nachwuchsspieler wollen den Schritt nicht wagen und spielen lieber im Kreismaßstab. Dass das so ist, sehen wir daran, dass es dem Fußballverband Oberlausitz nicht gelungen ist, einen Aufsteiger zur Landesklasse für diese Saison zu stellen. Diese Spieler fehlen uns natürlich, da wir nicht wollen, dass – wie in vergangenen Zeiten – die Rumpfmannschaft aus ausländischem Personal besteht.
Inwieweit sind diesbezüglich Fehler im Verein aufgearbeitet worden?
Steffen Liske: Der aktuelle Fehler bestand darin, dass unser Aufruf in den sozialen Netzwerken und die Aushänge, dass wir für die nächste Saison noch Spieler benötigen, viel zu spät kam. Daraufhin hatten sich verschiedene Spieler gemeldet. Diese hatten leider zu utopische Vorstellungen, was die Bezahlung betraf oder konnten einfach nicht mehr umgemeldet werden, weil es Probleme mit der Wechselfrist gab. Andere Fehler sind schon vor vielen Jahren gemacht worden, da waren die Verantwortlichen noch andere. Ich erinnere an eine Zeit, wo die erste Männermannschaft zu 80 Prozent aus Ausländern bestand und die damals noch vorhandenen Nachwuchsspieler auf Grund fehlender Perspektive abgewandert sind. Auch ein Dietrich Thiele war zu dieser Zeit im Vorstand unseres Vereins.
Er kennt also die Schwierigkeiten, die auftreten können. Umso verwunderlicher sind wir über seine abwertenden und negativen Aussagen gegenüber dem jetzigen Vorstand in den sozialen Netzwerken. Vielleicht haben auch nicht alle Mitglieder des Vereins das Notwendige getan, um neue Spieler zu finden. Dieses Problem können wir bei einem Verein in der Größe nicht auf wenige Personen abwälzen, sondern dafür muss sich jeder einsetzen.
Frühere, verdienstvolle Fußballgrößen schütteln aufgrund der aktuellen Situation mit den Köpfen, wo der Zittauer Fußball hingekommen ist. Was entgegnen Sie denen?
Steffen Liske: Wo sind denn diese verdienstvollen Fußballgrößen? Mehrfach haben wir gefragt, ob jemand bereit ist, im Vorstand mitzuarbeiten. Mehrfach haben wir gefragt, ob jemand bereit ist, als Übungsleiter oder in welcher Funktion auch immer mitzumachen. Genau da werden diese verdienstvollen Fußballgrößen und ihre Erfahrungen gebraucht. Es ist leicht, sich von außen über die aktuelle Situation zu wundern und den Verein zu kritisieren und öffentlich zu diffamieren. Fußballgrößen sind bei uns also jederzeit gern bei der Mitarbeit gesehen.
Wie meistert der VfB Zittau jetzt eine Saison ohne der ersten Männermannschaft?
Steffen Liske: Es ist schon so, dass durch den Wegfall der ersten Männermannschaft dem Verein Einnahmen entgehen. Gleichzeitig hoffen wir natürlich, dass keiner der aktuellen Sponsoren seine Bereitschaft zurückzieht, den Verein finanziell zu unterstützen.
Was braucht es jetzt, damit der Zittauer Fußball wieder auf die Beine kommt?
Steffen Liske: Vor allem braucht es jetzt kein Jammern und schon gar kein Kopfschütteln! Jeder muss jetzt nach seinen Möglichkeiten alles dafür tun, eine Männermannschaft für die nächste Saison auf die Beine zu stellen. Dafür braucht es natürlich die Bereitschaft aller noch verbliebenen Spieler und von allen Mitgliedern des Vereins, sich dieser Herausforderung zu stellen.
Inwieweit unterstützt eigentlich die Stadt Zittau den VfB Zittau?
Steffen Liske: Von den Mitarbeitern der Stadt, die direkt vor Ort sind, bekommen wir schon die nötige Unterstützung. Generell haben wir aber den Eindruck, dass der Fußball für die Stadt nicht so attraktiv ist. So wurde zum Beispiel in Zeiten von Corona auf alle Zahlungen bestanden, obwohl die Sportanlagen gesperrt waren und wir als Verein keine Einnahmen durch den Spielbetrieb hatten. Weiterhin gibt es seit Jahren immer noch keinen Vertreter aus dem Bereich Fußball im Sportbeirat der Stadt. Um die Breite des Sportes in Zittau darzustellen, wäre dies sicher notwendig. Vom Sportbeirat kam nach Bekanntwerden unseres Problems durch den Aufruf in den sozialen Netzwerken nicht mal eine Anfrage nach den Gründen und auch kein Angebot zur Unterstützung. Im Gegenteil, durch das Mitglied des Sportbeirats Dietrich Thiele kam sogar noch Kritik in den öffentlichen Netzwerken am aktuellen Vorstand. Unserer Meinung nach ist das ein unprofessionelles Verhalten eines Stadtrates, der im Sportbeirat tätig ist.
Welche Wünsche begleiten Sie für den Zittauer Fußball?
Steffen Liske: Zum ersten wünschen wir uns natürlich, nächste Saison wieder eine Männermannschaft melden zu können. Vielleicht finden sich ja durch diesen redaktionellen Beitrag interessierte, sportbegeisterte Personen, die den Verein unterstützen wollen und vielleicht auch der ein oder andere neue Sponsor. Des Weiteren wünschen wir uns eine bessere Kommunikation zwischen der Stadt Zittau und dem Verein, um aufkommende Probleme schnell besprechen und beheben zu können.
Anmerkung: So sieht Dietrich Thiele die sportliche Situation beim VfB Zittau und sein Verhältnis zum Verein. Seiner Auffassung nach hat man als Sportstadt auch gewisse Verpflichtungen, einen Verein auch durch Krisen zu führen: „Das konnte ich nicht beim VfB Zittau erkennen. Der desolate Zustand war dem VfB-Vorstand lange bekannt und es ist meiner Meinung nach nicht beizeiten gegengesteuert worden.“ Dietrich Thiele erwartet von einem Vorstand, die Probleme anzusprechen und tiefgründig zu analysieren: „Wenn jedes Jahr viele Spieler den Verein verlassen, sollte man sich schon hinterfragen und sich Gedanken machen. Bei einer solchen Sportanlage, wie dem Weinaupark-Stadion mit seinen Nebenanlagen, sollte es Verpflichtung sein, eine Fußballmannschaft zu stellen und die Stadt zu repräsentieren.“
Seine Worte seien nicht geprägt, eine höhere erstklassige Mannschaft zu etablieren, „aber keine zu stellen, ist ein Armutszeugnis eines Vereins. Natürlich spielt das finanzielle Budget eine große Rolle, aber als Kreisstadt erwarte ich eben eine erste Mannschaft im Fußball des Kreises. Viele Anhänger sind enttäuscht und den Unmut spüre ich, wenn ich mit den Fans diskutiere. Es kann nicht Anspruch sein, wenn in der Presse ein Spitzenspiel Olbersdorf gegen Zittau genannt wird.“ Dietrich Thiele hatte laut eigenen Worten seine Bereitschaft erklärt, dem VfB Zittau zu helfen: „Es kam aber kein Feedback zurück – und so lässt man eben eine Möglichkeit aus, sich den Ratschlag eines lang gedienten Sportfunktionär wenigstens anzuhören.“